Die Geliebte des Rebellen
zahlen.”
“Ja, Vater. Aber sie muss unbedingt wissen, was ich gehört habe. Tilden hat zu Rory …”
“Kein einziges Wort, hörst du?” unterbrach er sie im Flüsterton und sprach nicht weiter, denn soeben trat die Königin, gefolgt von ihren engsten Beratern, ein.
AnnaClaires Entschlossenheit geriet ins Wanken, als sie sah, dass unter den Männern, mit denen die Königin sich umgab, auch Lord Dunstan war.
Sie nahm von einem livrierten Diener einen Becher mit Ale entgegen und ließ sich in einen Sessel sinken. Schweigend betrachtete sie AnnaClaire.
Diese spürte, wie ihr Herz vor Aufregung klopfte. Sie durfte nichts sagen, solange die Königin nicht die Erlaubnis dazu erteilte.
Endlich ergriff Elizabeth das Wort. “Lord Lynley Dunstan hat mir erzählt, dass Ihr von diesem irischen Rebellen gegen Euren Willen von Eurem Zuhause fortgebracht wurdet. Wie kommt es, dass Ihr Euch jetzt auf die Seite des Bruders stellt, um Rory O’Neils Leben zu retten?”
“Weil ich die Erfahrung gemacht habe, dass er ein guter Mann ist, Eure Majestät. Er stammt aus einer ehrenhaften, noblen Familie und musste den Verlust der Frau hinnehmen, die er …” AnnaClaires Stimme bebte verräterisch. Sie fasste sich jedoch wieder und vollendete den Satz: “… die er liebte.”
Elizabeth musterte AnnaClaire äußerst eindringlich. Verwirrt runzelte die Königin jetzt die Stirn und machte dann eine Handbewegung zu den Anwesenden. “Lasst uns allein. Ich möchte unter vier Augen mit der jungen Dame sprechen.”
Die Männer schauten einander verblüfft an und gingen dann, einer nach dem anderen, aus dem Raum. Lord Thompson und Lynley Dunstan gingen zuletzt, nicht ohne AnnaClaire jedoch zuvor jeweils einen sehr langen, durchdringenden Blick zuzuwerfen.
Nachdem sie allein waren, schritt die Königin zu dem offenen Kamin, in dem ein kleines Feuer flackerte. Sie drehte AnnaClaire den Rücken zu und sah lange gedankenverloren in die Flammen. “Ihr liebt diesen irischen Rebellen also.” Es war keine Frage, sondern eine Feststellung.
Überrascht suchte AnnaClaire nach Worten, konnte aber dann doch nur “Ja, Eure Majestät” hervorbringen.
Die Monarchin wandte sich um. Ihre Augen glitzerten eigenartig. “Es ist nicht immer einfach, eine Frau zu sein”, meinte sie. “Manchmal vertrauen wir zu sehr unserem Herzen. Und in solchen Zeiten sind wir schwach und verletzlich. Dann brauchen wir jemand, der für uns stark ist und uns davon abhält, Fehler zu begehen.”
“Majestät …”
“Habe ich Euch erlaubt zu sprechen?”
AnnaClaire biss sich auf die Lippe und neigte den Kopf.
“Ich habe mein Herz einige Male verloren”, fuhr Elizabeth fort. “Doch ich war stets weise genug, zu erkennen, dass nichts Gutes dabei herauskommen würde. Es muss mir reichen, meinen Leidenschaften hier und da zu frönen. Oh ja, es gibt viele Leute, die mich drängen, doch endlich zu heiraten.”
Die Königin lachte freudlos auf. “Es gibt Menschen, die wünschen, ich würde den Thron und die Macht mit jemandem teilen, mit einem Ehemann, dessen Wünschen ich mich beugen würde. Aber diese Leute kennen mich nicht.” Sie hob den Kopf. “Ich bin Elizabeth, Königin von England, Schottland und Irland. Kein Mann, ich wiederhole: Kein Mann wird mich jemals seinem Willen unterwerfen.”
“Aber, Majestät …”
Die blauen Augen wirkten kalt. “Ihr werdet vielleicht eine Weile leiden, AnnaClaire, doch eines Tages werdet Ihr mir dankbar sein für meine Entscheidung. Ich beabsichtige, Euch vor Eurer eigenen Torheit zu schützen. Hört auf mit dem Gerede von der Liebe zu dem Blackhearted O’Neil. Er ist einer englischen Dame nicht würdig.”
Sie setzte den leeren Trinkbecher ab und zog an einem Klingelstrang. “Ich werde das irische Problem mit meinen Ratgebern erörtern. Und dann werde ich mir diesen Conor O’Neil kommen lassen, diesen hübschen Burschen, der so wunderbar zu reden versteht.” Beinahe wie im Selbstgespräch fügte sie hinzu: “Vielleicht werde ich ihn sogar hier am Hof behalten, solange er es schafft, mich amüsant zu unterhalten.”
AnnaClaire fühlte sich wie gelähmt. Die Tür wurde geöffnet, und Lord Dunstan trat, zusammen mit den anderen Höflingen und Beratern, ein. James Thompson suchte den Blick seiner Tochter. Ihre Augen waren unnatürlich aufgerissen, und aus den Wangen war alle Farbe gewichen. Lord Thompson wusste, dass AnnaClaire gerade eine überaus schmerzliche Mitteilung hatte hinnehmen müssen.
Er umfasste
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