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Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition)

Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition)

Titel: Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Pancol
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abends, nach dem Essen, überließ er Mylène ihren Bestellformularen und Rechnungsbüchern, ging nach draußen und schlenderte am Ufer der Krokodilgewässer entlang.
    Nach China zu gehen reizte ihn nicht. Wieder kämpfen. Und wozu? Er hatte nicht mehr die Kraft zu kämpfen.
    »Aber ich werde doch arbeiten, du brauchst gar nicht viel zu tun … Du könntest dich um die Buchhaltung kümmern.«
    Sie will nicht allein gehen, dachte er. Ich bin ein Gesellschafter geworden, ein Gigolo.
    Er zweifelte an allem. Er hatte keine Energie mehr. Er traf sich mit den anderen Züchtern im Crocodile Café in Mombasa, wo er sich mit dem Ellbogen auf der Theke abstützte und über die Schwarzen, über die Weißen, über die Gelben, über das Klima, über den Zustand der Straßen und über das miese Essen schimpfte. Er hatte wieder
angefangen zu trinken. Ich bin wie eine leere Batterie, sagte er sich, wenn er im Dunkel der Nacht die gelben Augen der Krokodile fixierte. Er entdeckte ein ironisches Funkeln in ihrem Blick. Dir haben wir’s gezeigt, was, Alter? Sieh nur, was aus dir geworden ist: ein menschliches Wrack. Du säufst heimlich, hast keine Lust mehr, deine Frau zu vögeln, und an Weihnachten frisst du Wapiti. Wir brauchen nur eine Pfote zu heben, um Hackfleisch aus dir zu machen! Er warf mit Steinen nach ihnen: Sie prallten von ihrem glänzenden, schmierigen Panzer ab. Ihre Augenlider zuckten nicht einmal, und das gelbe Leuchten glomm unbeirrt in ihren wie zu einem zuckersüßen Lächeln geschlitzten Augen.
    »Ich mach euch fertig, ihr elenden Drecksbiester!«, stieß er zwischen den Zähnen hervor, während er sich überlegte, wie er sie am besten abschlachten sollte.
    Wie friedlich das Leben früher doch gewesen war. Zu Hause in Courbevoie.
    Er vermisste Joséphine. Er vermisste die Mädchen. Manchmal, wenn er sich an die Tür seines Büros lehnte, erwachte in seiner Schulter die Erinnerung an die Zarge der Küchentür. Er rieb sich zärtlich am Holz und kehrte zurück nach Courbevoie. Courbevoie, Cour-bevoie. Die Silben klangen wie eine Zauberformel. Sie schickten ihn auf Reisen, so wie früher Ouagadougou, Sansibar, Kap Verde oder Esperanza. Zurück nach Courbevoie. Schließlich bin ich erst zwei Jahre weg …
    Eines Abends rief er Joséphine an.
    Er erreichte nur den Anrufbeantworter, der ihn aufforderte, eine Nachricht zu hinterlassen. Überrascht schaute er auf die Uhr. In Frankreich war es ein Uhr morgens. Er versuchte es am nächsten Tag noch einmal, und wieder hörte er Joséphines Stimme, die ihn bat, eine Nachricht zu hinterlassen. Er legte auf, ohne eine Nachricht aufzusprechen. Schließlich rief er vormittags, Pariser Zeit, noch einmal an, und Joséphine hob ab. Nach den üblichen Floskeln fragte er sie, ob er mit den Mädchen sprechen könne. Jo antwortete, sie seien verreist.
    »Das weißt du doch, wir hatten darüber gesprochen. Die Ferien fallen dieses Jahr recht spät, sie haben erst Ende Februar angefangen. Sie sind bei meiner Freundin auf Mustique …«
    »Du hast sie allein verreisen lassen?«
    »Zusammen mit Shirley und Gary …«
    »Was ist das für eine Freundin?«
    »Du kennst sie nicht.«
    Plötzlich kam ihm etwas in den Sinn.
    »Aber du warst letzte Nacht nicht da, Jo. Und in der Nacht davor auch nicht! Ich habe angerufen, aber niemand ist rangegangen …«
    Am anderen Ende der Leitung herrschte Schweigen.
    »Hast du jemanden?«
    »Ja.«
    »Bist du verliebt?«
    »Ja.«
    »Das ist gut.«
    Wieder Schweigen. Langes Schweigen. Dann riss Antoine sich zusammen.
    »Das musste ja früher oder später passieren …«
    »Ich habe es nicht darauf angelegt. Ich dachte nicht, dass sich noch einmal ein Mann für mich interessieren könnte.«
    »Dabei bist du so wunderbar, Jo …«
    »Das hast du mir früher nicht oft gesagt…«
    »›Man erkennt das Glück am Geräusch, das es macht, wenn es verschwindet. ‹ Wer hat das gesagt, Jo?«
    »Ich weiß es nicht. Ist bei dir alles in Ordnung?«
    »Ich stecke bis über beide Ohren in Arbeit, aber sonst geht’s … Bald habe ich den Kredit abbezahlt, und dann überweise ich dir jeden Monat etwas für die Mädchen. Die Geschäfte laufen inzwischen viel besser. Ich habe mich wieder gefangen!«
    »Das freut mich für dich.«
    »Pass gut auf dich auf, Jo …«
    »Du auch auf dich, Antoine. Ich sage den Mädchen, sie sollen dich anrufen, wenn sie wieder zurück sind.«
    Er legte auf. Wischte sich über die Stirn. Nahm eine Flasche Whisky vom Regal, öffnete sie und

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