Die Gelehrten der Scheibenwelt
und verschiedene Planetenmonde sind von kreisrunden Kratern bedeckt, großen und kleinen. Nahezu alle diese Krater sind, wie wir jetzt wissen, das Ergebnis des Einschlags eines großen Gesteins- oder Eisbrockens oder einer Mischung davon. Einige wenige sind vulkanischer Natur. Vor nicht allzu langer Zeit hielt man die meisten für vulkanischen Ursprungs, doch das hat sich als falsch erwiesen.
Mehrere Planeten, darunter die Erde, zeigen keine derart offensichtlichen Spuren von Einschlägen. Liegt das daran, daß sie nicht getroffen wurden? Nein. Eine Atmosphäre erweist sich als nützlich: Kleinere Körper verglühen, ehe sie aufschlagen. Das kommt einer schützenden Schildkröte so nahe wie nur irgend etwas, was wir bekommen können. Größere Felsbrocken können den Schutz aber immer noch durchbrechen. Der Hauptgrund, warum manche Planeten keine Spuren der Einschläge aufweisen, liegt darin, daß diese Planeten wie die Erde Wetter haben, welches die Krater bis zum Verschwinden erodiert, oder wie die Venus Episoden von massivem Vulkanismus, die die Planetenoberfläche neu formen, oder daß sie wie Jupiter und Saturn sowieso aus Gas bestehen und keine bleibenden Spuren zurückbehalten.
In Québec gibt es einen See namens Manicouagan. Man kann ihn auf der Karte nicht verfehlen: Suchen Sie in der Nähe von 51° Nord, 68° West. Er ist kreisrund, und er ist groß: 71 km im Durchmesser. Es sind die verwitterten Überreste eines riesigen Kraters, der vor 210 Millionen Jahren entstand, als ein Felsbrocken von drei bis fünf Kilometer Durchmesser mit der Erde zusammenstieß. Es gibt einen Zentralkegel aus Gestein, welches in der vom Aufschlag erzeugten Hitze schmolz und dann erstarrte; weiteres geschmolzenes Gestein floß über den Grund des Kraters und ist noch heute zu finden. Der See füllt ein von Gletschern aus dem weichen Gestein herausgeschnittenes, ringförmiges Tal, das ursprünglich die Kraterwände bildete, von der Erosion abgetragen wurde und einstürzte.
Ebenfalls in Kanada befindet sich die Sudbury-Einschlagstruktur, die größte auf dem Planeten. Sie mißt 300 km im Durchmesser und ist 1,85 Milliarden Jahre alt, und der Felsbrocken, der sie erzeugte, hatte einen Durchmesser von rund 30 km; die beim Aufschlag freigesetzte Energie entsprach einer Billiarde Tonnen TNT oder etwa zehn Millionen richtig großer Wasserstoffbomben. In Vredefort, Südafrika, gibt es eine andere Aufschlagstruktur von ähnlicher Größe, entstanden vor 2,02 Milliarden Jahren. Vielleicht bleiben diese beiden nicht die Rekordhalter: eine noch größere Aufschlagstruktur, etwa doppelt so groß, wird im Amirante-Bekken des Indischen Ozeans vermutet. Insgesamt hat man über 150 Aufschlagstrukturen – Reste von Kratern – auf den Landmassen der Erde gefunden, und viele Gebiete sind noch gar nicht sorgfältig untersucht worden. Über die Hälfte der Erdoberfläche besteht aus Ozean, und heranfliegende Gsteinsbrocken dürften ziemlich zufällig auftreffen, so daß die Gesamtzahl wohl eher bei 500 liegt.
Das alles sind ziemlich alte Krater, doch es gibt keinen vernünftigen Grund für die Annahme, solche Treffer könnten nicht wieder vorkommen. Große sind seltener als kleine, weil große Gesteinsbrocken seltener als kleine sind. Einschläge von der Größe Sudbury oder Vredefort dürften ungefähr alle Milliarden Jahre vorkommen. (Es sollte nicht überraschen, daß, als schließlich vor zwei Milliarden Jahren zwei solche Treffer auftraten, es gleich zwei nacheinander waren.) Da seit zwei Milliarden Jahren nichts von dieser Größe vorgekommen ist, könnte man meinen, der nächste sei überfällig, aber diese Denkweise ist statistisch falsch. Seltene, isolierte Ereignisse folgen für gewöhnlich der sogenannten Poisson-Verteilung von Wahrscheinlichkeiten, und eine Eigenschaft dieser Verteilung ist es, daß sie ›keine Erinnerung‹ hat. Zu jedem Zeitpunkt, egal, ob gerade zwei große Einschläge erfolgt sind oder der letzte eine Ewigkeit zurückliegt, ist die durchschnittliche Zeit bis zum nächsten immer gleich groß – in diesem Fall eine Milliarde Jahre.
Es könnten aber auch nur ein paar Jahrzehnte sein, wohlgemerkt. Nicht aber morgen oder auch nur nächstes Jahr, denn wir hätten die Annäherung solch eines Körpers inzwischen bemerkt.
Der jüngste wohlbekannte Treffer auf der Erde war der Tunguska-Meteorit, der 1908 sechs Kilometer über Sibirien explodierte und dessen Explosion Bäume im Umkreis von über 50 km fällte. Man
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