Die Geliebte des Piraten
erfüllte. Gebadet und satt gegessen schlummerte das Paar friedlich, und vom Waschzuber, in dem Raiden saß, glitt sein Blick zuerst über Mason, den man in ein Paar sauberer, hastig geänderter Hosen gesteckt hatte, und dann über Willa. Sie trug ein dünnes Batistnachthemd, das sie in eine Wolke aus cremigem Weiß einhüllte, und sie sah ganz und gar nicht wie die Frau aus, die im Dschungel zur Eingeborenen geworden war, wie die Verführerin, die ihn am Wasserfall geliebt hatte. Weich und verlockend sah sie aus, der zarte Stoff betonte ihren Körper, ließ die sanften Hügel ihrer Brüste und die gerundeten Formen ihrer Hüften ahnen. Der Geschmack ihrer Lippen, das Gefühl ihrer Haut an seinem Körper, ihre Hingabe, all das klang in ihm nach, und er wollte Willa in den Arm nehmen und festhalten, doch er wusste, dass Mason nicht bereit war, sie zu teilen.
Es war Raiden in dem Augenblick klar geworden, als er in die Kabine gekommen war. Mason hatte auf dem Bett gesessen, während Willa gebadet und mit dem Kind gesprochen hatte. Mason hatte nur mit einem Lächeln oder dem Hervorstoßen unverständlicher Laute geantwortet, in seinem Gesicht hatte sich nicht begreifende Leere widergespiegelt. Doch in dem Augenblick, als Raiden auf Willa zugegangen war, war das Kind vom Bett aufgesprungen und hatte sich beschützend vor sie gestellt. Willa hatte ihrem Sohn erklärt, wer Raiden war, dass sie ihn liebte und dass er geholfen hatte, ihn zu suchen und zu befreien, doch ihre Worte schienen Mason nicht zu erreichen.
Noch bevor Willa sich entschuldigen konnte, hatte Raiden verstanden, dass der Junge Zeit mit seiner Mutter brauchte, Zeit, die ihn nicht einschloss. Er beneidete den Jungen, denn Willa war liebevoll und geduldig und bereit, alles für ihren Sohn zu opfern. Eine solche Liebe hatte Raiden niemals gekannt. Doch er wusste um deren Macht, denn auch er liebte Mason. Selbst wenn das Kind Angst vor ihm hatte, selbst wenn es jetzt eine Barriere zwischen ihm und der Frau war, die er liebte. Er liebte diesen kleinen Jungen aus dem einfachen Grund, weil er Willas Kind war. Die Zuneigung, die er sofort zu ihm gefasst hatte, und die Bitte, Geduld mit ihm zu haben, ließen Raidens Gedanken in die Vergangenheit gleiten, zu einem vor tödlichem Entsetzen verzerrten Gesicht und der eigenen ohnmächtigen Gewissheit, es nicht daraus vertreiben zu können.
Raiden strich sich das nasse Haar zurück und presste die Hände um seinen Schädel, um diese Gedanken in die Kammer seiner Erinnerung zurückzudrängen. Er wollte deren Qual nicht spüren, wollte nicht, dass sich der Hass und die Hoffnungslosigkeit erhoben. Nicht jetzt. Er wollte diesen Frieden genießen, ehe Ehre und Pflicht ihn fortführten. Er spülte sich ab und stieg aus dem Zuber. Nachdem er sich abgetrocknet und frische Kleidung angezogen hatte, setzte er sich an seinen Schreibtisch. Von hier aus konnte er auf Willa und den Jungen und auf den hellen Nachmittag draußen vor den Fenstern schauen. Er legte die nackten Füße auf den Tisch, bediente sich an Obst und warmem, frischem Brot und trank Wein. In seiner Zigarrenkiste fand er noch einen Stumpen, den er anzündete und, den Kopf in den Nacken gelegt, genüsslich rauchte und Ringe in die Luft blies.
Es gab noch ein paar Dinge, die er zu Ende bringen musste. Eines davon war, diesen Hundesohn zur Rede zu stellen, der sie fast ihrer aller Leben gekostet hatte. Doch er entschied, dass es keine Eile hatte. Der Bastard würde ihm nicht entkommen.
Sein Blick glitt zum Bett, und er sah, dass Willa ihn beobachtete. Das Lächeln, das sich langsam auf ihrem Gesicht ausbreitete, war so strahlend, dass es ihn entflammte. Und diese Flamme loderte heller auf, als Willa sich von Mason löste und aus dem Bett schlüpfte. Sie blieb einen Moment lang stehen, um den Jungen zuzudecken, ihm die Hand auf die Stirn zu legen und ihm die Wange zu streicheln. Sie setzte sich nicht auf ihren Lieblingsplatz auf die Bank, sondern schob Raidens Füße vom Tisch und kletterte auf seinen Schoß. Raiden seufzte und schlang die Arme um sie.
»Glücklich?«, fragte er und vergrub die Nase in ihrem Haar.
»Unbeschreiblich.« Sie wiegte sich ein wenig hin und her, dann neigte sie den Kopf, um ihn anzusehen. »Ich liebe dich.«
Raiden drückte sie. »Ich liebe dich auch, meine kleine Füchsin.«
»Glaubst du, Mason könnte sich auf den Inseln irgendetwas zugezogen haben? Er scheint nicht krank zu sein, auch wenn es der Arzt in Kedah gesagt
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