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Die Gejagte

Die Gejagte

Titel: Die Gejagte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa J. Smith
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mit Armen und Beinen, die aus dem Pflanzenkörper ragten. Ohne Kopf.
    »Uh«, murmelte Jenny.
    »Das ist mein Albtraum«, bestätigte Michael, der immer noch verlegen wirkte. »Mich in eine Pflanze zu verwandeln. Es ist so dumm – aber ich denke, es kam von
diesem Buch, das ich in der dritten Klasse gelesen habe. Darin stand die Geschichte über ein kleines Mädchen, das so schmutzig war, dass irgendwann Dinge aus ihr herauswuchsen  – kleine Radieschen und Gemüse. Und es hat mich einfach panisch gemacht. Ich meine, es war so eine harmlose Geschichte, aber aus irgendeinem Grund bin ich total ausgeflippt. Ich musste dauernd an dieses Mädchen denken, das ganz dreckverkrustet war und aus dem grüne Sachen sprossen – es hat mich krank gemacht.«
    »Du machst mich krank«, bemerkte Audrey.
    »Und dann haben die Eltern es – das Gemüse – von ihr abgerissen …«
    »Hör auf damit«, befahl Dee.
    »Wie ich schon sagte, es war dumm, eine kindische Sache.«
    »Ich finde nicht, dass es dumm war, ich finde, es war schrecklich. Und du bist sehr klug und tapfer damit umgegangen« , sagte Jenny. Michaels seelenvolle Augen weiteten sich angesichts dieses noch nie da gewesenen Kompliments und er schenkte ihr ein zerknittertes Grinsen.
    Eine unsichtbare Uhr schlug eins. Die Art des Widerhalls hatte etwas Unheimliches an sich. Der Morgen naht, dachte Jenny.
    »Wir sollten besser weitermachen«, sagte Dee, gerade als Michael einen erstickten Laut von sich gab.
    »Was ist los …«, begann Audrey, aber dann sah sie es ebenfalls. Dort in der Dunkelheit des Flurs, wo zuvor nichts gewesen war.
    Eine Treppe.

Jenny schöpfte Hoffnung. »Endlich können wir irgendwo hingehen .«
    »Und aus diesem elenden Flur rauskommen«, fügte Dee hinzu.
    »Es ist genauso, als würde man bei einem Videospiel den nächsten Level erreichen«, sagte Michael ehrfürchtig.
    Nur Audrey kräuselte die Lippen. Als Jenny sie fragte, warum, warf Audrey ihr unter stachligen dunklen Wimpern einen Seitenblick zu.
    »Tja, was die Videospiele betrifft – je weiter man kommt, umso schwerer werden sie«, sagte sie. »N’est-ce pas?«
    Die Treppenstufen waren gummigepolstert, mit völlig abgenutzten Kanten. Jenny konnte das obere Ende der Treppe nicht sehen.
    »Worauf warten wir?«, fragte Dee und sprang auf die Stufen. Dann klammerte sie sich am Geländer fest – denn sobald ihr Fuß die erste Stufe berührt hatte, hatte sich die ganze Treppe ruckartig in Bewegung gesetzt. Es war eine schnaufende, stöhnende, schauerliche Rolltreppe.
    »Oh Mann«, murmelte Michael. »Ich hasse es, euch das sagen zu müssen, aber als ich klein war, hatte ich Angst vor Rolltreppen. Ich habe befürchtet, sie könnten das Ende meines Schals erwischen oder irgendetwas …«

    »Du trägst keine Schals«, unterbrach Audrey ihn und stieß ihn nach vorne.
    »Mike, wenn du Angst vor Rolltreppen hast, dann haben wir die hier wahrscheinlich dir zu verdanken«, stellte Jenny fest und trat hinter ihm auf die Treppe. »Vergiss nicht, er zieht alle Informationen aus uns selbst.«
    Als sie sich dem oberen Ende näherten, bemerkte Jenny, dass sie sich direkt auf einen Spiegel zubewegten. Sie half Michael, in einem strategisch günstigen Augenblick von der Rolltreppe zu springen, und sah sich dann um. Tatsächlich war der ganze Flur von Spiegeln übersät.
    Der Flur unten war dunkel gewesen – dieser war das genaue Gegenteil. Helles Licht überflutete die Spiegel und reflektierte die Farben des Regenbogens, bis Jenny selbst mit geschlossenen Augen bunte Streifen sah. Die verspiegelten Wände waren im Zickzack angeordnet; sie knickten so scharf ab, dass es unmöglich war, mehr als einige Schritte weit zu sehen. Man musste abwechselnd nach links und nach rechts schwenken, um dem Pfad des Flurs zu folgen, und alles, was vor oder hinter dem Knick lag, war unsichtbar.
    »Okay, wer hat die zu verantworten?«, wollte Dee wissen.
    »Sind meine Beine wirklich so kurz? Oder sind das Trickspiegel?« , fragte Audrey und drehte sich.
    Michael unternahm einen Versuch, seine zerknitterte graue Jogginghose glatt zu streichen, und gab dann auf.
    Der Blick in den Spiegel ließ ein mulmiges Gefühl in
Jenny aufsteigen. Julians Stimme ging ihr durch den Kopf: »Zypressenaugen … und Haar wie flüssiger Bernstein …«
    Aber das war es nicht, was sie sah. Stattdessen erblickte Jenny ein Mädchen mit geröteten Wangen, dem das Haar in feuchten, kleinen Locken an der Stirn klebte; die gewebte

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