Die Geliebte des Koenigs
aussehen?“
Ein Schatten huschte über ihr Gesicht. Doch dann straffte Jesslyn die Schultern und schüttelte den Kopf, als wollte sie damit auch alle Zweifel und Ängste abschütteln. „Du hast gesagt, du brauchst mich“, sagte sie fest. „Du bist heute zu mir gekommen, weil du für den Sommer meine Unterstützung brauchst. Also …“ Ihre Stimme zitterte ein wenig, als sie fortfuhr. „Hilf mir mit den Jungen, und ich stehe dir zwei Wochen lang zur Verfügung …“
„Nein. Nicht für zwei Wochen. Für den ganzen Sommer“, korrigierte er.
Erneut flog ein Schatten über ihr Gesicht. „Aber die Reise. Meine Reise …“
„Woran liegt dir nun mehr? An deiner Reise oder daran, den Jungen zu helfen?“
Mit zusammengepressten Lippen starrte sie ihn an. Sharif konnte förmlich sehen, wie es in ihr arbeitete. Er spürte ihre Enttäuschung und ihren Ärger, ebenso wie die Erkenntnis, dass nur er tun konnte, was sie verlangte.
„Du liebst doch Kinder“, fügte er leise hinzu. Überrascht stellte er fest, dass er ein bisschen Angst vor ihrer Entscheidung, vor ihrem möglichen Nein hatte … „Meine Kinder brauchen dich … ebenso sehr wie diese beiden.“
Immer noch blickte Jesslyn ihm forschend in die Augen und rang mit sich. Er sah es und spürte es. Sie vertraute ihm nicht. Dabei war sie es gewesen, die ihn betrogen und verlassen hatte – nicht umgekehrt.
Eigentlich wartete er noch immer auf eine Entschuldigung. Und vor allem auf eine Erklärung. Doch diese Erklärung würde er bekommen! Koste es, was es wolle …
Jesslyn fuhr sich mit der Zungenspitze über die Unterlippe. „Wenn ich dir also den Sommer über zur Verfügung stehe, wirst du mir doch helfen?“, vergewisserte sie sich noch einmal.
„Den ganzen Sommer“, stellte Sharif eindeutig klar.
Sie versuchte, ihr Unbehagen zu verbergen. Stattdessen schob sie energisch ihr Kinn vor. „Gut, dann haben wir also einen Deal?“
Er ließ seinen Blick über ihr Gesicht gleiten. „Du willst es also wirklich durchziehen?“ Er hielt inne und betrachtete sie. „Gut. Ich weiß zwar nicht, ob es fair ist – aber ich gehe den Deal ein.“
3. KAPITEL
Anderthalb Stunden später stand Sharif im Schatten von Will McInnes’ Elternhaus und lauschte fasziniert, wie der arme Will von Jesslyn die Strafpredigt seines Lebens zu hören bekam.
Hätte Sharif die Standpauke nicht selbst mit angehört, hätte er es nicht für möglich gehalten, dass Jesslyn überhaupt so streng sein konnte. Doch offensichtlich kannte er noch längst nicht alle Seiten dieser unglaublichen Frau. Unmissverständlich führte sie dem armen Will vor Augen, dass sie wusste, was er getan hatte und dass er in ziemlichen Schwierigkeiten steckte.
Nicht nur, dass sie die gestohlenen Unterlagen zurückforderte – und zwar unverzüglich –, nein, sie machte Will klar, dass er ab sofort sozusagen auf Bewährung war: Sollte er sich in der nächsten Zeit noch eine Verfehlung leisten, würde sie nicht zögern, zu tun, was getan werden musste. Und das bedeutete, dass sie seinen Vater doch noch über die Vorfälle informierte.
Zwanzig Minuten später stieg Jesslyn mit einem Stapel Papiere unter dem Arm zu Sharif in den Wagen. Sie reichte ihm die Unterlagen. „Hier, sie gehören dir. Mission erfolgreich beendet!“ Die Erleichterung in ihrer Stimme war nicht zu überhören.
„Du bist nicht sehr zartfühlend mit Will umgegangen“, stellte Sharif fest.
Jesslyn seufzte und fuhr sich mit der Hand über den verspannten Nacken. Ihr Kopf schmerzte fürchterlich. Dieser anstrengende Tag schien einfach kein Ende nehmen zu wollen. „Nein, das bin ich wirklich nicht. Ich war verärgert und enttäuscht, und das sollte er auch wissen.“
Einer der Bodyguards schloss die Wagentür hinter ihr.
„Hat er deshalb geweint, als er dir die gestohlenen Papiere überreichte?“
Sie schürzte die Lippen. „Nein. Er hat geweint, weil ich ihm angedroht habe, du würdest ihn ins Gefängnis werfen lassen, sollte er jemals wieder etwas so Dummes anstellen. Und ich habe ihn gefragt, was dann aus seiner Familie werden würde …“
Sharif hob die Brauen. „Das hast du nicht.“
„Und ob!“, versetzte Jesslyn, kräuselte die Nase und schien angestrengt nachzudenken. „War das so schlimm?“
„Nicht, wenn es ihn davon abhält, jemals wieder straffällig zu werden“, gab er zu.
„Das dachte ich auch.“ Damit wandte sie den Kopf und schaute aus dem Seitenfenster. Die schwere Limousine setzte sich in
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