Die Gelehrten der Scheibenwelt
an organisierte Wirbel in den oberen Schichten der Sonne denken, an sonderbare Quantenformationen im interstellaren Plasma oder an völlig unbegreifliche Wesen, die auf immateriellen Konzepten wie Information, Denken oder Narrativium basieren. Mit der DNS ist es etwas völlig anderes: Zweifellos könnten Lebensformen auf anderen kohlenstoffreichen Molekülen beruhen. Wir können das jetzt im Labor mit leicht abweichenden Varianten von DNS tun. ] Jedenfalls liegt der springende Punkt darin, daß die meisten Atome, aus denen unsereins besteht, im Innern eines Sterns entstehen müssen. Wie Joni Mitchell in Woodstock* [ * Wenn ihr keine Ahnung habt, wovon hier die Rede ist, fragt Mutti oder Vati. ] sang: »We are stardust.« Wissenschaftler zitieren diesen Vers gern, denn es klingt so, als ob sie einmal jung gewesen wären.
• Man warte, bis einer der Sterne explodiert. Es gibt (vergleichsweise) kleine Explosionen, die Novae genannt werden (›nova‹ für einen ›neuen‹ Stern), und heftigere – Supernovae. (Das ›Neue‹ daran ist die Tatsache, daß wir den Stern in der Regel nicht sehen können, bevor er explodiert, und dann sehen wir ihn.) Es ist nicht nur so, daß der nukleare Brennstoff aufgebraucht wird: Der Wasserstoff und das Helium, die den Brennstoff des Sterns ausmachen, fusionieren zu schwereren Elementen, die letzten Endes zu Verunreinigungen werden, die die Kernreaktion stören. Umweltverschmutzung ist sogar im Innern eines Sterns ein Problem. Die Physik dieser frühen Sonnen verändert sich, und einige von den größeren explodieren, wobei sie schwerere Elemente wie Jod, Thorium, Blei, Uran und Radium bilden. Diese Sterne werden von den Astrophysikern als ›Population II‹ bezeichnet – es sind alte Sterne mit einem geringen Anteil schwerer Elemente, aber nicht ganz ohne sie.
• Es gibt zwei Arten von Supernovae, und der andere Typ bringt schwere Elemente in großer Menge hervor, was zu Sternen der ›Population I‹ führt, die viel jünger als Population II sind.* [ * Es müßte auch Sterne der ›Population III‹ geben, die älter als Population II sind und ausschließlich aus Wasserstoff und Helium bestehen. Diese würden das Vorkommen einiger schwerer Elemente in Population II erklären. Es ist aber noch nie die Entdeckung eines Sterns der Population III bestätigt worden, wenngleich 2001 möglicherweise eine ganze Gruppe von ihnen in zwei winzigen roten Flecken im Galaxienhaufen Abell 2218 gesichtet wurde. Diese Flecken sind stark vergrößerte Bilder desselben Raumgebiets: Die Verdopplung des Bildes und die Vergrößerung sind das Ergebnis von Gravitationslinsen, ohne die die betreffenden Sterne überhaupt nicht sichtbar wären. Eine neuere, konkurrierende Theorie kommt ganz ohne Sterne der Population III aus. Vielmehr habe es sehr bald nach dem Urknall schwere Elemente gegeben, noch ehe sich Sterne bildeten. Als sich also die ersten Sterne zusammenballten, waren sie schon vom Typ der Population II. Das widerspricht dem, was wir im eigentlichen Text sagen – Lügen-für-Kinder natürlich. ] Da viele von diesen Elementen instabile Atome haben, entstehen bei ihrem radioaktiven Zerfall verschiedene andere Elemente. Zu diesen Elementen ›aus zweiter Hand‹ gehört Blei.
• Neuerdings haben Menschen einige Elemente durch besondere Vorkehrungen in Atomreaktoren erzeugt – am bekanntesten ist Plutonium, ein Nebenprodukt konventioneller Uranreaktoren und Rohmaterial für Kernwaffen. Ein paar ziemlich exotische Elemente mit sehr kurzer Lebenszeit sind in experimentellen Kernbeschleunigern hergestellt worden; bisher haben wir es bis zu Element 114 gebracht, wobei 113 noch fehlt. Möglicherweise wurde auch Element 116 erzeugt, doch die Meldung von der Herstellung des Elements 118 im Lawrence Berkeley National Laboratory 1999 ist inzwischen zurückgezogen worden. Die Physiker streiten sich immerzu darum, wer was als erster erhalten hat und daher das Recht besitzt, einen Namen vorzuschlagen, daher werden wohl jederzeit die gerade schwersten Elemente provisorische (und lachhafte) Namen wie ›Ununnilium‹ für Element 110 erhalten – Küchenlatein für ›1-1-0-ium‹.
Welchen Sinn hat es, derlei extrem kurzlebige Elemente herzustellen? Sie sind zu nichts zu gebrauchen. Schön, wie Berge sind sie da, überdies ist es immer von Nutzen, wenn man seine Theorien an extremen Fällen überprüft. Doch der Hauptgrund liegt darin, daß sie vielleicht Schritte zu etwas viel Interessanterem sind,
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