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Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition)

Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition)

Titel: Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Pancol
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und …
    »Hey, Maman, wo bist du gerade? Komm mal wieder runter …« Hortense hielt Joséphine die Handtasche hin. »Hast du meine fünf Euro vergessen?«
    Joséphine nahm ihr Portemonnaie. Öffnete es, zog einen Fünfeuroschein heraus und gab ihn Hortense. Ein Stück Papier fiel heraus. Jo bückte sich, um es aufzuheben. Es war das Foto aus der Zeitschrift. Der Mann im Dufflecoat. Sie streichelte das Bild. Jetzt wusste sie, wem sie ihren langen Brief schreiben würde.
    Als die Mädchen abends im Bett lagen, wickelte sie sich in ihr Federbett und ging hinaus auf den Balkon, um mit den Sternen zu reden. Sie bat sie um die Kraft, mit dem Buch zu beginnen, sie bat sie um Inspiration, und sie bat sie um Verzeihung, sicher, es war nicht gerade löblich, sich an Iris’ Plan zu beteiligen, aber was blieb ihr denn anderes übrig, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten? Na? Habt ihr mir vielleicht eine Wahl gelassen? Gespannt sah sie zum Sternenhimmel
auf, besonders zum letzten Stern am Ende der Deichsel des großen Wagens. Das war ihr Stern gewesen, als sie noch klein war. Ihr Vater hatte ihn ihr geschenkt. Als sie eines Abends sehr traurig gewesen war, hatte er gesagt: »Siehst du diesen kleinen Stern am Ende des Großen Wagens, Jo? Er ist genau wie du, wenn du ihn wegnimmst, verliert der Wagen das Gleichgewicht, und wenn man dich aus der Familie herausnimmt, bricht sie zusammen, denn du bist der Inbegriff von Freude, guter Laune, Großzügigkeit … und trotzdem«, hatte ihr Vater hinzugefügt, »wirkt dieser kleine Punkt am Ende des Sternbilds so bescheiden, man sieht ihn kaum … In jeder Familie gibt es Menschen, die wie kleine unbedeutende Bolzen erscheinen, doch ohne sie gibt es kein Leben mehr, keine Liebe, kein Lachen, keine Feste, kein Licht, das die anderen erhellt. Du und ich, wir sind kleine Bolzen der Liebe …« Und seitdem suchte sie jedes Mal, wenn sie zum Sternenhimmel aufblickte, den kleinen Stern am Ende des Großen Wagens. Er flackerte nie. Joséphine hätte sich gewünscht, dass er hin und wieder flackerte, dann hätte sie sich einbilden können, ihr Vater gäbe ihr ein Zeichen. Das wäre zu einfach, schimpfte sie mit sich selbst, du redest mit den Sternen, stellst eine Frage, und der Stern antwortet live vom Himmel runter! Sonst noch Wünsche? Womöglich noch mit Empfangsbestätigung? Aber ich danke euch, wandte sie sich wieder an die Sterne, dass ihr das Bild des Mannes im Dufflecoat aus meinem Portemonnaie habt fallen lassen, vielen Dank, denn dieser Mann gefällt mir, ich denke gern an ihn. Und es ist auch nicht schlimm, dass er mich nicht anschaut. Für ihn werde ich eine Geschichte erfinden, eine schöne Geschichte …
    Sie zog ihr Federbett hoch, wickelte es sich fest um die Schultern, blies in ihre Hände, um sie zu wärmen, warf einen letzten Blick auf den Sternenhimmel und ging zu Bett.
     
    »Du verschweigst mir doch was!«
    Shirley hatte Joséphines Wohnungstür aufgestoßen und stand nun, die Hände in die Hüften gestemmt, an der Schwelle zur Küche. Seit anderthalb Stunden spielte Jo schon mit ihrem Computer und wartete auf Inspiration. Nichts. Nicht einmal der Hauch eines erzählerischen Funkens. Das Foto des Mannes im Dufflecoat, das sie mit Tesafilm
neben die Tastatur geklebt hatte, genügte nicht. Man konnte sogar sagen, dass er als Muse eine komplette Fehlbesetzung war. Inspiration , ein Wort aus dem zwölften Jahrhundert, dem christlichen Vokabular entsprungen, weckt so berauschende Assoziationen wie Begeisterung, Raserei, Überschwang, Verzückung, Größe, Genie und Erhabenheit. Sie hatte ein wunderbares Buch von einem gewissen Herrn Maulpoix über die dichterische Inspiration gelesen und musste sich wohl oder übel eingestehen, dass diese ihr vollkommen abging. Der Trägheit ihrer Gedanken stand sie machtlos gegenüber. Wie sehr sie ihre Fantasie auch anherrschte, sie anflehte, ihr befahl, sich gefälligst in Bewegung zu setzen, wie oft sie auch versuchte, ihr einen ersten Impuls zu geben, damit sie sich rege, sich von ihren Fesseln befreie, dass sie endlich Bilder und Worte heraufbeschwor, das Schöne, das Bizarre, das Furchtlose zum Leben erweckte, die Schöne zierte sich. Und Joséphine saß auf ihrem Küchenstuhl und trommelte ungeduldig mit den Fingern auf der Tischplatte herum. Nicht der kleinste lyrische Elan, nicht einmal der Keim eines schöpferischen Gedankens. Gestern hatte sie geglaubt, sie hätte einen Anfang, doch als sie heute Morgen aufgewacht war, war

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