Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition)
angefangen?, fragte sich Antoine und schenkte sich Wein nach. Ich grüble zu viel. Ich sollte mir an den anderen ein Beispiel nehmen und einfach nicht nachdenken. Geld verdienen, aber vor allem nicht nachdenken. In Afrika habe ich die glücklichste Zeit meines Lebens verbracht, und ich dachte, wenn ich hierher zurückkäme, würde ich wieder glücklich sein. Ich wollte hier wieder ganz von vorn anfangen. Und ich habe dieses entzückende junge Ding mitgebracht, das mir versicherte, dass es auf mich aufpassen würde. So ein Quatsch! Ich bin der Einzige, der auf mich aufpassen kann, und ich habe nichts Besseres zu tun, als mich systematisch zu sabotieren. Warum sollte ich ihr deswegen Vorwürfe machen? Es ist doch nicht ihre Schuld. Ich habe mir Schuhe angezogen, die zu groß für mich sind. Jo hat recht. Sie alle haben recht. Ein bitteres, selbstironisches Lächeln trat auf seine Lippen, doch Mylène verstand es falsch.
»Oh, sei bitte nicht böse! Ich liebe dich so sehr. Ich habe alles aufgegeben, um mit dir zu kommen. Ich wäre dir überallhin gefolgt … Ich will mich doch nur ein bisschen beschäftigen. Ich bin es nicht gewohnt, nichts zu tun. Seit ich klein war, habe ich immer gearbeitet …«
Sie schürzte die Lippen wie ein kleines Mädchen, das bei einer großen Lüge ertappt worden war und nun seine Unschuld beteuerte. In ihren großen blauen Augen spiegelte sich eine Treuherzigkeit, die ihn wahnsinnig machte.
»Und nach dem Kabarett wollte er dir sicher an die Wäsche.«
»Du vermutest auch immer gleich das Schlechteste.«
»Vor dir muss man sich in Acht nehmen, Mylène! In Acht nehmen muss man sich … Und das alles hinter meinem Rücken.«
»Ich wollte dich überraschen … Außerdem hast du jedes Mal, wenn
ich mit dir darüber reden wollte, das Thema gewechselt. Also habe ich es irgendwann aufgegeben. Aber es gibt keinen Grund, böse zu sein, Liebling, ich will mir doch nur die Zeit vertreiben … Schlimmstenfalls verliert Mister Wei seine Investition, während ich selbst keinen Cent in unser Geschäft gesteckt habe! Aber wenn es funktioniert, verdiene ich ein Heidengeld, und du wirst kaufmännischer Leiter in meiner eigenen kleinen Firma…«
Antoine musterte sie fassungslos. Sie spielte tatsächlich mit dem Gedanken, ihn einzustellen. Wahrscheinlich berechnete sie schon sein Gehalt und die Höhe seines Jahresbonus! Schweiß rann über seinen Rücken, dann wurden seine Schläfen feucht, seine Arme, sein Oberkörper … Nein, nicht das! Nicht das! Er biss die Zähne zusammen.
»Liebling, was hast du denn? Du bist ja ganz nass! Du siehst aus, als kämst du frisch aus der Dusche. Bist du krank?«
»Ich muss was Schlechtes gegessen haben. Das liegt sicher an diesem ekelhaften Antilopengulasch. Ich krieg es einfach nicht runter!«
Er warf die Serviette auf den Tisch und stand auf, um ins Haus zu gehen und sich umzuziehen.
»Ach, Liebling, sei doch nicht böse … Es ist ein Versuch. Vielleicht wird nichts draus. Und vielleicht ja doch. Und dann werde ich reich, reich, reich! Das wäre doch witzig, findest du nicht?«
Antoine hielt auf der Schwelle inne. Sie hatte nicht »wir« gesagt, sondern »ich«. Er zog sein durchnässtes Hemd aus und verschwand im Inneren des Hauses.
Philippe Dupin ließ sich auf den Bürostuhl seiner Frau fallen und seufzte. Wenn man ihm jemals gesagt hätte, dass er eines Tages Iris’ Sachen durchsuchen würde wie ein eifersüchtiger Ehemann! Wenn er in einem Film einem Mann dabei zusah, bemitleidete er ihn. Auf dem Schreibtisch lag ein rosafarbener Ordner, auf dessen Rücken Iris in großen Druckbuchstaben ROMAN geschrieben hatte. Darunter stand in grünem Filzstift: Die demütige Königin . Vielleicht will sie ja noch weitere Romane schreiben, dachte er, als er den Ordner aufschlug. Oder schreiben lassen. Er musste es wissen, es war stärker als er. Das Anständigste wäre, sie darauf anzusprechen. Aber man sprach Iris nicht einfach auf etwas an. Sie drückte sich vor jeder Aussprache.
Ihre Livesendung hatte er mit Alexandre und Carmen zusammen gesehen, sie hatten vor dem Fernseher zu Abend gegessen. Als Iris nach Hause gekommen war, hatte sie sich vor ihnen in Pose geworfen und triumphierend gefragt: »Na, wie war ich? Umwerfend, was?« Keiner hatte es über sich gebracht, ihr zu antworten. Sie hatte einen Moment abgewartet, und als sich das Schweigen in die Länge zog, hatte sie geseufzt. »Davon versteht ihr nichts! So etwas nennt man Marketing, wenn man
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