Die Geliebte des Piraten
davor gewarnt, ihr zu nahe zu kommen. Es ist gut, dass sie mich daran erinnert, dachte er und stieß einen langen Atemzug aus. Dann bückte er sich und hob das Schwert vom Boden auf, um es an die Wand zurückzuhängen. Allmächtiger, aber sie war wirklich unglaublich verwegen. Die Waffe auf einen Mann zu richten, der zweimal so groß und mindestens zehnmal bösartiger war. »Versucht, niemanden zu erstechen, solange Ihr an Bord seid, Lady.«
»Würdet Ihr mich freilassen, hätten wir diese Komplikationen nicht mehr.« Sein Blick nahm ihr alle Hoffnung, und entschlossen ging Willa zu dem Badestuhl und suchte ihre heruntergefallenen Kleidungstücke zusammen. »Ich werde keine Ruhe geben und Euch immer wieder bitten, das verspreche ich Euch.«
»Ich freue mich darauf, von Euch nicht in Ruhe gelassen zu werden, Mädchen«, erwiderte er. »Jabari, wie ich sehe, hast du Mistress Delaney bereits kennen gelernt.« Der Junge verbeugte sich, und Willa erwiderte sein Lächeln, als sie einen tiefen Knicks vor ihm machte, was in dem Badetuch höchst entzückend aussah. »Du wirst ihr alles bringen, was sie braucht. Und das wird als Erstes gleich morgen früh etwas Passendes zum Anziehen sein«, sagte Raiden. Er war nicht in der Lage, den Blick von Willa abzuwenden. »Frag deswegen bei Mr Dysart nach.«
»Aber – Captain?« Jabari zögerte und reichte Willa ein Tuch für ihr Haar.
Raiden runzelte die Stirn. »Was ist, Junge?«
»Ihr solltet nicht hier bleiben. Ganz allein mit ihr.«
Willa lächelte in sich hinein. Sie und Jabari hatten sich gerade miteinander angefreundet, als dieser Flegel Balthasar in die Kabine stolziert gekommen war und sich erdreistet hatte, sie zu betatschen. Jabari war dazwischengegangen und hatte versucht sie zu beschützen. Willa fragte sich, was dem Jungen widerfahren sein mochte, dass er hier an Bord lebte. Ein Kind in seinem Alter sollte am Strand herumtollen, nach Muscheln suchen und Fische fangen.
»So könnte man es sehen, Bürschchen.« Raidens Blick heftete sich auf Willa. »Aber ich werde hier bleiben. Und jetzt hinaus mit dir.« Er gab Jabari einen Wink.
Der Blick des Jungen wanderte zwischen Raiden und Willa hin und her. Willa dachte, dass seine großen schönen Augen für sein unschuldiges Gesicht viel zu wissend wirkten, und sie las die Besorgnis darin. »Mir wird nichts geschehen, Jabari«, versicherte sie ihm.
Raiden presste die Lippen zusammen, als der Junge nach den Eimern griff und zögernd die Kabine verließ. »Ihr habt ihn verhext«, warf Raiden ihr vor und erkannte selbst, wie lächerlich seine Worte klangen.
Willa wickelte sich ein Handtuch um das nasse Haar. »Nicht mehr, als ich Euch behext habe, scheint mir.«
Irgendetwas hat sie mit mir gemacht, dachte er, denn noch nie hatte er für eine Frau, die so anstrengend war wie Willa, so viel empfunden. Schon gar nicht für eine, die sein Leben, sein Schicksal in ihren Händen hielt.
»Ich brauche nichts anderes anzuziehen.« Sie hob den Sari vom Boden auf und ging auf den Wandschirm zu. »Er reicht völlig.«
»Nein, er ist schmutzig und riecht nach der Stiefelwichse, mit der Ihr Euch das Haar geschwärzt habt.«
Sie war überrascht, dass Raiden das wusste, und als er zu der Truhe am Fußende des Bettes ging und deren Deckel zurückklappte, trat Willa neugierig ein Stück näher. Er zog ein weißes Hemd heraus und hielt es ihr hin.
»Das ist viel zu kurz und bei weitem zu dünn, um noch anständig zu sein.« Es würde ihr kaum bis über die Knie reichen.
»Ich hatte meine Hand unter Eurem Rock, kleiner Rotfuchs«, neckte er sie. Seine Stimme klang heiser, und Willa sah ihn aus großen Augen an. »Jetzt noch irgendetwas vor mir verstecken zu wollen, ist ja wohl unnötig.«
Tiefe Röte überzog ihre Wangen. »Ihr seid ein unerträglicher Schuft.« Sie schnappte sich das Hemd und legte es fein säuberlich in die Truhe zurück, ehe sie selbst nach einem geeigneten Kleidungsstück suchte.
Die Arme vor der Brust verschränkt, lehnte sich Raiden gegen den Bettpfosten. Ein Lächeln lag auf seinem Gesicht. »Bedient Euch nur nach Herzenslust, Mylady.«
Sie ignorierte ihn und zog ein langes blaues Gewand aus der Truhe. »Das dürfte passen.« Sie verschwand hinter dem Wandschirm, den Jabari um den Badezuber aufgestellt hatte, und ließ das Tuch fallen.
In Raiden spannte sich jeder Muskel an. Hinter dem Wandschirm aus kunstvoll geschnitztem Holz war Willas Körper nicht mehr als eine vage Vision. Er ahnte ihre Bewegungen
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