Die Geliebte des Rebellen
schulden. Früher oder später werde ich schon eine Person finden, die mir hilft, eine Audienz bei der Königin zu bekommen.”
“Das hat bereits jemand getan.” AnnaClaire griff nach seiner Hand und drückte sie fest. Trotz ihrer Erschöpfung brachte sie ein bezauberndes Lächeln zustande. “Auch wenn mein Vater enttäuscht und wütend ist, so bleibe ich doch sein Kind, das er über alles liebt. Ich musste all meine Überredungskünste aufbieten, doch schließlich war er damit einverstanden, uns morgen mitzunehmen.”
“Mitzunehmen? Wohin?”
“Nach Greenwich, Conor.” Sie gab ihm einen leichten Kuss auf die Wange. “Um der Königin unser Anliegen vorzutragen.”
“Oh Mylady, ich hatte schon Angst, Ihr würdet heute Nacht überhaupt nicht mehr zu Bett gehen.” Velia war über dem Warten auf AnnaClaire beinahe eingeschlafen.
“Schlaf ist unwichtig, Velia”, entgegnete diese. “Jetzt zählt nur noch, wie wir es schaffen, Rory aus diesem schrecklichen Gefängnis herauszuholen.”
“Habt Ihr ihn also gesehen?”
“Ja.” AnnaClaire versuchte, die Bilder zu verdrängen, die vor ihrem inneren Auge auftauchten. “Ich muss schon im Morgengrauen wieder aufstehen.”
“So früh, Mylady? Warum denn das?”
“Conor und ich müssen nochmal durchsprechen, wie wir in Greenwich vorgehen wollen, bevor wir uns auf den Weg zum Palast machen.”
“Greenwich Palace?” Die Zofe schlug sich vor Ehrfurcht eine Hand vor den Mund. “Ihr werdet die Königin sehen?”
“Ja.” AnnaClaire schmiegte sich unter die Decken und sah zu, wie Velia das Kerzenlicht löschte. In der Dunkelheit flüsterte das Mädchen: “Wie bereitet man sich auf so einen großartigen Moment in seinem Leben vor, Mylady?”
AnnaClaire spürte die Beklemmung, die auch durch das mutigste Auftreten nicht vertrieben werden konnte. “Man kann nur noch beten.”
“Dann werde ich genau das tun, Mylady. Für die Familie O’Neil und für die Königin, damit sie Eurer Anliegen mit Wohlwollen behandeln möge. Gute Nacht Mylady.”
Sobald AnnaClaire allein war, ließ sie den Tränen, die sie sich unter Aufbietung aller Selbstbeherrschung tagsüber versagt hatte, freien Lauf. Sie hatte unbeschreibliche Angst vor dem, was der nächste Morgen bringen mochte.
Elizabeth, die willensstarke Königin, von der behauptet wurde, dass sie so unnachgiebig sein konnte wie ihr Vater, hielt das Schicksal von Rory und seiner Familie, ja sogar das Schicksal ganz Irlands, in Händen.
19. KAPITEL
“Was wir jetzt vor uns sehen, das ist das Schloss von Greenwich.” AnnaClaire beobachtete die Mienen von Conor und Innis, als die Kutsche jetzt die lange, gewundene Auffahrt hinauffuhr.
Die königliche Flagge war gehisst, das äußere Zeichen für jedermann, dass sich die Monarchin in dieser Residenz aufhielt. Lange Reihen von Wachsoldaten legten zusätzlich Zeugnis ab von der Anwesenheit der Königin.
“Warum braucht sie so viele Soldaten?” wollte Innis wissen. Seine Stimme klang ein wenig unsicher, aber bisher verhielt sich der Junge sehr tapfer. Er hatte darauf bestanden, mit AnnaClaire und ihrem Vater sowie Conor nach Greenwich zu fahren, und AnnaClaire fiel wieder ein, dass er sich ja selbst zu ihrem Beschützer ernannt hatte.
“Sie gehören zur persönlichen Wache Ihrer Majestät”, erläuterte sie. “Es ist ihre Aufgabe, sie jederzeit zu beschützen und zu verteidigen gegen jede mögliche Gefahr.”
Lord Thompson warf einen verstohlenen Blick auf den jungen Mann, der neben seiner Tochter saß. Obwohl er bisher nur wenige Worte mit Conor O’Neil gewechselt hatte, war ihm sofort klar gewesen, dass dieser ein gebildeter Mann war, der seine Worte überaus gut zu gebrauchen wusste. “Habt Ihr Euch schon überlegt, was Ihr der Königin sagen wollt?”
“Ja”, entgegnete Conor einsilbig.
James Thompson wartete noch einen Moment, ob dieser wohl noch weitersprechen würde. Als Conor jedoch schwieg, wandte sich Lord Thompson an AnnaClaire und flüsterte: “Glaubst du, es war eine gute Idee, den Jungen mitzunehmen?”
“Conor und ich wussten nicht, wie wir Innis den Wunsch hätten abschlagen sollen. Wenn wir ihm befohlen hätten, zu Hause zu bleiben, hätte er schlichtweg eine Möglichkeit gefunden, uns zu überlisten. Er wäre dann irgendwann einfach bei Hofe aufgetaucht. Auf diese Weise haben wir ihn wenigstens etwas unter Kontrolle und können sicherstellen, dass er nicht bei Rory im Kerker landet.”
“So also erziehen die Iren ihre jungen
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