Die Gelehrten der Scheibenwelt
aber enormen Sauerstoffhauch, während er den Kohlendioxidüberschuß absorbiert, den alle diese widerwärtigen Leute mit Autos produzieren. Er muß das ja doch wohl tun. Ein Wald ist voller Pflanzen, und Pflanzen erzeugen Sauerstoff.
Nein, tun sie nicht! Die Netto-Sauerstofferzeugung eines Regenwaldes ist im Durchschnitt gleich Null. Bäume erzeugen nachts, wenn keine Photosynthese stattfindet, Kohlendioxid. Sie schließen Sauerstoff und Kohlenstoff in Zuckern ein, ja – aber wenn sie sterben, verfaulen sie und setzen Kohlendioxid frei. Wälder können indirekt Kohlendioxid entfernen, indem sie Kohlenstoff entfernen und in Kohle oder Torf einschließen und Sauerstoff in die Atmosphäre abgeben. Ironischerweise stammt daher ein Großteil der menschlichen Kohlendioxid-Erzeugung – wir graben den Kohlenstoff aus und verbrennen ihn wieder, wobei wir ungefähr dieselbe Menge Sauerstoff verbrauchen.
Wenn die Theorie stimmt, daß Erdöl ein Überrest von Pflanzen aus der Karbonzeit ist, dann verbrennen unsere Autos Kohlenstoff, der einmal von Pflanzen abgelagert worden ist. Selbst wenn eine an Popularität gewinnende alternative Theorie zutrifft und das Öl von Bakterien erzeugt worden ist, bleibt das Problem dasselbe. So oder so – wenn man einen Regenwald verbrennt, fügt man der Atmosphäre einen einmaligen Überschuß an Kohlendioxid hinzu, aber man beschränkt nicht die Fähigkeit der Erde, neuen Sauerstoff zu erzeugen. Wenn Sie das atmosphärische Kohlendioxid permanent verringern wollen – und nicht nur den kurzzeitigen Ausstoß –, ist es das beste, sich daheim eine große Bibliothek zuzulegen und Kohlenstoff im Papier zu binden oder eine Menge Asphalt auf die Straßen zu kippen. Das sieht nicht nach besonders ›grünen‹ Tätigkeiten aus, es sind aber welche. Auf den Straßen kann man radfahren, wenn man sich dabei besser fühlt.
Ein weiterer Bestandteil der Atmosphäre ist der Stickstoff. Es ist wesentlich einfacher, die Stickstoffbilanz zu verfolgen. Organismen – insbesondere Pflanzen, wie jeder Gärtner weiß – benötigen Stickstoff zum Wachsen, doch sie können ihn nicht einfach aus der Luft absorbieren. Er muß ›fixiert‹, d. h. in chemische Verbindungen eingebaut werden, die Organismen verarbeiten können. Ein Teil des fixierten Stickstoffs erscheint in Form von Salpetersäure, die nach Gewittern herabregnet, doch der größte Teil der Stickstoff-Fixierung erfolgt auf biologischem Wege. Viele einfache Lebensformen ›fixieren‹ Stickstoff, indem sie ihn als Bestandteil ihrer Aminosäuren benutzen. Diese Aminosäuren können dann in den Proteinen aller anderen Lebewesen verwendet werden.
Die Ozeane der Erde enthalten gewaltige Mengen Wasser – etwa 1,3 Milliarden Kubikkilometer. Wieviel Wasser es in den frühesten Phasen der Erdentwicklung gab und wie es über die Oberfläche des Globus verteilt war, ist uns kaum bekannt, doch die Existenz von etwa 3,3 Milliarden Jahren alten Fossilien zeigt, daß es damals Wasser gegeben haben muß, wahrscheinlich ziemlich viel. Wie wir schon erklärt haben, kondensierte die Erde – zusammen mit dem übrigen Sonnensystem einschließlich der Sonne – aus einer ausgedehnten Wolke von Gas und Staub, deren Hauptbestandteil Wasserstoff war. Wasserstoff reagiert leicht mit Sauerstoff, um Wasser zu bilden, doch er verbindet sich auch mit Kohlenstoff zu Methan und mit Stickstoff zu Ammoniak.
Die Atmosphäre der primitiven Erde enthielt sehr viel Wasserstoff und eine ordentliche Menge Wasserdampf, doch anfangs war der Planet zu heiß, als daß flüssiges Wasser hätte existieren können. Als der Planet sich allmählich abkühlte, unterschritt seine Oberfläche einen kritischen Punkt, den Siedepunkt von Wasser. Diese Temperatur war wahrscheinlich nicht exakt dieselbe wie die, bei der Wasser heute siedet; es ist nämlich sogar heute nicht ein und dieselbe unveränderliche Temperatur, da der Siedepunkt des Wassers vom Druck und anderen Umständen abhängt. Es lief auch nicht einfach darauf hinaus, daß die Atmosphäre kälter wurde – ihre Zusammensetzung änderte sich auch, weil die Erde durch Vulkantätigkeit Gase aus ihrem Innern ausstieß.
Ein entscheidender Faktor war das Sonnenlicht, das einen Teil des atmosphärischen Wasserdampfes in Sauerstoff und Wasserstoff spaltete. Der Wasserstoff entwich aus dem relativ schwachen Gravitationsfeld der Erde, und so nahm der Anteil des Sauerstoffs zu und der des Wasserdampfes ab. Als Folge davon konnte Wasserdampf
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