Die Geliebte des Koenigs
ließ den Blick zu seinen markanten Wangenknochen und dem energischen Kinn wandern.
„Ganz fürchterliche sogar“, teilte sie ihm mit, ohne zu erwähnen, dass er der Anlass für ihre Anspannung war.
„Ein anständiges Dinner wird dir guttun. Ich glaube, unser Tisch ist bereits gedeckt.“
Sharif gab dem Maître ein Zeichen. Ihre Bedienung für den Abend trat sofort zu ihnen und führte sie zu einem Fenstertisch, von dem aus sie einen atemberaubenden Blick über die Stadt und die unzähligen beleuchteten Wolkenkratzer hatten.
Sharif orderte als Erstes eine Auswahl delikater Vorspeisen. „Iss …“, befahl er, als die ersten Platten serviert wurden. Mit einem auffordernden Blick schob er einen Teller mit würzigen Fleisch- und Fischhäppchen und eine Silberschale mit flachem, warmem Brot in Jesslyns Richtung. „Gleich wirst du dich besser fühlen.“
Doch unter seinen Augen entspannt zu essen, erwies sich für Jesslyn als unmöglich. Es kostete sie eine ungeheure Anstrengung, überhaupt einen Bissen herunterzubekommen. Schließlich gab sie entnervt auf.
Sharif runzelte die Stirn. „Du leidest doch nicht etwa unter einer dieser Essstörungen?“, fragte er besorgt und beobachtete, wie sie in ihrem Essen herumstocherte. „Soweit ich mich erinnere, hast du immer über einen ausgesprochen guten Appetit verfügt.“
Dankbar darüber, nicht länger so tun zu müssen, als würde sie ein entspanntes Dinner genießen, schob sie den Teller von sich. „Es war ein langer und harter Tag. Eigentlich wollte ich um diese Zeit im Flieger sitzen, stattdessen …“ Sie verstummte, sah Sharif über den Tisch hinweg an und schüttelte ganz leicht den Kopf. „Es ist alles noch so unwirklich für mich … und schwer zu akzeptieren.“
Allein darüber zu reden machte sie wütend. Sharif hätte ihr helfen können, ohne darauf zu bestehen, dass sie ihre Ferienpläne aufgab. Er hätte sie einfach ohne Gegenleistung unterstützen können.
„Du bist sauer, weil ich gewonnen habe“, stellte er lakonisch fest.
Jesslyn hob den Kopf und maß ihn mit einem langen, abschätzenden Blick. „Das ist es also für dich … ein Art Wettbewerb, ja? Oder sogar ein Kampf, wo es einen Sieger und einen Verlierer gibt?“
Er schenkte ihr ein kleines Lächeln – aber der harte Ausdruck in seinen Augen jagte ihr kalte Schauer über den Rücken.
„Hast du denn immer noch nicht gelernt, dass das ganze Leben ein Wettkampf ist?“ Seine Worte klangen mild, beinahe nachsichtig. „Im Leben folgt eine Schlacht auf die nächste. Und immer geht es nur um Macht und Kontrolle.“
„Ist es das, was du als König lernen musstest?“, fragte sie rau.
Sharif beugte sich so weit vor, dass sie seinen Atem auf ihrem Gesicht spüren konnte. „Das ist es, was ich als Mann lernen musste.“
Sie wusste nicht, ob es seine Worte oder sein bitterer Tonfall waren, die ihr mehr ins Herz schnitten. Nie zuvor hatte sie sich in seiner Gegenwart so … ängstlich, unruhig und gleichzeitig elektrisiert gefühlt. Aber bisher war er ja auch nie ihr Gegner gewesen – so wie jetzt.
Plötzlich war ihr unerträglich heiß.
Ihr Tisch war viel zu klein.
Der Raum war viel zu dunkel.
Die Atmosphäre war zu aufgeladen …
Zum Glück erschien in diesem Moment ihre Bedienung mit dem Hauptgang. Während er und zwei Helfer zahlreiche Platten, Schüsseln und Teller auf dem Tisch arrangierten, schwiegen Jesslyn und Sharif.
Gleich würde Sharif essen, und das würde ihr eine weitere Pause verschaffen, um sich zu sammeln … zumindest hoffte Jesslyn darauf.
Doch Sharif hatte anderes im Sinn. „Du legst vor“, sagte er in einem Tonfall, bei dem sie unwillkürlich die Lippen aufeinanderpresste.
„Warum? Stimmt irgendetwas mit deinen Händen nicht?“, erwiderte sie trocken.
Sharif hob eine Augenbraue. „Du weißt doch, dass es hierzulande üblich ist, dass die Männer von den Frauen bedient werden“, erinnerte er sie.
„Wenn sie in enger Beziehung zueinander stehen“, korrigierte sie. „Aber das trifft in unserem Fall nicht zu. Ich gehöre dir nicht, Sharif!“
„Aber du arbeitest für mich. Und als meine Angestellte gehört es sich, dass du mich bedienst.“
Angriffslustig blitzte sie ihn an. Ganz offensichtlich genießt er das hier, dachte sie. Er genoss es, Macht über sie zu haben. „Warum bist du heute überhaupt zu mir gekommen?“
„Weil ich deine Hilfe brauche.“
Nein, sagte Jesslyn sich, es steckt mehr dahinter. Sie spürte es genau, denn Sharif
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