Die Geliebte des Zeitreisenden
schwere Handschuhe, und dann warf sie sich den warmen Mantel über, der hier immer auf sie wartete. Danach eilte sie hämmernden Herzens mit einem Laken nach draußen.
Während Merlin von seinem Platz auf einem Vorsprung oberhalb des Nestes zusah, breitete sie das Laken auf dem Schnee neben Lucan aus und rollte dann seinen Körper darauf. Für sie als Drachin war sein Gewicht zwar unbedeutend gewesen, doch in ihrer menschlichen Gestalt hatte sie Schwierigkeiten damit, seinen muskulösen männlichen Körper zu bewegen. Sie betete, er möge noch leben, und stellte beängstigt fest, dass sie keinerlei Bewusstsein mehr in ihm spürte. Rasch zog sie ihn ins Innere des Nestes.
Während der kurzen Zeit im Freien hatte ihr Fleisch von der bitteren Kälte beinahe Frostbeulen bekommen. Lucans Körpertemperatur war sogar noch niedriger als ihre eigene, was sowohl von seiner im Schnee verbrachten Zeit als auch vom Flug in großer Höhe herrührte. Sie betete, diese Unterkühlung möge keine bleibenden Schäden verursacht haben.
Doch die niedrige Temperatur schien nur zu seinem Vorteil gewesen zu sein. Die Eiseskälte hatte ihm vermutlich sogar das Leben gerettet, doch jetzt, da er sich aufwärmte, schwebte er in großer Gefahr. Das kalte Blut floss aus den Fingern und Zehen zu den Organen, und dieser plötzliche Temperaturunterschied war durchaus in der Lage, einen Herzstillstand hervorzurufen.
Für sein Herz vermochte sie nichts zu tun, aber sie konnte den Blutfluss aus seinen Wunden stillen.
Cael krümmte sich innerlich zusammen, als sie die tiefen und gewiss schmerzhaften Wunden in seiner schönen Brust und den breiten Schultern entdeckte. Aber sie unterdrückte das Weibliche in sich und konzentrierte sich ganz auf ihr Wesen als Heilerin. Jetzt war nicht die Zeit, sich der Verzweiflung anheimzugeben oder darüber nachzudenken, ob sie einen tödlichen Fehler begangen hatte, indem sie hierher geflogen war. Wenn sie ihn retten wollte, musste sie all ihr Sinnen auf ihre medizinischen Fähigkeiten richten.
Nachdem sie ihn in die Haupthöhle gezogen hatte, die auf natürliche Weise durch vulkanische Quellen geheizt wurde, zog sie ihre Stiefel und Handschuhe aus und schnitt ihm die Kleidung vom Körper. Die schartige und hässlich aussehende Wunde an seiner Schulter schien die schlimmste zu sein. Aufgrund des starken Blutverlustes vermutete sie eine angeschnittene Arterie. Hier oben verfügte sie über keinerlei chirurgische Gerätschaften und konnte nicht operieren. Ihr blieb nur die Hoffnung, dass er sich von selbst erholte und die Metallteile den Körper wieder verlassen hatten, ohne an den Organen Schäden anzurichten. Sie säuberte und verätzte das zerfetzte Fleisch und bedeckte die Wunde am Hals mit einem Verband. Die Schnitte an den Schultern und am Bein vernähte sie. Wenn sein Herz stehen blieb oder er schwere innere Blutungen hatte, würde er gewiss nicht überleben.
Während all ihrer Bemühungen regte er sich nicht. Sein Puls war weiter schwach und die Haut weiß. Während sie sich um seine Wunden kümmerte, zuckten ihr Bilder durch den Kopf - wie Lucan ihre Hand gehalten und wie er sie leidenschaftlich geküsst hatte, bevor sie durch den Müllschacht gerutscht war.
Lebe. Verdammt, leb doch!
Als sie mit ihrer Behandlung fertig war, tastete sie erneut nach seinem Puls. Obwohl die äußeren Blutungen gestillt waren, hatte er schon zu viel Blut verloren. Sein Atem ging weiterhin flach, die Haut war teigig und kalt. Aber er zitterte nicht - was doch die Methode des Körpers war, sich selbst zu erwärmen -, und dies betrachtete Cael als ein sehr schlechtes Zeichen.
Als sie seine Lider hochschob, um die Pupillen zu überprüfen, reagierte er nicht.
Er lag im Sterben.
Diese Erkenntnis zerschmetterte sie, verschlang sie geradezu. Sie unterdrückte einen Schrei der Angst, krümmte sich zusammen und wurde von der Gewissheit gequält, dass sie ihn in diesem Augenblick verlor.
Er benötigte Blut. Und das einzige Blut hier war ihres.
Aber sie hatte Drachenblut in den Adern, das war heiliges Blut, eine genetische Anomalie. Sowohl Brauch als auch Gesetz verboten ihr, dieses Blut weiterzugeben.
Gewiss war es ganz falsch, ihm ihr Blut zu schenken.
Aber er hatte den Tod nicht verdient. Voller Qual ging sie in die Hocke und fühlte sich, als risse ihr jemand die beiden Herzen aus der Brust. Unbedingt musste sie alles in ihrer Macht Stehende für ihn tun.
Es ist trotzdem falsch.
Erneut überprüfte sie seinen Puls. Er war
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