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Die Gejagte

Die Gejagte

Titel: Die Gejagte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa J. Smith
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Kinn.
    Mit einem trockenen Knacken kippte der Kopf des Draugar nach hinten – ganz nach hinten. Sein Genick war gebrochen.
    Doch das Schreckliche daran war, dass die Kreatur einfach weiterging. Der Kopf baumelte über ihrem Rücken und die Kreatur ging weiter.
    Jenny ließ Audrey los und schrie.
    »Steht auf!«, rief Dee ihnen zu. »Jetzt, solange ich sie abgelenkt habe. Verschwindet von hier!«
    Audrey war immer noch wie erstarrt. »Wir können dich nicht allein lassen …«

    »Mach dir um mich keine Sorgen! Lauf einfach! Jenny, nimm sie mit!«
    Jenny gehorchte ihrem Befehl. Sie zerrte Audrey an ihrem Hahnentritt-Jäckchen hoch und zog sie zur Tür. Dann riss sie die Tür auf und sie fielen beide hindurch.
    Hinter ihnen krachte es, und die Tür war zu, noch bevor Jenny es verhindern konnte. Sie und Audrey sahen einander entsetzt an.
    Und dann warteten sie.
    Sie warteten, bis ein Gefühl von Übelkeit in Jenny aufstieg und sie ahnen ließ, dass Dee nicht kommen würde. Audrey weinte. Jenny versuchte, den Türknauf zu drehen. Aber er ließ sich nicht bewegen.
    »Es ist meine Schuld«, wisperte Audrey.
    Einer von euch wird es wahrscheinlich nicht schaffen …
    Da flog die Tür auf. Dee kam hindurchgestürmt, schlug die Tür hinter sich zu und lehnte sich dagegen. Sie stieß einen gewaltigen Atemzug aus.
    »Das war knapp «, keuchte sie. »Aber ich war heiß auf diesen Kampf und es war ein guter Kampf.«
    Sie glühte vor Anstrengung und Eifer. Dann sah sie Audrey an.
    »Gott, siehst du grässlich aus«, sagte sie.
    Das glänzende kastanienbraune Haar hing wirr in Audreys Gesicht; die Ponyfransen klebten ihr feucht an der Stirn. Ihre Wangen waren gerötet und nass, ihre Hände und Beine zerkratzt und aufgeschürft. Ihr kirschfarbener Lipgloss war verschwunden.

    Mit undurchdringlicher Miene streckte Audrey eine Hand aus und öffnete langsam die Finger. In ihrer Hand lagen die Haarnadeln ihrer Hochsteckfrisur. »Zumindest habe ich die noch«, bemerkte sie gelassen.
    Alle drei Mädchen brachen in hysterisches Gelächter aus. Sie lachten und lachten, eine heftige Entladung der Gefühle.
    »Ich schätze, das gilt als Sieg: Du bist lebendig und mit allen Haarnadeln aus deinem Albtraum herausgekommen« , keuchte Dee schließlich.
    Audrey zog die Augenbrauen hoch und dann umspielte ein Lächeln ihre Lippen. Sie lächelte Dee an und Dee lächelte zurück.
    Eine unsichtbare Uhr schlug zwölf.
    »Mitternacht«, sagte Jenny und flüsterte beinahe. Wann immer sie gewannen, schlug diese Uhr und erinnerte sie daran, dass die Zeit verstrich – schnell verstrich. Wo war diese Uhr überhaupt? Das Geräusch schien durch das ganze Haus zu tönen.
    »Sechs Stunden bis Tagesanbruch«, sagte Dee zu Audrey. »Und nur noch fünf Albträume vor uns. Wir sind auf der sicheren Seite. Wir werden es schaffen. Ganz easy.«
    »Ganz easy? Das denke ich nicht«, widersprach Audrey.
    »Seht nur«, sagte Jenny leise und bückte sich, um ein Blatt Papier aufzuheben.

Es zeigte das abstrakte Bild eines Waldes, sehr kräftig, mit grünen verwirbelten Linien.
    »Na schön, ich habe also tatsächlich einen Wald gemalt« , sagte Audrey. »Ich hatte immer Albträume von Wäldern, aber ich wusste nie, warum. Ich wusste nicht einmal, vor welchem Wald ich Angst hatte.«
    »Er zieht die Informationen aus unserem Unterbewusstsein« , stellte Dee fest.
    »Also, was ist euch beiden passiert, nachdem wir getrennt wurden?«, fragte Jenny.
    »Nicht viel«, antwortete Dee. »Sie haben uns in diesen Raum gebracht, nur dass da zuerst noch keine Tür war. Dann haben wir die Tür entdeckt – und genau in diesem Moment sind die Untoten erschienen und Audrey hat angefangen zu schreien. Aber was ist mit dir? Hast du den Erlkönig gesehen?«
    Jenny wandte den Blick ab. »Sozusagen. Es war Julian, der die Rolle gespielt hat.« Sie zögerte, dann platzte sie heraus. »Ihr wisst, dass ihr meinetwegen leidet, nicht wahr? Ich bin diejenige, die er will. Er hat mir gesagt, dass er aufhören würde, euch wehzutun, wenn ich – wenn ich ihm erlaube …«
    »Wag es bloß nicht«, sagte Dee mit blitzenden Augen.

    »Denk nicht einmal daran«, stimmte Audrey ebenso hitzig zu.
    Jenny nickte, sie spürte eine feuchte Wärme in den Augen. Um sich nichts anmerken zu lassen, beobachtete sie Audrey. Während ihres Gesprächs hatte Audrey geschickt ihr Haar wieder aufgesteckt, einen gesteppten Beutel aus ihrer Jackentasche genommen und ihren kirschfarbenen Lippenstift erneuert. Audrey

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