Die Geliebte des Sonnenkönigs (German Edition)
der Wahl des Klosters, in dem sie ihre Tage beschließen wollte. Von vornherein schaltete sie jedes aus, das durch die Freiheit der Bewegung, den Luxus des Lebens, den es bot, nichts anderes als eine Stätte weltlicher Zurückgezogenheit bedeutete.
Sie war der Halbheit müde. Sie dachte über den Herbst ihres Daseins, wie sie über seine Frühlingsblüte gedacht: In der Liebe hatte sie nur die Liebe gesucht, in der Buße suchte sie nichts als die strengste Abgeschlossenheit der Klosterzelle.
Louise hatte in Gedanken das Kapuzinerkloster erwogen, bald darauf aber wieder verworfen. Es gab nur eines für sie, den strengsten Frauenorden Frankreichs, die Karmeliterinnen. Die unbeugsamen Regeln dieses düsteren Klosters, die andauernden Gebete, die fortgesetzten Geißelungen, das Schweigen des Todes, das hinter den vermauerten Fenstern der Rue d'Enfer brütete, dünkten Louise von La Vallière das einzig erstrebenswerte Ziel.
Wie aber den Weg in dieses Kloster finden? Die Karmeliterinnen nahmen keinen auf, der weltmüde nach einem Leben voller Verirrungen kam. Die Regel besagte, dass sich die Klosterpforte niemandem öffnete, dessen Dasein mit Schande bedeckt war, der nur danach trachtete, seinen üblen Ruf zwischen Klostermauern zu begraben.
Seltsames Wechselspiel des Lebens! Louises Beziehungen zum König, die ihr alle Tore geöffnet hatten, verschlossen ihr das Tor, hinter dem sie ihre letzte Zuflucht suchte! Sie musste jemanden finden, der von ihrer aufrichtigen Reue überzeugt, für sie bat.
Lange grübelte sie. Dann erinnerte sie sich eines Hauses, in dem sie in ihrer Verlassenheit echte Freundschaft, wahren Trost gefunden hatte — des Hauses und der Freundschaft des Maréchal von Bellefonds. Der Marschall hatte ihr oft von den Karmeliterinnen gesprochen. Louise besann sich, dass er eine Tante, Judith de Bellefonds — im Kloster Mère Agnès de Jésus genannt — bei den Karmeliterinnen hatte.
Der Marschall musste helfen um jeden Preis. Sie eilte zu ihm, sie öffnete ihm ihre ganze Seele. Er fühlte mit ihr. Er war von ihrer aufrichtigen Reue überzeugt, aber er wollte die Verantwortung nicht allein tragen, dieses junge schöne Geschöpf, das eine so hervorragende Rolle am Hofe Frankreichs gespielt hatte, hinter Klostermauern zu begraben. Ein so unabhängiger und gerader Charakter Bellefonds war — noch stand des Königs Schatten hinter Louise von La Vallière!
Er versuchte es damit, der Herzogin das Leben bei den Karmeliterinnen in seinen abschreckendsten und finstersten Farben zu malen. Vergebens! Immer wieder versicherte sie ihm, das Kloster sei ihr kein Schrecknis, sondern eine Erlösung, ein Refugium, das sie vor dem Anblick ihrer triumphierenden Rivalin schütze, das ihr die Bilder der Vergangenheit rein erhalte ... Sie flehte zu ihm mit aufgehobenen Händen.
„Sorgen Sie nicht um mich, Marschall! Wenn ich im Kloster leiden sollte, brauche ich nur an das zu denken, was Menschen mir während meines Erdenlebens zugefügt haben, und keine Buße und keine Entbehrung wird mir hart erscheinen!”
Bellefonds sah ein, er konnte sie nicht ohne Hoffnung gehen lassen. Er riet ihr, mit Bossuet zu sprechen, der das volle Vertrauen des Königs besaß, dem er die Erziehung des Dauphins anvertraut hatte.
Bossuet, ein Mann von eminentem Wissen und glänzender Beredsamkeit, hatte in den Jahren, seit er von Metz an den Hof Louis' XIV. gerufen wurde, Gelegenheit gehabt, die Menschen dieses Hofes zu studieren, ihre Schwächen zu beobachten, ihre Übertreibungen und Exaltationen auf das richtige Maß zurückzuführen. Sein durchdringender Geist verstand es meisterlich, die Spreu vom Weizen zu unterscheiden.
Unvergessen, auch von Louise von La Vallière, war Bossuets hinreißende Rede am Sarge Henriette von Englands. Wenn es möglich gewesen, wäre Bossuets Einfluss nach dieser Rede am Hofe Louis' XIV. noch gewachsen.
Obwohl der Geistliche nicht müde wurde, die Heiligkeit der Ehe als ein unantastbares Gut der katholischen Kirche zu verkünden, die Doktrin aufzustellen, dass die christliche Ehe einer Kirche im Kleinen gleiche und das Saatkorn bilde, aus der die himmlische Kirche sich entwickle, hatte das stumm getragene Leid Louise von La Vallières sein Herz schon lange gerührt, bevor sie zu ihm kam, ihm ihre bußfertige Seele zu erschließen. Eine besondere Sympathie für die Herzogin hatte die Königin ihm eingeflößt. Wenige verstanden wie Marie Thérèse das Martyrium, zu dem der König die einstige Geliebte
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