Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition)

Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition)

Titel: Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Pancol
Vom Netzwerk:
Schnitzer bewahrt.« Ich entwickle mich zur Meisterin der Lüge und Täuschung, hatte Jo gedacht. Verträge für Philippe zu übersetzen wäre auch in Zukunft noch möglich, aber wenn Audrey Hepburns Verlag ihr ein weiteres Buch zum Übersetzen anbot oder der Betreuer ihrer Habilitation ihre Arbeit lesen wollte, wäre sie den Anforderungen nicht mehr gewachsen. Dann muss ich mir selbst einen Ghostwriter suchen. Sie hatte laut aufgelacht. Iris hatte sich umgedreht. »Was erzählt Philippe denn so Witziges? Lass uns doch alle daran teilhaben …« Jo hatte eine Ausrede gestammelt. Sie fühlte sich in Philippes Gegenwart immer wohler. Von wirklicher Vertrautheit konnte zwischen ihnen noch keine Rede sein, und dazu würde es wahrscheinlich auch nie kommen, da Philippe kein Mensch war, der zu Ungezwungenheit oder Vertraulichkeiten einlud, aber sie verstanden
sich sehr gut. Es gibt Menschen, deren bloßer Blick den anderen besser macht. Sie sind sehr selten, und wenn man ihnen begegnet, darf man sie nicht einfach vorbeigehen lassen. Manchmal wenn Philippe sie ansah, lag eine eigenartige Sanftheit in seinen Augen, ein zärtliches Staunen. Normalerweise sehen die Leute mich an, weil sie mich um etwas bitten oder mir etwas wegnehmen wollen, dachte sie. Aber Philippe gibt. Und unter seinem wohlwollenden Blick wachse ich. Vielleicht werden wir ja eines Tages sogar Freunde?
    Der Sonnenstrahl war erloschen, das Abtropfgitter leuchtete nicht mehr. Die Küche war in kaltes, tristes Januarlicht getaucht. Joséphine seufzte. Sie musste Ordnung schaffen und sich einen Arbeitsplatz einrichten. Bald würde es zu eng werden.
    Als sie den Küchentisch zur Seite rückte, fand sie das rote Dreieck wieder, das hinter den Toaster gerutscht war. Sie bückte sich, nahm das Blatt Papier, drehte es einmal um, drehte es noch einmal um, schloss die Augen und kehrte in die Vergangenheit zurück. Juli vergangenen Jahres. Antoine holt die Mädchen ab, um mit ihnen in Urlaub zu fahren. Sie steht auf der Türschwelle und verschränkt die Arme. Beißt sich auf die Lippen, um sich nicht anmerken zu lassen, wie nah ihr der Abschied geht. Ruft »schönen Urlaub, meine Süßen, viel Spaß«. Presst die Finger auf ihre Lippen, um nicht zu weinen. Hört sie die Treppe hinunterlaufen. Plötzlich rennt sie hinaus auf den Balkon. Beugt sich über das Geländer. Sieht einen roten Ellbogen, der aus dem Autofenster hervorschaut. Mylènes Ellbogen … und Antoine, der das Gepäck in den Kofferraum lädt, einen Koffer hierhin verschiebt, den anderen dort in die Lücke zwängt, sorgfältig wie ein guter Familienvater auf dem Weg in den Urlaub. Ein Blitz fährt in Jos Kopf, und im Bruchteil einer Sekunde erkennt sie, dass es vorbei ist. Ein Mann lädt Gepäck in einen Kofferraum, ein roter Ellbogen schaut aus dem Seitenfenster, eine Frau steht auf einem Balkon und sieht zu. Das Paar lacht laut, und die Frau auf dem Balkon würde sich am liebsten in die Tiefe stürzen.
    Joséphine zerriss das rote Dreieck und warf die Schnipsel in den Mülleimer.
    Es war auch meine Schuld. Ich habe ihn mit meiner Liebe gelangweilt. Ich habe mein Herz in seines geleert. Bis zum letzten Tropfen.
Kein Wunder, dass er meiner überdrüssig geworden ist. Es gibt nicht nur die Liebe, sagte Barbey d’Aurevilly, sondern auch die Politik der Liebe.
    Sie schaute auf die Uhr an der Wand, und ihr entfuhr ein Aufschrei: sieben Uhr! Seit vier Stunden saß sie schon hier und dachte nach. Vier Stunden, die verflogen waren wie zehn Minuten! Die Mädchen würden bald aus der Schule kommen. Die Hausaufgabenbetreuung endete um halb sieben.
    Sie hatte noch nichts fürs Abendessen vorbereitet.
    Sie nahm einen Topf aus dem Schrank, füllte ihn mit Wasser, legte Kartoffeln hinein, ich schäle sie nachher, wenn sie gekocht sind, nahm einen Salatkopf aus dem Kühlschrank, putzte ihn, deckte den Tisch, rief sich zur Ordnung, dreh jetzt nicht durch, das schaffst du schon, ein Schriftsteller braucht nicht klug zu sein, er muss nur ausdrücken können, was er fühlt, er muss die Emotionen in die richtigen Worte kleiden, wem würde ich gern einen Brief schreiben? Durch das Schreiben verführen, einen Mann verführen, ich will niemanden verführen, das ist ja mein Problem, ich finde mich hässlich und fett, dabei habe ich schon ein bisschen abgenommen … Sie begann die Salatsauce zu mischen, Sonnenblumenöl oder Olivenöl, mit dem Geld für das Buch kann ich immer das gute Olivenöl nehmen, das kalt gepresste,

Weitere Kostenlose Bücher