Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition)
extra vergine, das teuerste von allen, das ganz viele Preise gewonnen hat, Geld habe ich dann ja im Überfluss, also wirklich, fünfzigtausend Euro, diese Verleger sind doch verrückt, habe ich wirklich abgenommen, oder habe ich bloß die Anzeige der Waage falsch gelesen, morgen wiege ich mich gleich noch mal, Érec und Énide, so eine schöne Geschichte, so eine gute Idee, einen Roman mit einer Hochzeit anfangen zu lassen und anschließend die Entwicklung einer Liebe zu studieren, genau das Gegenteil von dem, was sonst in Märchen erzählt wird, warum muss man eigentlich schlank sein, um den Männern zu gefallen, im zwölften Jahrhundert waren die Frauen regelrechte Schränke, es war geradezu ihre Pflicht, dick zu sein, soll meine Heldin kräftig sein, oder mache ich sie schlank und zerbrechlich, jedenfalls wird sie schön sein, von Salben glänzen, sorgfältig mit in Pech getauchten Stoffbahnen enthaart, denn Körperbehaarung wurde nicht gern gesehen, und wie soll ich sie nennen, nicht zu viel
Senf ins Dressing, das mag Hortense nicht, wird es Kinder geben in meiner Geschichte? Als wir geheiratet haben, wollten Antoine und ich vier, aber wir haben bei zweien aufgehört, heute tut es mir leid, er ist eindeutig zu weit gegangen, einfach diesen Kredit aufzunehmen, ohne mir etwas davon zu sagen, er hätte doch mit mir darüber reden müssen! Und ich blöde Gans habe alles blind unterschrieben, aber das wird ihm kein Glück bringen! Und ich wette, die andere, diese Mylène, wirft mein Geld mit beiden Händen zum Fenster raus, ich hasse sie, ich wünschte, ihr würden die Haare ausfallen und alle Zähne, sie soll fett werden, ich wünschte … Und wie findet man Namen und Vornamen? Eleonore? Nein, viel zu offensichtlich … Emma, Adèle, Rose, Gertrude, Marie, Godelive, Cécile, Sibylle, Florence … Und er? Richard, Robert, Eustache, Baudouin, Arnoud, Charles, Thierry, Philippe, Henri, Guibert … Wie wäre es mit einem Liebhaber, sie ist nicht so ein naives Dummchen wie ich! Oder soll ich ein naives Ding zur Heldin machen … zur Heldin wider Willen? Das wäre doch witzig, ein Mädchen, das sich nach einem schlichten Glück sehnt und, ohne es zu wollen, Erfolg, Ruhm und Reichtum auf sich zieht, da sich alles, was es anfasst, in Gold verwandelt! Am Anfang der Geschichte möchte sie ins Kloster eintreten, aber ihre Eltern verbieten es ihr … sie muss heiraten. Einen reichen Adligen, weil sie selbst aus einer Familie von niederem Adel stammt, die durch regionale Kriege verarmt ist, ihre Ländereien nicht mehr unterhalten kann und ihren gesamten Besitz verliert. Sie muss den eidbrüchigen Guibert Zwieselbart heiraten, aber …
Ein Tropfen kochend heißes Wasser spritzte aus dem Topf und verbrannte ihr die Hand. Sie schrie auf und zuckte zusammen. Dann stach sie mit einer Messerspitze in die Kartoffeln, um zu prüfen, ob sie schon gar waren.
»Maman! Maman! Wir sind mit Madame Barthillet nach Hause gekommen, sie ist eine richtige Bohnenstange geworden! Maman, wenn ich irgendwann ein fetter Kloß werde, lässt du mich dann die Diät von Madame Barthillet machen?«
»Guten Abend, Maman«, sagte Hortense. »In der Schule haben sie gesagt, dass die Kantine morgen geschlossen bleibt, gibst du mir fünf Euro, damit ich mir ein belegtes Baguette holen kann?«
»Ja, Liebes, gib mir mein Portemonnaie … Es ist in meiner Handtasche«, antwortete Jo und deutete auf die Tasche, die auf dem Heizkörper in der Küche stand. »Und was ist mit dir, Zoé? Willst du dir morgen Mittag kein Baguette kaufen?«
»Ich esse bei Max. Er hat mich eingeladen. Ich habe dreizehn Punkte in meiner Geschichtsarbeit bekommen. Und morgen bekommen wir Französisch zurück, ich glaube, da habe ich auch eine gute Note!«
»Woher weißt du das, wenn ihr die Arbeiten noch gar nicht zurückbekommen habt?«
»Ich habe es in Madame Portals Gesicht gesehen. Sie hat mich so stolz angeguckt.«
Joséphine betrachtete ihre Tochter. Ich muss unbedingt eine kleine Zoé in meine Geschichte einbauen; sie sah sie als Bauernmädchen vor sich, mit hübschen roten Wangen, wie sie das Heu einholte oder in dem großen Kessel über dem Feuer im Kamin Suppe kochte. Ich gebe ihr einen anderen Namen, damit sie sich nicht wiedererkennt, aber ich behalte ihre gute Laune, ihre Lebensfreude und ihre Mimik. Und Hortense? Aus Hortense mache ich eine wunderschöne, etwas hochnäsige Prinzessin, die in einer Burg wohnt … Ihr Vater ist dem Aufruf zum Kreuzzug gefolgt
Weitere Kostenlose Bücher