Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Gelehrten der Scheibenwelt

Die Gelehrten der Scheibenwelt

Titel: Die Gelehrten der Scheibenwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
bei höherer Temperatur kondensieren. Während also die Temperatur der Atmosphäre allmählich sank, stieg ihr entgegen die Temperatur, bei der Wasserdampf kondensiert. Schließlich unterschritt die sinkende Atmosphärentemperatur den steigenden Siedepunkt, und Wasserdampf kondensierte zu flüssigem Wasser … und fiel als Regen.
    Es muß wie aus Eimern gegossen haben.
    Wenn der Regen auf die heißen Gesteine weiter unten auftraf, verdampfte er prompt, doch dabei kühlte er die Gesteine ab. Wärme und Temperatur sind nicht dasselbe. Wärme ist eine Form von Energie: Wenn man etwas erwärmt, steckt man zusätzliche Energie hinein. Temperatur ist eine der Arten, wie diese Energie zum Ausdruck kommen kann: Es sind die Schwingungen der Moleküle. Je schneller diese Schwingungen sind, um so höher die Temperatur. Gewöhnlich steigt die Temperatur eines Stoffs, wenn man ihn erhitzt – die zusätzliche Wärme äußert sich in mehr Schwingungen der Moleküle. Bei Übergängen vom festen Zustand zum flüssigen jedoch oder vom flüssigen zum gasförmigen wird die zusätzliche Wärme für die Zustandsänderung des Stoffs verbraucht, nicht für die Temperaturerhöhung. So kann man eine Menge Wärme einsetzen, und statt daß das Zeug wärmer wird, verändert sich sein Zustand – ein sogenannter Phasenübergang. Umgekehrt, wenn sich ein Stoff über einen Phasenübergang hinweg abkühlt, gibt er eine Menge Wärme ab. So brachte der Wasserdampf, der die Gesteine abkühlte, mehr Wärme in die obere Atmosphäre zurück, wo die Wärme in den Weltraum abgestrahlt und für die Erde verlorengehen konnte. Als die heißen Gesteine das Wasser wieder in Dampf zurückverwandelten, wurden sie sehr plötzlich wesentlich kälter. In einem geologisch kurzen Zeitraum hatten sich die Gesteine unter den Siedepunkt des Wassers abgekühlt, und jetzt wurde der fallende Regen nicht wieder in Dampf zurückverwandelt – oder höchstens zu einem kleinen Teil.
    Es kann durchaus eine Million Jahre lang geregnet haben. Es überrascht also nicht, daß Rincewind es etwas feucht fand.
    Dank der Schwerkraft fließt Wasser bergab, so daß sich der ganze Regen in den tiefsten Senken der unregelmäßigen Erdoberfläche sammelte. Da sich in der Atmosphäre eine Menge Kohlendioxid befand, enthielten jene frühen Ozeane eine Menge gelöstes Kohlendioxid, welches das Wasser leicht sauer machte. Die Säure fraß an den Gesteinen und bewirkte, daß sich Mineralien in den Ozeanen lösten; das Meer wurde salzig.
    Anfangs nahm die Menge des Sauerstoffs in der Atmosphäre langsam zu, weil die Wirkung des einfallenden Sonnenlichts nicht besonders heftig ist. Doch nun betrat das Leben die Szene und verströmte Sauerstoff als Nebenprodukt der Photosynthese. Der Sauerstoff verband sich mit sämtlichem noch in der Atmosphäre verbliebenen Wasserstoff – mochte er nun frei oder in Methan gebunden sein – und erzeugte noch mehr Wasser. Dieses fiel ebenfalls als Regen nieder und erhöhte die Menge des Ozeanwassers, was zu weiteren Bakterien führte, zu weiterem Sauerstoff – und so nahm alles seinen Lauf, bis der verbliebene Wasserstoff ziemlich aufgebraucht war.
    Ursprünglich glaubte man, der Ozean habe einfach immer mehr Gesteine der Kontinente ausgelöst, immer mehr Mineralien angesammelt und sei immer salziger geworden, bis der Salzgehalt den heutigen Wert von rund 3,5% erreichte. Der Beweis dafür ist die Salzkonzentration im Blut von Fischen und Säugetieren, die 1% beträgt. Man glaubte daher, Fisch- und Säugetierblut sei ›fossil gewordener‹ Ozean. Noch heute hören wir oft, daß wir uralte Meere in unserem Blut haben. Das ist wahrscheinlich falsch, doch die Frage ist noch längst nicht entschieden. Es ist wahr, daß unser Blut salzig ist und das Meer auch, doch es gibt eine Vielzahl von Wegen, wie die Biologie den Salzgehalt anpassen kann. Das eine Prozent ist vielleicht einfach der Salzgehalt, der sich für das Blut des Lebewesens am besten eignet. Salz – genauer, die Ionen von Natrium und Chlor, in die es dissoziiert – hat vielerlei biologischen Nutzen: Unser Nervensystem würde ohne Salz beispielsweise nicht funktionieren. So ist es zwar durchaus glaubhaft, daß sich die Evolution das Vorhandensein von Salz im Meer zunutze machte, doch braucht sie nicht auf ein und dieselbe Konzentration festgelegt zu sein. Andererseits gibt es gute Gründe für die Annahme, daß sich die ersten Zellen als winzige frei schwimmende Organismen in den Ozeanen entwickelten, und

Weitere Kostenlose Bücher