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Die Gejagte

Die Gejagte

Titel: Die Gejagte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa J. Smith
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kippten gegen die Tür und schlugen sie zu.
    »Seht«, sagte Michael mit belegter Stimme.
    Die Tür verschwand.
    Sie verblasste ganz langsam, wie ein Standbild in einem Film. Eine Tür – eine leicht vernebelte Tür – eine transparente Tür, durch die ein Spiegel schimmerte – eine verspiegelte Wand.
    Jenny starrte wild ihr eigenes Spiegelbild an.
    Sie konnte auch die anderen im Spiegel sehen. Audrey war weiß wie Porzellan. Dees Gesicht war grau. Michael wirkte benommen. Sie alle kauerten eingeschüchtert auf dem Teppich.

    Es war so erschreckend plötzlich geschehen.
    Jenny flüsterte: »Als Dee länger gebraucht hatte, um Audreys Albtraum zu entkommen, ist die Tür nicht verschwunden. Sie ist da geblieben – und Dee ist herausgekommen. Aber diesmal …«
    »Gott«, sagte Dee mit sehr leiser Stimme.
    Es folgte ein langes Schweigen. Schließlich war Audrey diejenige, die es aussprach.
    »Sie ist tot.«
    Jenny schlug die Hände vors Gesicht. Eine Geste, von der sie nie gedacht hätte, sie einmal machen zu müssen. Aber in diesem Moment geschah es einfach. Sie wollte sich vor der Welt verstecken. Sie wollte alles, was geschehen war, ungeschehen machen.
    »Es ist nicht fair«, flüsterte sie. »Sie hat niemandem etwas getan.« Dann war sie plötzlich auf den Beinen und brüllte in den widerhallenden Flur: »Es ist nicht fair. Es ist nicht fair, du verdammter Mistkerl! Sie hat es nicht verdient! Es ist nicht fair !«
    »Jenny, Jenny, beruhige dich – komm schon. Jenny, bitte – setz dich einfach hin, okay?«
    Sie alle versuchten, sie festzuhalten, sie zu beruhigen. Jenny begriff, dass sie die Kontrolle über sich verloren hatte. Sie zitterte heftig und ihre Kehle schmerzte vom Schreien.
    Die hysterische Energie verebbte ebenso plötzlich, wie sie gekommen war. Jenny spürte, dass sie schwankte.
    Sie setzten sie auf den Boden.

    »Es ist okay«, murmelte Dee, und Jenny spürte eine Hand, die ihr übers Haar strich. Zu jedem anderen Zeitpunkt wäre sie überrascht gewesen. Jetzt empfand sie nichts. »Es ist völlig okay. Wir sind alle erschüttert«, fügte Dee hinzu.
    Aber sie verstanden es nicht. Es war Jennys Schuld. Sie war diejenige, die sie alle in diese schreckliche Situation gebracht hatte. Wenn sie Julian in der Burg des Erlkönigs geküsst hätte, hätte sie Summer retten können.
    Eine unsichtbare Uhr schlug zwei – wie um sie zu verspotten. Aber Jenny konnte einfach nur dasitzen.

»Warum brauchen die denn so lange?«, fragte Dee.
    Audrey und Michael waren losgezogen, um Zach zu finden, der ihrer Meinung nach irgendwo hier sein musste. Und um etwas Wasser für Jenny aufzutreiben – oder eine Decke – oder irgendetwas. Jenny ging es schlecht. In sich zusammengesunken, saß sie an die schräge, verspiegelte Wand gelehnt, die sich gegenüber von Summers Tür befand – gegen über von dem, was Summers Tür gewesen war. Jetzt war keine Spur mehr von dem Ausgang aus Summers Albtraum zu sehen, aber Jenny wollte trotzdem nicht gehen.
    Jenny litt grauenvolle Qualen. Alles, woran sie denken konnte, war Summer. Summer war in der vierten Klasse zu ihrer Clique gestoßen, nachdem Jenny, Tom, Dee, Zach und Michael bereits Freunde gewesen waren. So winzig, verwirrt und süß wie sie war, musste man sich einfach um Summer kümmern, und sich kümmern war das, was Jenny am besten konnte.
    Aber nicht diesmal. Diesmal hatte Jenny es vermasselt. Und Summer war tot.
    Jenny konnte immer noch nicht glauben, dass das wirklich geschehen war. Summer würde bestimmt jede Sekunde aus diesem Spiegel treten, mit ihren flauschigen Locken und den dunkelblauen Augen. Jede Sekunde. Jetzt.

    Aber Summer kam nicht.
    Jenny ließ den Kopf gegen die Wand sinken.
    »Ich werde nach ihnen suchen«, sagte Dee. »Sie sind schon so lange weg, sie könnten in Schwierigkeiten stecken. Du bleibst hier, okay? Versprich mir, dass du genau hier sitzen bleibst.« Sie sprach langsam und deutlich wie mit einem Kind.
    Mit geschlossenen Augen machte Jenny eine schwache Kopfbewegung.
    »Okay. Ich bin in einer Minute zurück.«
    Jennys Gedanken verloren sich wieder im Nebel. Summer, die im Ferien-Camp auf einen Baum kletterte, Summer in Newport Beach, wo sie von einem Surfbrett gefallen war, Summer in der Schule, wie sie an einem Bleistift kaute. Summer lachend, Summer verwirrt, Summers blaue Augen mit Tränen gefüllt.
    Sie ist ein durch und durch guter Mensch, dachte Jenny. So etwas kann keinem guten Menschen passieren.
    Oder?
    Und dann kam der

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