Die Geliebte des Sonnenkönigs (German Edition)
verdammt hatte.
Als sie nun zu ihm kam und er aus jedem ihrer Worte, aus jeder ihrer Mienen den festen Entschluss ersah, den Schleier zu nehmen, den Rest ihres Lebens Gott zu weihen, gab er ihr ohne weiteres das Versprechen, diese Entschließung zu unterstützen. Doch riet er zur Mäßigung ihrer drängenden Gefühle, empfahl ihr eine Bedenkzeit, bat sie, nichts zu übereilen.
Vor allem erschien es Bossuet richtig, den König zunächst von dem Entschluss der Herzogin zu verständigen. Dazu brauchte es Zeit. Louis XIV. hatte Saint-Germain am 1. Mai verlassen, um sich nach Holland zu begeben. Die Königin und Frau von Montespan waren in seiner Begleitung. Die Nachricht von der Eroberung von Maastricht hatte Frankreich schon erreicht. Augenblicklich war der König auf dem Weg nach Straßburg. So galt es sich zu gedulden.
Auch die wenigen Getreuen, die Louise geblieben waren, baten sie, bevor sie das Gelübde ablegte, als Pensionärin in einen weniger strengen Orden als den der Karmeliterinnen einzutreten. Sie warnten einmütig vor diesem grausamsten Nonnenkloster der Monarchie, mit seinen fast unerträglichen Körperqualen, seinen Entbehrungen, seinen Nachtwachen, seinen Geißelungen, seinen Eisenketten.
„Bedenken Sie, Herzogin”, sagte ihr Frau von Scarron — die trotz ihrer Beziehungen zur Montespan aufrichtiges Interesse an Louise nahm —, „dass Sie jetzt Seide und Juwelen tragen und Ihr zarter Körper im Kloster in rauen Wollstoff gehüllt sein wird, dass Sie heute auf schwellenden Kissen schlafen und dort ein bretterhartes Lager Sie erwartet.”
Louise lächelte sanft. Ihre Gedanken wanderten zu einer kleinen geheimen Zelle in ihrem üppigen Palais nahe den Tuilerien.
„Ich schlafe schon seit längerer Zeit bretterhart, meine liebe Frau von Scarron; ich trage ein härenes Hemd und unterwerfe mich schon heute freiwillig der Strenge der Karmeliterregeln.”
Inzwischen hatte Bellefonds, durch Bossuet von dem unwandelbaren Entschluss der Herzogin unterrichtet, mit den Karmeliterinnen verhandelt. Es war nicht leicht, Louise von La Vallière das Wort zu reden.
Die Oberin, Mère Claire du Saint-Sacrement, fürchtete, dass der einstigen Maitresse des Königs die Intrige, ja möglichenfalls der offene Skandal auf den Fersen folgen könne und den Gottesfrieden des Klosters stören. Wusste doch niemand in Frankreich, was er sich von dem unheilvollen Einfluss der Montespan zu gewärtigen hatte!
Am Ende aber erreichte es der tapfere und ehrliche Mann, die Zweifel der Oberin zu beseitigen, die für die Person Louise von La Vallières im Grund eine gewisse Sympathie empfand. Der Marschall erhielt ihr Wort, dass der aufrichtig Büßenden aufgetan werde, sobald sie anklopfe.
Als Bellefonds der Herzogin diese Botschaft sandte, schrieb sie ihm enthusiastisch zurück:
„Sie haben mir eine große Freude bereitet, Marschall, indem Sie mich versichern, dass meiner Aufnahme nichts im Weg steht, sobald ich mich aller weltlichen Bande entledigt haben werde. Endlich bin ich so weit, in vollen Zügen das Glück zu genießen, Gott ohne jeden Nebengedanken lieben zu können. Die Stunden scheinen mir Jahrhunderten gleich. In jedem Augenblick entzündet mich Gott mit seiner Liebe so stark, dass ich an keine anderen Freuden mehr zu denken vermag als an die Hoffnung, ohne jeden Vorbehalt Gottes zu sein. Trotz der Größe meiner Fehler, die mir in jedem Moment vor Augen stehen, hat diese Liebe zu Gott einen größeren Anteil an meinem Opfer als die Pflicht, Buße zu tun.”
Der Marschall hielt diesen Brief lange sinnend in der Hand. Ganz Louise von La Vallière, ganz das zärtliche impulsive Geschöpf, das es immer gewesen, dachte Bellefonds.
Heute sehnt sie sich danach, sich in die Arme Gottes zu werfen, wie sie sich einst in die Arme des Königs geworfen hat — einzig um der Liebe willen!
Trotzdem Louise zähe an dem Gedanken hing, auch die Prüfungszeit, die ihr Bossuet auferlegt, ganz den Vorbereitungen für das Kloster zu weihen, konnte sie sich nicht allen gesellschaftlichen Pflichten entziehen, umso weniger, da der König nach seiner Rückkehr entweder wirklich noch nicht wusste, dass Louises Abschied von der Welt nahe bevorstand, oder nichts zu wissen vorgab. Sooft ihre fragenden Blicke ihn auch streiften, sein Antlitz blieb unbewegt, ein verschlossenes Buch — selbst für die, die einst jede Regung seiner Seele in diesem Antlitz gelesen hatte.
Inmitten der Feste, die der König, oder vielmehr die Montespan, für
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