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Die Gelehrten der Scheibenwelt

Die Gelehrten der Scheibenwelt

Titel: Die Gelehrten der Scheibenwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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vorausgesetzt, daß es wirklich existiert. Allgemein gesagt: Vom Polonium mit der Ordnungszahl 84 an ist alles radioaktiv – es sendet von selbst Teilchen aus und zerfällt zu etwas anderem –, und je höher die Ordnungszahl eines Elements, um so schneller zerfällt es. Doch diese Tendenz setzt sich vielleicht nicht endlos fort. Wir können keine exakten Modelle für schwere Atome aufstellen – eigentlich nicht einmal für leichte, doch je schwerer sie werden, um so schlimmer.
    Verschiedene empirische Modelle (intelligente Schätzungen auf der Grundlage von Intuition, Vermutungen und Herumspielen mit anzupassenden Konstanten) haben zu einer überraschend genauen Formel dafür geführt, wie stabil ein Element mit einer gegebenen Anzahl von Protonen und einer gegebenen Anzahl von Neutronen sein müßte. Für bestimmte ›magische Zahlen‹ – Rundweltbegriffe, die darauf schließen lassen, daß die betreffenden Physiker etwas vom Geist der Scheibenwelt aufgesogen und erkannt haben, daß eine Formel eher mit einem Zauberspruch ist als mit einer Theorie verwandt – sind die entsprechenden Atome außergewöhnlich stabil. Die magischen Zahlen für Protonen sind 28, 50, 82, 114 und 164, die für Neutronen 28, 50, 82, 126, 184, 196 und 318. Zum Beispiel ist das stabilste von allen Elementen Blei mit 82 Protonen und 126 Neutronen.
    Nur zwei Schritte hinter dem unglaublich instabilen Element 112 liegt Element 114, vorläufig Eka-Blei genannt. Mit 114 Protonen und 184 Neutronen ist es doppelt magisch und müßte theoretisch viel stabiler sein als die meisten Elemente in seiner Nachbarschaft. Es ist jedoch unklar, wie glaubhaft die Theorie ist, und zwar wegen der Näherungen in der Stabilitätsformel, die bei so großen Zahlen vielleicht nicht funktioniert. Jeder Zauberer weiß, daß Sprüche oft mißlingen können. Wenn wir aber annehmen, daß der Spruch gelingt, können wir Mendelejew spielen und die Eigenschaften von ›Eka-Blei‹ vorhersagen, indem wir von denen in der Blei-Reihe des Periodensystems (Kohlenstoff, Silizium, Germanium, Zinn, Blei) extrapolieren. Wie der Name andeutet, erweist sich Eka-Blei als dem Blei ähnlich – es dürfte ein Metall mit einem Schmelzpunkt von 70 °C und einem Siedepunkt von 150 °C bei Atmosphärendruck sein. Seine Dichte sollte 25% größer als die von Blei sein.
    1999 hat das Vereinigte Institut für Kernforschung in Dubna (Rußland) die Herstellung eines Atoms von Element 114 gemeldet, obwohl dieses Isotop nur 175 Neutronen besaß und ihm folglich eine der magischen Zahlen fehlte. Dennoch betrug seine Lebensdauer rund 30 Sekunden – erstaunlich viel für ein derart schweres Element und ein Hinweis, daß die Magie vielleicht funktioniert. Wenig später erzeugte dieselbe Gruppe zwei Atome von Element 114 mit 173 Neutronen. Element 114 ist in einem weiteren Experiment auch in den USA hergestellt worden. Solange wir ›Eka-Blei‹ nicht in nennenswerten Mengen produzieren können, sondern jedesmal nur ein paar Atome, können seine physikalischen Eigenschaften nicht überprüft werden. Doch seine Kerneigenschaften scheinen der Theorie ziemlich gut gerecht zu werden.
    Noch weiter draußen liegt das doppelt magische Element 164 mit 164 Protonen und 318 Neutronen, und dahinter kommen vielleicht weitere magische Zahlen … Extrapolieren ist immer gefährlich, doch selbst wenn die Formel falsch sein sollte, kann es durchaus bestimmte spezielle Konfigurationen von Protonen und Neutronen geben, die so stabil sind, daß die entsprechenden Elemente irgendwo im wirklichen Universum zu finden sind. Daher kommen vielleicht Elephantigen und Chelonium. Möglicherweise warten Noggo und Plink irgendwo darauf, daß wir ihnen unsere Aufmerksamkeit zuwenden. Vielleicht gibt es stabile Elemente mit sehr großen Ordnungszahlen – manche könnten sogar die Größe eines Sterns haben. Nehmen wir zum Beispiel einen Neutronenstern, einen Stern, der fast ausschließlich aus Neutronen besteht und der entsteht, wenn ein größerer Stern unter der eigenen Anziehungskraft in sich zusammenstürzt. Neutronensterne haben eine unglaublich hohe Dichte: etwa 100 Milliarden Kilogramm pro Kubikzentimeter – zwanzig Millionen Elefanten in einer Nußschale. Ihre Oberflächengravitation beträgt das Siebenmilliardenfache der irdischen. Die Teilchen in einem Neutronenstern sind so dicht gepackt, daß er praktisch ein einziges großes Atom ist.
    So bizarr sie sind, können einige von diesen superschweren Elementen doch

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