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Die Geliebte des Gelatiere

Die Geliebte des Gelatiere

Titel: Die Geliebte des Gelatiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Zahno
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nicht mehr weitergehen. Es gebe auch Grenzen. Ich solle nicht grollen, wir hätten eine gute Zeit miteinander verbracht, aber nicht wirklich zusammengepasst. Zum Schluss wünschte sie, dass wir Freunde bleiben sollten.
    Ich weiß nicht mehr, was ich erwiderte. Das Ganze war ein K.o.-Schlag. Ein Messerstich ins Herz. Ich war vom Regen in die Traufe geraten. Ich konnte es nicht fassen. Verliebte Tintenfische! Ich konnte mich kaum beruhigen. Dass ich nichts gemerkt hatte! Ich konnte nicht verstehen, dass sie mich so hintergangen hatte. Ich wollte nichts mehr mit ihr zu tun haben. Ich wollte sie nie mehr sehen.
    In den folgenden Wochen und Monaten war ich traurig, deprimiert, niedergeschlagen. Selbst der Job bei Pippo, den ich immer so geliebt hatte, ödete mich an. Ich lebte nicht mehr, ich vegetierte dahin. Mit Müh und Not schleppte ich mich durch die Tage.
    Kam ein Mädchen zur Gelateria, das sich nach neuen Sorten erkundigte und mit einem Lächeln auf den Lippen ein wenig flirten wollte, warf ich einen Blick über die Theke wie der Typ mit der Axt in Kubricks Shining. Natürlich ging es mir nicht gut dabei, und ich wusste, dass ich wegen Charlotte nicht halb Venedig auf den Mond schießen konnte.
    Aber das Leben ging weiter. Und die Schule auch. Die Reifeprüfung stand bevor. Im Prinzip hatte mir das Lernen nie Mühe bereitet. Jetzt aber war ich in einem erbärmlichen Zustand, mein Selbstvertrauen unter null.
    Das Lernen gab mir Halt, auch wenn ich mich fragte, was mir die Beschäftigung mit Vektoren bringen konnte. Was ich davon hatte, wenn ich wusste, wie sich ein Spulwurm fortpflanzte. Was das lateinische Futurum zwei mit meinem Leben zu tun hatte.
    Je besser ich den Stoff beherrschte, desto mehr baute mich das Lernen auf. Nach und nach erlangte ich mein Selbstvertrauen wieder und ging ganz in den gestellten Aufgaben auf. Ich nahm das Examen sportlich, und schon während der Prüfungen merkte ich, dass es nicht schlecht lief. Die alte Leichtigkeit war wieder da, zumindest im Kopf.
    Eine Woche vor Abschluss des Schuljahrs erfuhren wir, dass alle durchgekommen waren. Die Anspannung im Klassenzimmer löste sich auf einen Schlag, wich ausgelassenem Jubel und großer Erleichterung. In der Pause war die Hölle los. Schwämme flogen durchs Zimmer, Etuis wurden aus dem Fenster geworfen, Hefte zerrissen. Michele griff zur Gitarre und sang Azzuro, einige tanzten durch die Gänge, andere kifften auf den Toiletten. In dieser überbordenden Stimmung stürzten sich auf ein Zeichen von Pietro hin mehrere Jungen auf mich, zerrten an meinen Armen und Beinen, an der Taille, an den Schultern, überall, und ich versuchte mich zu wehren, mit aller Kraft wehrte ich mich gegen die Angreifer, ich brüllte und schrie und wand mich, aber von allen Seiten griffen Hände nach mir, als wäre eine ferne Erinnerung in diesen Händen, und die wilde Meute grölte und johlte, ließ nicht von mir ab, »der Papierkorb! der Papierkorb!«, schrie Pietro, der Anführer der Meute, der mich mit seinen hundert Kilo fest unter den Armen gepackt und geklammert hatte, während sich immer mehr um die Szene versammelten, um zu sehen, wie ich in der Luft zappelte, ausschlug, mich loszureißen suchte, um gleich wieder von neuen Händen an anderen Stellen gezerrt und in den Würgegriff genommen zu werden, und ich wusste, der Kampf war aussichtslos, nie würde ich gegen diese vielarmige Übermacht eine Chance haben, gegen diese Krake, die mich von allen Seiten umfasste, trotzdem versetzte ich Tritte, so gut es ging, befreite mich an den Füßen, um gleich von Neuem gepackt zu werden, und tatsächlich brachte Giuseppe jetzt den Papierkorb herbei, wie Pietro gefordert hatte, einen großen grauen Papierkorb aus Plastik, in dem Apfelbutzen und Blätter und Kaugummis lagen, und die Meute versuchte, mich mit dem Hintern voran in diesen Papierkorb zu zwängen, wogegen ich mich mit aller Kraft sträubte, auf einer Seite konnte ich für einen Moment ausreißen, aber schon waren wieder Hände da, die nichts anderes im Sinn hatten, als mich zu pa-
cken und zu stoßen, man musste mich neu fassen, »hinein mit ihm! hinein mit ihm!«, brüllte Pietro, ein Augenblick der Unachtsamkeit, und es gelang mir ein Faustschlag, der Giuseppe ins Gesicht traf, mitten ins Gesicht, ein Schrei, Fluchen, Blut, einzelne wichen zurück, aber nur einen Moment, und die Meute wurde noch rasender, dafür sollte ich büßen, noch mehr Hände fassten nun meinen Körper, und obwohl ich meine letzte

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