Die Gelehrten der Scheibenwelt
sehr lange so bleiben.
Es gibt vielleicht Wahlmöglichkeiten. Wir könnten wegfliegen. Das haben wir behandelt. Es bedarf eines ziemlich großen Optimismus. Aber es könnte andere kleine blaue Planeten dort draußen geben … Per definitionem wird es jedoch auf erdähnlichen Planeten Leben geben. Darum wären sie erdähnlich. Und das Problem ist die Tatsache, daß ein Planet, je erdähnlicher er ist, um so mehr Schwierigkeiten bereitet. Keine Sorge wegen laserschwingender Monster – mit denen kann man reden, und sei es nur über Laser. Das echte Problem ist eher etwas sehr, sehr Kleines. Früh am Morgen kriegt man einen Ausschlag. Am Abend explodieren einem die Beine.* [ * Das ist wahrscheinlich auch eine Lüge. Außerirdische Mikroben werden uns kaum eßbar finden. Ebenso außerirdische Tiger, obwohl die eine Menge Schaden anrichten können, ehe sie es herausgefunden haben. Aber gewiß wird eine fremde Welt eine ganze Batterie häßlicher Überraschungen in petto haben, wenn wir uns nicht sehr vorsehen. Wir können nicht sagen, was es sein wird. Es wird eine Überraschung sein. ]
Die andere ›Wahlmöglichkeit‹ ist zu bleiben. Wir könnten Glück haben – meistens haben wir Glück. Aber wir werden nicht ewig Glück haben. Die durchschnittliche Lebensdauer einer Spezies beträgt etwas fünf Millionen Jahre. Je nachdem, wie man die menschliche Art definiert, könnten wir schon nahe am Durchschnitt sein.
Ein nützliches Projekt und viel billiger zu erreichen, ist es, eine Notiz an die Nachmieter zu hinterlassen, sogar wenn sie nur ›Wir waren hier‹ lauten würde. Für eine künftige intelligente Art könnte es interessant sein zu wissen, daß sie vielleicht allein im Raum sind, aber nicht allein in der Zeit.
Vielleicht haben wir unser Kennzeichen schon hinterlassen. Das hängt davon ab, wie lange Dinge auf dem Mond wirklich erhalten bleiben und ob in hundert Millionen Jahren es jemand für nötig hält, dort hinzufliegen. Wenn sie es tun, finden sie vielleicht die verlassenen Landestufen der Apollo-Mondfähren. Und sie werden sich fragen, was ein ›Richard M. Nixon‹ gewesen sein mag.
Wieviel glücklicher sind die Bewohner der Scheibenwelt. Sie wissen , daß sie auf einer für Menschen geschaffenen Welt leben. Mit einer großen hungrigen Schildkröte, ganz zu schweigen von den Elefanten, ist interstellarer Müll eher ein Frühstück als eine Katastrophe. Vernichtung im Großmaßstab hat eher mit magischer Einmischung als mit zufälligen Felsbrocken oder eingebauten Fluktuationen zu tun; sie kann dieselben Auswirkungen haben, aber wenigstens ist jemand schuld .
Leider schränkt das den Spielraum ein, Fragen zu stellen. Die meisten sind schon beantwortet. Bestimmtheit regiert. Mustrum Ridcully ist schließlich nicht der Mensch, der eine Unschärferelation dulden würde.
Hier in der Rundwelt ist vielleicht eines festzustellen.
Nehmen wir nur an, es gebe weiter nichts . Argumente für intelligentes Leben auf anderen Welten sind immer von den Wünschen jener vorgeprägt worden, die die Argumente vorbrachten – von den Wünschen, es möge intelligentes Leben auf anderen Welten geben; wir drei gehören dazu. Doch das Argument ist ein Kartenhaus ohne eine untere Karte. Wir wissen vom Leben auf einer Welt. Alles andere sind Spekulationen und pure Statistik. Leben kann im Weltall so allgemein verbreitet sein, daß sogar die Jupiter-Atmosphäre von lebenden Jupiter-Gasblasen wimmelt und jeder Kometenkern die Heimat von Kolonien mikroskopischer Klecksoten ist. Oder es kann überhaupt nichts Lebendiges geben, nirgends im Universum außer hier.
Vielleicht ist schon Leben vor jenem entstanden, das zur Menschheit führte, und vielleicht wird wieder welches entstehen, wenn aus dem Zeitalter des Menschen eine ziemlich komplexe Schicht in den Sedimenten geworden ist. Wir wissen es nicht. Die Zeit nimmt nicht einfach, wie es in dem Kirchenlied heißt, alle ihre Söhne hinfort – sie kann ohne weiteres das Verschwinden eines ganzen Kontinents mit ansehen, auf dem sie standen.
Mit einem Wort, in einem Universum, das eine Milliarde Großväter lang und eine Billion Großväter breit ist, gibt es vielleicht nur ein paar hunderttausend Jahre auf einem einzigen Planeten, wo sich eine Art um etwas anderes als Sex, das Überleben und die nächste Mahlzeit kümmerte.
Dies ist unsere Scheibenwelt. In ihrem kleinen Stückchen Raumzeit hat die Menschheit Götter* [ * Wir bitten alle wirklichen Götter um Entschuldigung. ],
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