Die Geliebte des Piraten
– oh, es war entsetzlich! Ihr seid ein abscheuliches mörderisches Ungeheuer!« Bei jedem ihrer Worte schlug sie mit den Fäusten auf seinen Rücken ein.
Unbeeindruckt davon lief er weiter.
»Lasst mich herunter! Raiden! «
»Jetzt ist nicht die Zeit für wehleidiges Gejammere, Willa.«
»Gejammere?! Ich werde Euch zeigen, was –!«
Er versetzte ihr einen Hieb aufs Hinterteil. Sie keuchte vor Wut und trat ziellos um sich, erreichte aber nichts damit. »Bis jetzt habt Ihr mir nur gezeigt, dass Ihr immer dort anzutreffen seid, wo Ihr nichts zu suchen habt, und das bin ich jetzt leid.« Er legte die Hand auf ihren Po. Willa verstand die Warnung und schenkte ihr klugerweise sofort Beachtung.
Lautes Rufen war hinter ihnen zu hören, während er mit weit ausholenden Schritten weiterlief, als wäre ihm Luzifer höchstpersönlich auf den Fersen. Die Umgebung huschte an Willa vorbei, und sie schloss die Augen. Jeder seiner Schritte trieb ihr den Atem aus den Lungen. Ihr Kopf fühlte sich an, als wollte er explodieren, und als sie den süßen Duft von Gras und Bäumen roch, dachte sie, sie wären in Sicherheit. Er stellte sie unsanft auf die Füße, schwang sich auf ein Pferd und beugte sich herunter, um Willa um die Taille zu fassen und zu sich hochzuziehen.
»Ihr könnt auch mit dem Gesicht nach unten reiten«, sagte er, als sie sich wehrte, »oder es mit Euren Verfolgern aufnehmen. Ganz wie Ihr wollt!«
Als sie sich umwandte, sah sie ein gutes Dutzend Soldaten zu ihren Pferden laufen, drei von ihnen hatten die Verfolgung bereits aufgenommen, mit gezogener Waffe. »Grundgütiger Himmel, mit Euch hat man nichts als Ärger«, murrte Willa. Kurzentschlossen ließ sie sich von ihm aufs Pferd ziehen, setzte sich rittlings auf das Tier und zog die Röcke über die Beine, während Raiden dem Pferd die Hacken in die Flanken drückte.
Tief über den Hals des Tieres gebeugt, ritten sie in gestrecktem Galopp in den Dschungel. Raiden zog seinen Säbel und schlug ihnen einen Weg durch die dichte Vegetation, ehe die Zweige und Äste Willa ins Gesicht schlugen.
Sie tastete nach ihrem Messer, das in ihrem eng sitzenden Mieder verborgen war, doch sofort legte er seine Hand auf ihre und schob sie fort. Er ließ die Hand in ihren Ausschnitt gleiten und spürte, wie Willa sich bei dieser Berührung anspannte. Ganz leicht strich er mit den Fingerspitzen über ihre zarte Haut, ehe er das zusammengeklappte Messer aus dem Mieder hervorzog. »Verbergt Ihr noch mehr, was ich für Euch suchen soll?«
»Nein.«
»Ihr seid gefährlich, Frau.« Er steckte das Messer in seine Weste.
Willa war noch zu verwirrt vom Eindruck seiner Berührung, um schlagfertig antworten zu können.
»Euren Namen, Willa.«
Sie zögerte. Sein Arm umfasste ihre Taille fester, nahm ihr den Atem. »Delaney.« Sie nannte ihren Mädchennamen ohne zu zögern und versetzte ihm einen Stoß mit dem Ellenbogen. »Mrs Delaney.« Sie spürte, dass er sich anspannte. Sie wollte ihn ebenfalls nach seinem Namen fragen, vermutete jedoch, dass er ihn ihr nicht sagen würde.
»Welcher Ehemann erlaubt es seiner Frau, ohne Begleitung eine Kaschemme aufzusuchen und während der Dämmerung auf dem Marktplatz herumzuspazieren?« In seiner Frage klang Wut mit.
»Ein toter.«
Raiden schwieg für einen Augenblick. Sein Säbel verharrte sekundenlang in der Luft, ehe er ihn niedersausen ließ, um eine Bresche in das Dickicht zu schlagen.
Eine Welle der Scham überflutete Willa. Diese beiden Worte waren der Beginn einer neuerlichen Lüge. Ihr Familienstand ging ihn nichts an, hatte keine Bedeutung für diesen Wettkampf, den sie sich lieferten. Schließlich ging es nicht darum, den Grundstein für eine dauerhafte Beziehung zu legen … zwischen ihr und diesem Barbaren. Ab der Sekunde, in der die Gefahr vorüber war, würde sie nichts mehr mit ihm zu tun haben. Wobei sie argwöhnte, dass er einer verheirateten Frau gegenüber wenig Ehrgefühl an den Tag legen würde, sollte er sie mit in sein Bett nehmen wollen. Überdies wollte sie vermeiden, dass er erfuhr, dass ihr Mann ein Peer war. Nicht, um Alistar zu schützen, sondern aus zwei Gründen, die ihr dies ratsam erschienen ließen. Sollte Raiden sie entführen und gegen ein Lösegeld freilassen wollen, wäre es unerträglich demütigend, wenn Alistar sich weigern würde, für sie zu zahlen. Vorausgesetzt, Raiden würde überhaupt Alistars Aufenthaltsort ausfindig machen können. Zum anderen befürchtete Willa, dass er sie als
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