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Die Gelehrten der Scheibenwelt

Die Gelehrten der Scheibenwelt

Titel: Die Gelehrten der Scheibenwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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die richtige Größe?«
    »Was ist das denn für eine Frage?«
    »Schon gut, schon gut. Ah, hier sind deine Bro … Was? Entschuldige bitte … Wie bitte?«
    Die alten Zauberer waren erneut verwirrt und zeigten dies, indem sie Ponder anstießen, als er zu sprechen versuchte. Sie hielten Stöße und Knuffe für geeignete Mittel, um Aufmerksamkeit zu erregen.
    »Man sieht ganz deutlich, daß es nur einen Mond gibt«, erklärte der Oberste Hirte zum dritten Mal.
    »Na schön«, erwiderte Ponder. »Wie wär’s damit? Nehmen wir an, auf der Welt gibt es zwei Sorten Wasser: Die eine mag den Mond, und die andere verabscheut ihn. Wenn beide Sorten in gleichen Mengen vertreten sind … Das könnte der Grund dafür sein, warum es zur gleichen Zeit auf gegenüberliegenden Seiten der Welt zur Flut kommt. Ich glaube, die Theorie vom unsichtbaren Mond können wir fallenlassen, Dekan, so interessant sie auch gewesen sein mag.«
    »Die Erklärung gefällt mir«, sagte Ridcully. »Sie zeichnet sich durch eine gewisse Eleganz aus.«
    »Es ist nur eine Vermutung, Herr.«
    »Das reicht völlig für Physik«, erwiderte Ridcully.

ZWANZIG
    Ein gewaltiger Sprung für die Mondheit
    Die Menschheit hat immer gewußt, daß der Mond wichtig ist. Oft scheint er nachts, was nützlich ist; an einem Himmel, wo Veränderung selten ist, wandelt er sich; manche von uns glauben, daß unsere Ahnen dort leben. Letzteres läßt sich vielleicht nicht experimentell nachweisen, nichtsdestoweniger hat es die Menschheit im allgemeinen richtig erfaßt. Der Mond streckt geisterhafte Fühler aus, Schwerkraft und Licht; vielleicht ist er sogar unser Beschützer.
    Die Zauberer machen sich zu Recht Sorgen, daß sie vergessen haben, der Rundwelt einen Mond zu geben, wenngleich sie sich wie üblich aus den falschen Gründen Sorgen machen.
    Der Mond ist ein Satellit der Erde; wir umkreisen die Sonne, aber der Mond umkreist uns. Er ist schon seit langer Zeit dort oben, und auf seine stille Art ist er die ganze Zeit über ausgesprochem emsig. Der Mond beeinflußt Menschen nicht minder als Schildkrötenjunge. Am stärksten beeinflußt er uns, indem er Gezeiten hervorruft. Er kann uns auf andere, weniger offensichtliche Arten beeinflussen, obwohl das meiste, was über den Mond geglaubt wird, vorsichtig ausgedrückt, wissenschaftlich umstritten ist. Der weibliche Menstruationszyklus wiederholt sich etwa alle vier Wochen, ziemlich genau in derselben Zeit, die der Mond braucht, um die Erde zu umrunden – einen Monat, das Wort kommt denn auch von ›Mond‹. Im Volksglauben ist diese Übereinstimmung kein Zufall, wie zum Beispiel ›die falsche Zeit im Monat‹ besagt. Andererseits ist der Mond das Sinnbild der Regelmäßigkeit, so genau vorherzusagen wie das Datum von Weihnachten, was man vom Menstruationszyklus nicht sagen kann.* [ * Überdies hatten bis auf die letzten paar Jahrzehnte der menschlichen Geschichte die meisten Frauen so gut wie keinen Zyklus. Fast die ganze Zeit über waren sie entweder schwanger oder stillten. Und bei den großen Menschenaffen ist der Zyklus rund eine Woche länger als beim Menschen, und bei den Gibbons ist er kürzer. Es sieht also ganz so aus, daß die Übereinstimmung mit dem Mond Zufall ist. ] Für Liebesleute freilich wirkt der Mond anregend (wenn es nicht gerade kalt ist oder regnet) … Weit verbreitet ist auch die Ansicht, daß Menschen bei Vollmond verrückt werden oder – eine extremere Art Wahnsinn – sich bei entsprechender Veranlagung für eine Nacht in Wölfe verwandeln.
    Die Werwolflegende spielt eine Hauptrolle in Helle Barden. Die meiste Zeit ist Obergefreite Angua in der Wache von Ankh-Morpork eine gut gebaute aschblonde Frau, doch bei Vollmond verwandelt sie sich in eine Wölfin, die Gerüche farbig sehen und Menschen die Hauptschlagadern aufreißen kann. Doch ihr Privatleben bringt das ziemlich durcheinander: »Das Leben brachte gewisse Probleme mit sich, wenn einem bei Vollmond Haare und Reißzähne wuchsen. Aus einigen unliebsamen Erfahrungen hatte sie erkannt, daß Männer es nicht mochten, wenn ihre Partnerin plötzlich ein Fell bekam.« Zum Glück stört sich Korporal Karotte nicht an diesen gelegentlichen Veränderungen. Er mag eine Freundin, die gern ausgedehnte Streifzüge durch die Stadt unternimmt.
    Der Mond ist ungewöhnlich, und ziemlich wahrscheinlich würde es uns ohne ihn nicht geben. Nicht wegen der ihm zugeschriebenen Wirkung auf Liebende, die schon einen Weg finden, mit oder ohne Mond, sondern

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