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Die Geliebte des Gelatiere

Die Geliebte des Gelatiere

Titel: Die Geliebte des Gelatiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Zahno
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Gefallen. Ich schrieb, dass die zwei Carabinieri mit ihren Taschenlampen in ein Gebüsch leuchteten und darin zu ihrer Überraschung den Aushebungsoffizier Morosini fanden, der sich nach einem Streit mit seiner Frau in den Park geflüchtet hatte, um sich dort zu verstecken. Ich weiß nicht, was ich mir dabei gedacht habe, wahrscheinlich nichts. Auf jeden Fall wurde ich wenig später in das Büro von Colonnello Morosini zitiert, der das Oberkommando innehatte und die Aushebung leitete.
    Colonnello Morosini hatte kurz geschorenes Haar, trug einen Schnurrbart und sehr schnittige Hosen. Er war nicht besonders groß. Am Hals hatte er eine Narbe, die von einer Verbrennung herrühren mochte. An seiner Uniform prangten Abzeichen.
    Er betrachtete mich, als sei ich ein äußerst exotischer, äußerst giftiger Tropenfrosch. Ich wollte etwas sagen, aber seine Adjutanten gaben mir Zeichen, unbedingt zu schweigen. Zwei, drei Minuten lang ging er stumm um mich herum und musterte mich von allen Seiten, als wäre ich eine Schaufensterpuppe.
    »Was bilden Sie sich eigentlich ein?«, herrschte er mich plötzlich an.
    Ich war völlig überrumpelt.
    »Haben Sie etwas gegen mich?«
    Ich wollte etwas erwidern, aber er ließ mich nicht zu Wort kommen, weil die Antwort offenbar auf der Hand lag, und fuhr gleich fort, dass er in den zwanzig Jahren, da er diese Aushebungen leite, noch nie einen solchen Skandal erlebt habe.
    »Was für eine schmutzige Fantasie!«, rief er aus und schüttelte immer wieder den Kopf. Er konnte es nicht fassen. Ein solches Zeugnis und eine solche Verkommenheit. Offensichtlich hätte ich in der Schule das Wichtigste nicht gelernt. In der Armee würde ich es noch lernen. Ich verfluchte meine Fantasie. Auf der anderen Seite würde der Colonnello nichts ausrichten können, wenn mich die Ärzte für untauglich erklärten.
    »Als Wächterin der Demokratie ist die Armee die wahre Schule der Nation – merken Sie sich das!«
    Ich hätte gerne gefragt, ob es nicht paradox sei, dass ausgerechnet eine so undemokratische Institution wie die Armee die Demokratie verteidigen wolle. Aber ich durfte meine Lage nicht noch weiter verschlechtern. Hier war nicht der Ort, an dem man Fragen stellte.
    »Der Soldat ist ein Mann, der sein Leben ohne zu zögern fürs Vaterland opfert. Das ist kein Spiel, das ist blutiger Ernst!«
    Sein Rasierwasser stach mir in die Nase. Es hatte genau jenen übertrieben herben Geruch, den ich von Rekruten her kannte und der mir schon immer unangenehm erschienen war. Und ich hatte das Dümmste getan, was man hier tun konnte: Ich war aufgefallen. Ich hätte unscheinbar und vertauschbar bleiben sollen, dann hätte ich mir den Ärger ersparen können. Auf so etwas hatte mich die Schule nicht vorbereitet.
    Ich blickte auf Morosinis blank gewichste Marschstiefel. Der Ton seiner Stimme wurde feierlich.
    »Sie werden noch lernen, was Moral und Anstand bedeuten. Und Sie haben Glück, dass Sie heute leben. Früher hätte man mit Ihnen kurzen Prozess gemacht. Da hatte man noch eine klare Doktrin.«
    Eine klare Doktrin, hallte es in meinen Ohren nach. Colonnello Morosini machte eine Pause und tauchte für einen Augenblick in eine Vergangenheit ab, die ihn mit Wehmut zu erfüllen schien. Credere, obbedire, combattere – glauben, gehorchen, kämpfen. Die alte Parole hing noch immer im Gewölbe über dem Kasernengang.
    »Abtreten!«
    Ich meldete mich ab und ging nach draußen. Ein Major nahm mich in Empfang und lachte. Ich solle das Ganze nicht zu ernst nehmen. Ich hätte bei dem Oberst einfach einen wunden Punkt getroffen. Er selber habe sich köstlich amüsiert. Da alle Tests vorgenommen seien, sei ich für heute entlassen. In acht Monaten würde ich Bescheid erhalten. Ob ich noch Fragen hätte?
    Ich war überrascht, wie freundlich der Mann zu mir war. Den ganzen Tag über war ich nur herumkommandiert und angebrüllt worden.
    »Wie stehen die Chancen, freizukommen?« Wenn ich das jemanden fragen konnte, dann diesen Major.
    Er schmunzelte.
    »Die Chancen stehen fifty-fifty«, sagte er. »Meine Stimme ist nicht maßgeblich. Aber ich werde sehen, was sich machen lässt.«
    »Ich wäre sehr froh, wenn sich etwas machen ließe«, sagte ich.
    Er schaute mir in die Augen.
    »Wir werden sehen«, sagte er.
    Die Zeit bis zum Bescheid überbrückte ich mit meinem Job in der Gelateria. Pippo weihte mich in die Kunst der Parfaits ein. Ich lernte, wie man ein erfrischendes Rhabarberparfait auf den Tisch zaubert, wie man für ein

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