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Die Gejagte

Die Gejagte

Titel: Die Gejagte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa J. Smith
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dem Müll stocherte. Aufgestörte Ameisen schwärmten über die Trümmer wie dicke schwarze Wasserfälle.
    Aber Summer bewegte sich nicht. Sie starrte wie ein von Scheinwerferlicht gebanntes Kaninchen auf einen der fest gepanzerten Käfer.
    Der Boden schwankte unter Jennys Füßen.
    Zuerst dachte sie, es liege daran, dass der Müll sich bewegt hatte. Aber dann fiel es ihr wieder ein: »Sie sagte, es sehe aus wie nach einem Erdbeben …«
    »Wir müssen uns beeilen!«, rief sie, und gleichzeitig brüllte Dee: »Los, los!«
    Sie wühlten sich durch den Müll und konnten eine Wand gerade so weit freischaufeln, dass eine rissige, sich abschälende Tapete zum Vorschein kam – ohne Tür. Sie kletterten auf die kleineren Müllhaufen und wateten durch sie hindurch.
    Der Boden erzitterte erneut.
    Der Anflug von Grauen, der Jenny gepackt hatte, mündete in einen Schrei.
    »Schnell«, keuchte sie und schob mit weit ausholenden Armbewegungen den Müll beiseite. »Schnell, schnell …«
    Die turmhohen Müllhaufen erbebten.
    Sie alle arbeiteten hektisch, selbst Michael. Nur Summer stand voller Entsetzen immer noch wie angewurzelt da.
    »Die Tür!«, rief Dee ganz oben auf einem Haufen.

    Jenny riss den Kopf hoch. Erleichterung durchflutete sie. Über einem stinkenden Müllhaufen konnte sie, kaum sichtbar, den rechteckigen Rahmen einer Tür ausmachen.
    »Sie öffnet sich nach innen«, stellte Audrey fest. »Wir müssen all diese Sachen aus dem Weg schaffen.«
    Sie kletterten übereinander und zerrten an dem Haufen. Eine Kakerlake kroch auf Jennys Fuß, sie schüttelte sie ab. Keine Zeit zum Schreien.
    Wieder erzitterte der Raum. Jenny schaute auf und sog zischend die Luft ein. Die Decke zeigte unheilvolle Risse.
    In diesem Moment räumten Dee und Michael den letzten Schutt von der Tür weg.
    Jenny schluchzte dankbar auf und half ihnen, die Tür zu öffnen.
    Dann warf sie noch einmal einen Blick in den Raum.
    Und was sie sah, war kein Zimmer. Es war die Hölle. Aus riesigen Rissen im Boden krochen monströse Käfer. Die Decke verzerrte sich und Stuck rieselte herunter. Aufgestörte Motten flatterten durch die Luft, und ihre Flügel machten ein Geräusch wie riesige Karten, die jemand mischte. Und irgendetwas Grüngraues, das Jenny nicht erkannte, spross inmitten des Abfalls wie eine schlaffe Seegurke hervor.
    Audrey und Michael waren bereits in den verspiegelten Flur hinausgestolpert. Dee hielt die Tür auf. Die Erde bebte.
    »Summer, komm schon!«, rief Jenny.
    Summer drehte sich in die Richtung, aus der Jennys
Stimme gekommen war, doch ihre großen blauen Augen waren wie blind. Sie machte einen Schritt auf Jenny zu.
    Da richtete sich eins der grüngrauen Gewächse direkt vor ihr auf. Wie eine Säule von Pilzen. Oben auf der Säule war eine Öffnung, die sich aufblähte und schloss.
    Die Öffnung weitete sich. Ein irrsinniger, obszöner Laut kam heraus.
    Es war ein Heulen.
    Weitere Pilzgewächse erhoben sich. Das stöhnende Sirenengeheul verdoppelte sich, verdreifachte sich. Die Gewächse waren zwischen Summer und der Tür.
    Summer drehte sich kreischend um und stolperte rückwärts in Richtung Schrank.
    »Summer, nein! Komm zurück!«
    Der Boden bäumte sich auf. Die Müllhaufen kippten um und versperrten den frei geschaufelten Weg. Die mutierten Kakerlaken huschten wie wahnsinnig umher. Sie schienen sich auf Summer zuzubewegen. Die Pilze heulten.
    Summer kreischte nicht länger, sie schrie aus voller Kehle.
    »Summer!« Adrenalin peitschte durch Jennys Adern, und sie stürzte sich in den Müll und versuchte, darüber zu klettern.
    »Jenny, komm zurück!«, rief Dee. Immer mehr Müll fiel herab. Jenny konnte Summer nun überhaupt nicht mehr sehen. Die Schreie verhallten.
    »Jenny, ich kann die Tür nicht länger offen halten!«
    Die Schreie verstummten. Nur das Heulen ging weiter.

    »Summer!«
    Die Erde zuckte heftig.
    »Es stürzt ein!«, brüllte Dee, und Jenny spürte, wie eine Hand sie packte und rückwärts zog.
    »Nein – wir müssen Summer holen!«
    »Wir können niemanden mehr holen! Komm jetzt!«
    »Nein – Summer !«, schrie Jenny und drehte sich wieder um.
    Dee duckte sich und packte Jenny um die Taille. Im nächsten Moment flog Jenny über Dees Schultern und zur Tür hinaus.
    Michael und Audrey fingen sie auf. Durch die offene Tür sah Jenny, wie die Decke des Höllenzimmers einstürzte. Dee kam herausgetaumelt und fiel neben ihnen zu Boden. Jenny hatte nicht die Kraft aufzustehen.
    Ein paar Müllhaufen

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