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Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition)

Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition)

Titel: Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Pancol
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das nicht macht, verkauft sich das Buch nicht. Ich bin vollkommen unbekannt, es ist mein erster Roman, den muss man erst mal lancieren! Außerdem wächst es doch wieder nach!«, hatte sie hinzugefügt und war sich mit den Fingern durchs Haar gefahren. Ende der Diskussion. Am nächsten Morgen war sie zu ihrem Friseur gerannt und hatte sich einen neuen Schnitt verpassen lassen, einen richtigen diesmal, für hundertfünfundsechzig Euro. Die kurzen Haare betonten die unglaubliche Größe und den verwirrten Ausdruck ihrer blauen Augen; ihr langer, anmutiger Hals, das perfekte Oval ihres Gesichts und ihre gebräunten Schultern stachen hervor wie das Wappen auf einem Bildteppich. Sie sah aus wie ein unschuldiger Page. »Maman, Maman, du siehst aus, als wärst du erst vierzehn!«, hatte Alexandre gerufen. Philippe war verwirrt gewesen, und wäre da nicht dieser dumpfe Abscheu, mit dem ihn die ganze Geschichte erfüllte, hätte er sich von ihr angezogen gefühlt.
    Der Ordner enthielt lauter Zeitungsausschnitte. Tageszeitungen. Die Wochenmagazine sind noch nicht erschienen. Sie werden voll sein von ihr, von ihren Lügen, ihren Behauptungen. Er überflog die ersten Artikel. Manche stammten von Journalisten, die er kannte. Alle schrieben über Iris und ihrer Kühnheit. »A star is born« , lautete eine Überschrift. »Der Coup des Jahres« eine andere. Ein etwas seriöserer Journalist stellte die Frage, wo das Spektakel aufhöre und die Literatur beginne, aber auch er räumte ein, dass das Buch gut, wenn auch »etwas akademisch« geschrieben und ausgezeichnet recherchiert sei. »Man spürt, dass Iris Dupin ihr zwölftes Jahrhundert in- und auswendig kennt und es auf meisterhafte Weise für uns wieder auferstehen lässt. Alles stimmt. Alles fesselt. Unwillkürlich wird man von der Regel des heiligen Benedikt in den Bann gezogen, als sei es die Handlung eines Hitchcock-Films.«
    Sein Blick glitt über die Zeilen. Es folgten Äußerungen von Iris über das Schreiben, die Schwierigkeiten eines Debüts, die Wörter, die sich einem entzogen, die Angst vor dem weißen Blatt. Sie machte ihre Sache sehr gut, erinnerte an ihre Studienjahre an der Columbia-Universität, an ihre Anfänge als Drehbuchautorin, zitierte aus André Gides Ratschlägen an einen jungen Schriftsteller: »Um nicht in Versuchung zu geraten auszugehen, rasieren Sie sich den Kopf!« – »Was ich aus Eitelkeit nicht zu tun wagte, wurde mir jetzt aufgezwungen. Man kann das Schreiben nicht austricksen. Es holt einen immer wieder ein. Ich bedaure es nicht, ich lebe ausschließlich für die Literatur.« Oder: »Neun Monate lang habe ich nur abgekochtes Wasser getrunken und Kartoffeln mit roter Schale gegessen, nur so fand ich Inspiration.« Auf den Fotos trug sie Hüftjeans und ein bauchfreies T-Shirt, und mit ihrer neuen jungenhaften Frisur sah sie aus wie ein rebellischer Teenager. Auf einem anderen Bild hatte man ihr mit rotem Lippenstift love und money auf den Nacken geschrieben, und sie hatte sich mit nach vorn gebeugtem Kopf fotografieren lassen, damit die beiden Wörter gut zu erkennen waren. Die Bildunterschrift lautete: »Auf ihrem Nacken trägt sie die Geschichte ihres Romans und das Schicksal der Welt!« Darunter macht sie es nicht!, seufzte Philippe. Das Schicksal der Welt auf dem Nacken meiner Frau! Ein anderer Journalist schrieb: »Die Jugend wird verrückt nach ihr sein, die Männer werden sie lieben, und die Frauen finden in ihr ihre Wortführerin. Dieses Buch beendet den jahrhundertealten Streit zwischen anciens und modernes .« Kurz darauf erfuhr er, dass ein russischer Milliardär Iris seinen Privatjet zur Verfügung gestellt hatte, damit sie zum Shopping nach London oder Mailand fliegen könne, und dass ein Parfümhersteller die Rechte am Titel des Buches kaufen wollte, um unter diesem Namen einen neuen Duft herauszubringen. Auf all diese Angebote antwortete Iris bescheiden, dass sie sich sehr geschmeichelt fühle, aber das alles sei doch »sehr weit entfernt von der Literatur. Ich möchte nicht zur Jahrmarktsattraktion werden. Was auch immer geschieht, ob das Buch ein Erfolg wird oder nicht, ich werde weiterschreiben, denn das ist das Einzige, was mich interessiert«.
    Ich habe eine Schlange an meinem Busen genährt, dachte Philippe. Diese Erkenntnis schmerzte ihn nicht. Daran merkt man, dass die
Liebe von einem gewichen ist: Sie tut nicht mehr weh. Man betrachtet den einst geliebten Menschen mit kühlem Blick, stellt fest, er ist so, wie er ist, und

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