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Die Geliebte des Piraten

Die Geliebte des Piraten

Titel: Die Geliebte des Piraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy J. Fetzer
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Eingeborenen und würden jedem, der ihnen das erste Mal begegnete, Angst einjagen, zum anderen konnten sie sich trotz ihrer Größe nahezu lautlos bewegen. Vazeen war besonders geschickt, und von seinem Standort aus beobachtete Raiden den schlanken Hindu, der sich wie eine Spinne durch die Bäume und das Dickicht bewegte und jede der grasgedeckte Hütten nach dem Gefangenen absuchte.
    Die Dorfbewohner feierten, und Raiden wünschte, er könnte ihre Sprache besser verstehen. Sie war der Inakas nicht unähnlich, hatte aber einen entschieden arabisch anmutenden Klang. Raiden zog sich tiefer ins Unterholz zurück. Das Mahl, das die Kannibalen in der Morgendämmerung einnahmen, war das rituelle Fest, das vor einem Angriff begangen wurde. Bei Inakas Stamm gab es einen ähnlichen Brauch. Raiden betete, dass es nicht die Renegade war, die angegriffen werden sollte. Und dass es nicht der Junge war, den sie gerade aßen.
    Sein Magen zog sich zusammen, wenn er daran dachte, wie viel Angst Mason haben musste. Unfähig zu sprechen und zu verstehen. Raiden hatte seinen Männern eingeschärft, besonders auf das Weinen eines Kindes zu achten. Jetzt hielt es ihn nicht länger auf seinem Beobachtungsposten. Er umrundete das Dorf und traf mit Vazeen und Balthasar zusammen, die nichts gefunden hatten. Hatte Raiden sich geirrt? Hatte er die Wortbrocken, die er aufgeschnappt hatte, fehlgedeutet?
    Mit dem Fernrohr suchte er das Dorf ab, das offene Areal, auf dem der Rat des Stammes sich beriet, auf dem Riten zelebriert wurden und Opferungen stattfanden. Um ein großes Freudenfeuer tanzten Männer und Frauen, die fast nackt waren, denn Palmenblätter und Lendenschurze aus Bastfasern verdeckten wenig. Hohe, schmale Trommeln standen auf der gegenüberliegenden Seite des Platzes in einer langen Reihe nebeneinander, auf denen junge Männer den monotonen Rhythmus schlugen, der vom Wind davongetragen wurde und ihren Feinden Angst machen sollte.
    Der beißende Geruch von brennendem Muskat erfüllte die Luft und stach Raiden in der Nase. Wenn die East India- Leute das sehen könnten, dachte er, als er auf die ausgedehnten Muskatbaumwälder schaute, die das Dorf umgaben.
    Er richtete das Fernrohr auf die Stelle, an der er Vazeen zuletzt gesehen hatte. Balthasars Gestalt verschmolz fast mit der Vegetation, seine dunkle Haut und die Tätowierungen gaben ihm etwas Geisterhaftes. Raidens Blick verharrte auf einem jungen Eingeborenen, der ein großes, mit Früchten gefülltes Blatt trug. Nachdenklich schob Raiden das Fernrohr zusammen, dann richtete er sich auf und folgte dem Eingeborenen. Er gab seinen Männern ein Zeichen, sich ihm anzuschließen. Es war schwierig, mit dem jungen Kannibalen Schritt zu halten, denn jedes Knacken eines Zweiges konnte den ganzen Stamm alarmieren. Raiden gelang zu dem Schluss, dass sie ein Ablenkungsmanöver brauchten. Er nahm das Pulverhorn in die Hand und ging zu Balthasar, um ihm seinen Plan zu erklären. Sein nächstes Ziel war ein schmaler Trampelpfad, der in den Dschungel führte und dem er bis ans Ende folgte. Vor Jahren hatte Inaka ihn in einer Grube gefangen gehalten, die mit einer gitterartigen Klappe verschlossen gewesen war. Diese Grube war nichts als ein Erdloch gewesen, das sich während des Monsuns mit Regenwasser gefüllt hatte und in das die Schlangen gekrochen kamen, um seine Wärme zu suchen. Jede Stunde war ein Kampf gewesen, bis zum nächsten Sonnenaufgang zu überleben. Raiden hielt es für denkbar, dass diese Kannibalen mit ihren Gefangenen ähnlich verfuhren und sie ebenfalls in ein Erdloch sperrten.
    Gebe Gott, dass sie das dem Jungen nicht angetan hatten!
     
    »Esst etwas, Mylady.« Perth bot ihr einen Streifen getrocknetes Rindfleisch und Schiffszwieback an.
    »Ich kann nicht.« Mit dem Rücken gegen einen Baum gelehnt, saß Willa auf dem Boden. Sie wandte den Kopf und starrte in die Dunkelheit. Sie hörte nichts außer dem Dröhnen der Trommeln. Der monotone Rhythmus verursachte ihr bohrende Kopfschmerzen und zerrte an ihren Nerven, die so gespannt waren wie die Saiten einer Violine. In ihren Augen brannten die Tränen, die sie mit aller Macht zurückdrängte. Alles, was sie liebte, war in diesem Dschungel und hoffentlich in jenem Dorf.
    »Habe ich Euch eigentlich dafür gedankt, dass Ihr Raidens Leben gerettet habt?«, fragte sie unvermutet und sah Perth an.
    »Ihr meint dafür, dass ich ein Loch durch Euren Ehemann gepustet habe?«
    Willa zuckte bei diesen Worten zusammen. »Nun, ja. Dafür

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