Die Geliebte des Rebellen
AnnaClaire spürte, wie sie sich verkrampfte. “Wollt Ihr etwa eine Tür-zu-Tür-Suche beginnen?”
“Nur im äußersten Notfall. Ich glaube aber, dass es eine einfachere Lösung gibt.”
“Und die wäre?” erkundigte sich Lady Thornly.
“Wir setzen Kopfgelder aus, besonders auf den Anführer der Bande, und zwar so hoch, dass selbst die Iren kaum standhaft bleiben können. Schließlich leidet mindestens die Hälfte dieser Bauern Hunger, und die Aussicht auf eine königliche Belohnung sollte zumindest einigen von ihnen ein paar Auskünfte wert sein.”
Dunstan schaute in die Runde. Offenbar genoss er es über alle Maßen, wie die Anwesenden förmlich an seinen Lippen hingen. “Wir müssen lediglich einige dieser Ratten ausfindig machen und sie öffentlich hinrichten lassen. Damit machen wir deutlich, was es heißt, die Befehle Ihrer Majestät zu missachten. Der Rest ihrer Anhänger wird so große Angst bekommen, dass sie nicht einmal mehr ihren eigenen Söhnen und Brüdern Unterschlupf gewähren werden.”
“Ich bewundere starke Männer”, erklärte Lady Thornly und schaute von Dunstan zu AnnaClaire. “Geht es Euch ebenso, meine Liebe?”
Diese wählte ihre Worte mit Bedacht. “Stärke ist sicherlich etwas, was jeder von uns für eine bewundernswerte Eigenschaft hält. Aber ich denke auch, dass die Willenskraft des irischen Volkes nicht zu unterschätzen ist.”
“Ihr glaubt also nicht, dass viel Geld diese Menschen dazu verleiten könnte, uns einen der ihren auszuliefern?”
“Ich weiß es nicht. Vielleicht gibt es den einen oder anderen Iren, dem das Wort Treue nichts bedeutet.”
“Genau darauf vertraue ich”, rief Dunstan erregt aus. “Ich brauche nur eine einzige Person, die mir ein kleines Geheimnis zuflüstert, und dann gehört der Blackhearted O’Neil mir.”
“Hoffentlich behaltet Ihr recht.” Lord Davis gähnte hinter vorgehaltener Hand. Er, Lord Dunstan und AnnaClaire hatten bereits den größten Teil des Tages auf Lady Thornlys Anwesen verbracht und auch das Abendessen hier eingenommen. “Wenn Ihr Erfolg habt, wird Euch die Königin überaus dankbar sein.”
“Wer weiß”, sinnierte Lady Thornly, “ob Euch die Königin in ihrer Dankbarkeit nicht sogar zum Ritter schlagen und zum Herrn über ein ganzes Land machen wird.”
“Das wäre durchaus möglich.” Dunstan nickte heftig. “Und da würde ich Irland als eine folgerichtige Belohnung ansehen. Trotz der ausgeprägten Armut hier gibt es doch auch ganz exquisite Landstriche und einige atemberaubende Landsitze.”
Lord Davis sah AnnaClaire an, die eigentümlich blass wirkte. “Du bist sehr still, mein Kind. Bis du müde?”
“Ein wenig.”
“Dann werden wir umgehend aufbrechen.” Der alte Herr erhob sich und ging zu ihr hinüber.
AnnaClaire bedachte ihn mit einem dankbaren Lächeln, als sie seine ausgestreckte Hand ergriff.
Es gelang ihr, die freundliche Miene auf der langen Heimfahrt beizubehalten, obwohl ihr das Zusammensein mit Lord Dunstan von Minute zu Minute unerträglicher vorkam. Sie seufzte kaum hörbar auf, als sie schließlich vor dem Portal von Clay Court standen.
“Gute Nacht, Mylady. Habt Dank für einen wunderbaren Tag. Darf ich Euch morgen wieder meine Aufwartung machen?”
“Gute Nacht, Lord Dunstan. Nein, leider werde ich morgen fast den ganzen Tag unterwegs sein.”
“Ich verstehe.” Er warf ihr ein vielsagendes Lächeln zu. “Ihr wisst, dass jede Weigerung oder Absage Eurerseits mein Verlangen nach Euch nur weiter anstachelt, nicht wahr? Also, wie steht es mit übermorgen?”
Bevor AnnaClaire etwas erwidern konnte, schüttelte er den Kopf. “Nein, nein, Mylady, Ihr braucht Euch jetzt nicht zu entscheiden. Ich werde morgen meinen Kutscher schicken, der Eure Antwort einholen und mir überbringen wird.”
In ihren Gemächern traf AnnaClaire auf Glinna, die bereits auf sie gewartet hatte. So blieb ihr nichts anderes übrig, als sich von dem Mädchen bei der Toilette für die Nacht helfen zu lassen.
“Bridget sagt, sie würde Euch ein Tablett mit einem Nachttrunk und ein wenig Gebäck bringen, wenn Ihr es wünscht”, sagte die Zofe, als AnnaClaire in ihrem Bett lag.
Sie stimmte zu, und kurze Zeit später trat Bridget in das Schlafgemach. “Während Eurer Abwesenheit habe ich mich um unseren Gast gekümmert”, erklärte die Hauswirtschafterin.
“Vielen Dank, Bridget. Und wie geht es ihm?”
“Wie allen Männern, wenn sie auf dem Wege der Besserung sind. Er ist gereizt,
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