Die Geliebte des italienischen Millionaers
zu müssen. Rückblickend war sie jedoch der Meinung, es wäre besser gewesen, ihm einen Vertrag vorzulegen und die Bedingungen von Anfang an zu vereinbaren. Dann hätte es wenigstens keine Missverständnisse gegeben. Sie hätten beide gewusst, worauf sie sich einließen.
Am nächsten Morgen hatte Lucca eine Besprechung mit dem Verwalter. Außerdem würde Rosa Peroli eintreffen. Vivien setzte sich mit Marco auf der Terrasse in den Schatten und trank eine Tasse Kaffee. Sie wollte in ihrem Lieblingskatalog blättern, den man ihr nachgeschickt hatte. Als sie die Plastikhülle entfernte, stellte sie fest, dass ein Brief von ihrem Rechtsanwalt dabei war. Vivien überlief es kalt, und sie war auf einmal sehr angespannt.
Der Brief war kurz und klar. Da der Rechtsanwalt sie telefonisch nicht hatte erreichen können, informierte er sie schriftlich, dass das Gericht die Scheidung ausgesprochen habe. Ihr schmeckte der Kaffee nicht mehr, und sie beobachtete Marco traurig, während er fröhlich und zufrieden mit seinem Plastikspielzeug spielte.
Ich bin geschieden, sagte sie sich immer wieder. Sie war nicht mehr mit Lucca verheiratet, war nicht mehr seine Frau und er nicht mehr ihr Mann. Ihr wurde übel, so schockiert war sie. Und dann ärgerte sie sich über ihre eigene Unzulänglichkeit. Warum hatte sie nicht selbst den Rechtsanwalt angerufen und nachgefragt, wann genau das Gericht die Scheidung aussprechen würde? Das hatte sie nun davon, dass sie den Kopf in den Sand gesteckt und gehofft hatte, es würde noch ein Wunder geschehen.
Lucca hatte sie gewarnt und immer wieder betont, dass ihre Ehe beendet sei. Wahrscheinlich wusste er, dass sie geschieden waren. Mit zittrigen Fingern hob sie den Brief auf, der auf den Boden gefallen war, und blickte auf das Datum. Ja, seit einigen Tagen musste Lucca Bescheid wissen.
Er hatte jedoch kein einziges Wort darüber verloren. Hatte sie wirklich etwas anderes erwartet? Lucca Saracino war viel zu geschickt, um von sich aus über schlechte Neuigkeiten zu reden. Es war immerhin möglich, dass er annahm, sie sei auch schon darüber informiert und wolle es nicht erwähnen. Doch das war Wunschdenken, wie sie sich sogleich schmerzerfüllt eingestand. Lucca wusste genau, wann es besser war zu schweigen.
Ihr traten Tränen in die Augen. Rasch blinzelte Vivien sie weg und atmete tief ein. Das märchenhafte Happy End hatte es nicht gegeben. Dass sie jetzt geschieden waren, war auch die Antwort auf die Fragen, die sie sich während der letzten zehn Tage gestellt hatte. Lucca gefiel es, mit ihr zu schlafen, trotzdem hatte er die Scheidungsklage nicht zurückgezogen. Und er hatte keinen Versuch gemacht, die Ehe zu retten. In ihrer Naivität hatte Vivien geglaubt, sie hätten wieder eine gemeinsame Basis gefunden. Doch offenbar war es nur eine Illusion gewesen.
Schließlich überlegte sie, wie sie sich jetzt verhalten sollte. Sie musste sich von Lucca fern halten, bis sie sich beruhigt und wieder unter Kontrolle hatte und entscheiden konnte, wie es weitergehen sollte. Gleich nach Rosas Ankunft wollten sie nach Rom fahren, damit Vivien am Abend mit Serafina und ihren Freundinnen ausgehen konnte. In Rom werde ich mir ein neues Outfit kaufen, nahm sie sich vor. Ein Einkaufsbummel würde ihr den Freiraum geben, den sie momentan brauchte. Was sollte sie machen? Sollte sie den Sturm aushalten und bleiben? Oder sollte sie die Niederlage eingestehen und Lucca verlassen?
Als Marco laut lachte, schreckte Vivien aus den Gedanken auf und sah nach, was los war. Der Junge hatte den Inhalt ihrer Handtasche auf den Boden gekippt und bemalte sich das Gesicht mit ihrem Lippenstift. Sogleich sprang sie auf und nahm ihm den Lippenstift weg, damit er ihn nicht in den Mund steckte. Dann hob sie auch noch die Tasche auf, und das war zu viel für ihren Sohn. Er fing an, laut zu schreien.
"Du liebe Zeit, was für ein Krach", ertönte in dem Moment Luccas Stimme. Er ging langsam über die Terrasse und nahm den Jungen auf den Arm.
Vivien steckte den Brief des Rechtsanwalts in die Handtasche. Am liebsten wäre sie weggelaufen. Doch das war natürlich unmöglich. Glücklicherweise hatte sie sich nicht erlaubt zu weinen. Immerhin hatte sie noch ihren Stolz. Oder hatte sie auch den schon verloren?
Hat Lucca mich nur mit nach Italien genommen, um mit mir zu schlafen und um mit mir leichteres Spiel wegen Marco zu haben? überlegte sie, während sie so tat, als suchte sie etwas in ihrer Tasche. Vielleicht hatte er wirklich
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