Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition)
vergeht beinahe vor Lust, als sie seinen Finger auf ihrer nackten Haut spürt. Sie gesteht ihm ihr Begehren, woraufhin er seine Grausamkeit noch steigert. Er lässt sie schwere körperliche Arbeit verrichten, unterwirft sie dauerhaftem Fasten, zwingt sie, alle Aufgaben im Haushalt selbst zu erledigen und das schmutzige Wasser zu trinken, mit dem sie zuvor geputzt oder das Geschirr abgewaschen hat. Nach und nach schickt er alle Dienstboten fort und überhäuft sie zum Abschied mit Geschenken, um ihr Schweigen zu erkaufen. Er befiehlt ihr, ihm ihr ganzes Geld auszuhändigen und ihm zu verraten, wo sie ihr Gold versteckt hat, das Gold, das der König von Frankreich dir gegeben hat, nachdem er deinen Ehemann gemeuchelt hat. Ich weiß, dass du es versteckt hast. Dieses Geld ist verflucht, gib es mir, damit ich es in den Fluss werfe. Florine widersetzt sich. Dieses Geld gehört nicht ihr, sondern ihrem Sohn. Sie will Thibaut den Jüngeren nicht um sein Erbe betrügen. Daraufhin unterwirft Guibert sie einer wahren Tortur. Er legt sie in Ketten und sperrt sie in ein Verließ, bis sie redet. Um ihren Widerstand zu brechen, nimmt er sie hin und wieder in den Arm, und sie beten zusammen. Gott hat mich zu dir geschickt, um dich zu reinigen. Sie dankt ihm, dankt Gott, der sie auf den Weg der Unterwerfung und des Gehorsams führt.
Als sie kurz davor ist, auf alles zu verzichten und ihm ihr Vermögen auszuhändigen, kehrt die treue Isabeau mit einer Schar Ritter zurück,
um sie zu befreien. Als sie die Burg nach ihr durchsucht, stößt sie auf einen wahren Schatz: das Geld, das Guibert all den anderen Witwen abgenommen hat, die er vor Florine betörte. Sie übergibt ihn Florine, die inzwischen aus ihrer Verblendung erwacht ist. Florine beschließt, nicht länger nach Vollkommenheit zu streben, sondern ein ganz normales Leben zu führen, ohne der Heiligkeit auf Erden nachzustreben, denn man macht sich der Sünde des Hochmuts schuldig, wenn man glaubt, Gott an Reinheit gleich sein zu können. Sie sieht zu, wie Guibert auf dem Scheiterhaufen verbrannt wird, und trotz allem weint sie, als sie sieht, wie der Mann, den sie so sehr geliebt hat, ohne zu schreien oder um Vergebung zu flehen, in den lodernden Flammen stirbt. Der fährt auf direktem Weg in die Hölle, erklärt Thibaut der Jüngere, und da gehört er auch hin! Jetzt ist sie wieder Witwe und reicher als je zuvor.
Fast so wie ich, dachte Joséphine und stand auf, um sich zu strecken. Bald bekomme ich die nächsten fünfundzwanzigtausend Euro, aber es gibt keinen Mann in meinem Leben. Je besser ich zurechtkomme, desto reicher und einsamer werde ich! Luca war wieder einmal verschwunden. Seit zehn Tagen hatte sie nichts mehr von ihm gehört. Er kam nicht mehr in die Bibliothek. Wahrscheinlich ist er ans andere Ende der Welt geflogen, um dort Fotos zu machen. Sie seufzte, massierte sich das Kreuz und setzte sich zurück an den Computer. Jetzt blieb nur noch ein Mann für Florine … Der letzte. Und der soll der Richtige sein, beschloss sie. Ich will ein Happy End. Sie hatte auch schon eine Idee. Er heißt Tancrède de Hauteville. Florine kennt ihn seit Langem. Er ist ein Burgherr aus der Region. Ein liederlicher, gieriger, gott- und ehrloser Geselle. Er war an dem Komplott beteiligt, das Étienne der Schwarze nach dem Tod ihres ersten Mannes gegen sie geschmiedet hatte, um sie zu entführen und die Burg und die dazugehörigen Ländereien in seinen Besitz zu bringen. Inzwischen hat er sich von seinem früheren sündigen Leben abgewandt, kommt gerade von einem Kreuzzug zurück und möchte als guter Christ fernab aller irdischen Versuchungen leben. Er sucht Florine auf und bittet sie, ihm sein damaliges Verbrechen zu verzeihen. Florine heiratet ihn, überlässt die Burg ihrem mittlerweile erwachsenen Sohn und kehrt mit Tancrède auf dessen Besitz zurück. Auf dem Weg dorthin kommen
sie ins Poitou und suchen Unterschlupf in einem Wald in der Nähe von Melle. Sie entdecken eine strohgedeckte Hütte, lassen sich dort nieder und verbringen von diesem Tag an ihr Leben im Gebet, ernähren sich von Gemüse, das sie selbst anbauen, trinken Regenwasser, kleiden sich in Tierfelle und schlafen neben dem Feuer. Sie sind glücklich und lieben sich inniglich, bis Tancrède eines Tages beim Wasserholen auf silberhaltigen Bleiglanz stößt. Ein unvorstellbares Silbervorkommen! Genug, um daraus unzählige Deniers zu prägen, eine Münze, die auf Karl den Großen zurückgeht. Sie werden unermesslich
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