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Die Geliehene Zeit

Titel: Die Geliehene Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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wurde nicht erwähnt. Dennoch tauchte ein James Fraser in zahlreichen Heeresberichten, Memoranden und anderen Quellen auf. Wenn es sich dabei um ein und dieselbe Person handelte, mußte er während des Feldzugs überall seine Finger im Spiel gehabt haben. Doch solange Roger nur den Namen »James Fraser« kannte, wußte er nicht, ob es sich um denjenigen aus Broch Tuarach handelte, denn der Vorname James war in den Highlands ebenso häufig wie Duncan oder Robert. Nur in einem Dokument wurde James Fraser mit seinem mittleren Namen aufgeführt, der die Identifikation erleichtert hätte, aber darin fanden wiederum seine Männer keine Erwähnung.
    Roger zuckte die Achseln und wischte gereizt einen Schwarm
blutrünstiger Mücken beiseite, der urplötzlich aufgetaucht war. All diese Quellen systematisch zu sichten würde Jahre dauern. Um die Mücken loszuwerden, tauchte er in die biergeschwängerte Dunkelheit des Dorfkrugs ein.
    Erfrischt von dem kühlen, bitteren Ale, ging er in Gedanken noch einmal seine letzten Schritte durch und überlegte sich die nächsten. Für heute blieb ihm noch genug Zeit, nach Fort William zu fahren, obwohl er dann erst spät in der Nacht nach Inverness zurückkehren würde. Und wenn er in dem dortigen Museum nicht fündig wurde, war die ironische, aber logische Konsequenz, daß er sich das Archiv des Reverend vornahm.
    Und anschließend? Er leerte sein Glas mit einem kräftigen Zug und gab dem Wirt ein Zeichen, ihm noch eins zu bringen. Nun, wenn es hart auf hart kommen würde, blieb ihm nichts anderes übrig, als jeden Totenacker und Kirchhof in der Umgebung von Broch Tuarach abzuklappern. Allerdings würden die beiden Randalls wohl kaum die nächsten zwei, drei Jahre in Inverness bleiben, um das Ergebnis abzuwarten.
    Er tastete in seiner Jackentasche nach dem Notizbuch, dem ständigen Begleiter eines Historikers. Bevor er Broch Mordha verließ, sollte er wenigstens noch einen Blick auf die Überreste des dortigen Kirchhofs werfen. Man wußte nie, was man dort finden würde, und außerdem brauchte er dann nicht noch einmal herzufahren.
     
    Am folgenden Nachmittag kamen die Randalls auf Rogers Einladung hin zum Tee, um sich seinen Zwischenbericht anzuhören.
    »Einige Namen von Ihrer Liste konnte ich aufspüren«, erklärte er Claire, während er die beiden in die Bibliothek führte. »Aber seltsamerweise habe ich keinen gefunden, der in Culloden gefallen ist. Zunächst mußte ich es von drei Männern annehmen, aber das waren dann doch nur Namensvettern.« Wie erstarrt hörte Claire Randall ihm zu. Sie hielt die Lehne des Ohrensessels mit der Hand umklammert, als hätte sie Zeit und Raum vergessen.
    »Äh, möchten Sie sich nicht setzen?« forderte Roger sie auf. Ein Ruck ging durch ihren Körper, bevor sie nickte und sich auf die Kante des Sessels sinken ließ. Roger musterte sie noch einen Augenblick lang neugierig, holte dann den Aktendeckel mit seinen Notizen heraus und reichte ihn ihr.
    »Wie ich sagte, habe ich bisher noch nicht alle Namen finden
können. Wahrscheinlich muß ich sämtliche Taufregister und Friedhöfe in der Gegend von Broch Tuarach durchkämmen. Die meisten dieser Dokumente stammen aus den Unterlagen meines Vaters. Aber nichts deutet darauf hin, daß einer von ihnen gefallen ist, obwohl sie in Culloden und zudem, wie Sie sagten, im Regiment der Frasers gekämpft haben, das sich mitten im Schlachtgetümmel befand.«
    »Ich weiß.« Der Klang ihrer Stimme ließ ihn aufblicken, doch weil sie sich über den Schreibtisch beugte, konnte er ihr Gesicht nicht sehen. Bei den meisten Papieren handelte es sich um Rogers handschriftliche Kopien, da solch exotische Geräte wie Fotokopierer noch nicht in das Regierungsarchiv vorgedrungen waren, das die Stuart-Dokumente aufbewahrte. Aber es gab auch Originale, die er der Sammlung des Reverend entnommen hatte. Claire blätterte die Seiten mit spitzen Fingern um.
    »Sie haben recht; es ist wirklich seltsam.« Jetzt konnte er aus ihrer Stimme deutlich etwas heraushören - eine innere Erregung, gemischt mit Befriedigung und sogar Erleichterung. Offensichtlich hatte sie es erwartet - oder erhofft.
    »Sagen Sie...« Sie zögerte. »Die Namen, die Sie gefunden haben... Was ist aus den Männern geworden, wenn sie nicht in Culloden gefallen sind?«
    Roger war zwar überrascht, daß ihr so viel daran lag, doch gehorsam zog er den Aktendeckel zu sich heran und schlug ihn auf. »Zwei von ihnen haben sich kurz nach der Schlacht von Culloden nach

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