Die Geliehene Zeit
Bemerkung nicht aus der Ruhe bringen.
»Das ist schon in Ordnung. Alle Jungen veranstalten mal Mistschlachten.«
»Wirklich?« Ich drehte mich um und warf einen prüfenden Blick auf St. Germain, der in makelloses Weiß gekleidet war. Eben beugte er sich höflich vor, um den Worten der Duchesse zu lauschen, während sie über den strohbedeckten Hof trippelten.
»Du vielleicht«, fuhr ich fort. »Aber er nicht. Und der Bischof bestimmt auch nicht.« Inzwischen fragte ich mich auch, ob es richtig war, daß ich selbst an dem Ausflug teilnahm. Bei den schweren Percherons war Jamie in seinem Element; offensichtlich hatte er den Herzog beeindruckt, und das war gut so. Aber seit der Kutschfahrt schmerzte mein Rücken erbärmlich, und meine engen Lederschuhe trugen auch nicht gerade zu meinem Wohlbefinden bei.
Jamie lächelte mich an und drückte meine Hand, die auf seinem Arm lag.
»Dauert nicht mehr lange, Sassenach. Der Führer will uns noch die Zuchtställe zeigen, und dann können du und die anderen Damen sich zum Essen setzen, während die Männer herumstehen und derbe Witze über die Größe ihrer Schwänze reißen.«
»Ist das die übliche Reaktion, wenn man Pferde bei der Paarung beobachtet?« fragte ich fasziniert.
»Bei Männern schon. Ich weiß nicht, was es bei Damen bewirkt. Halt die Ohren offen, dann kannst du es mir später erzählen.«
Tatsächlich hatte eine unterdrückte Erregung von den Ausflüglern Besitz ergriffen, die sich nun alle in den ziemlich engen Zuchtstall drängten. Ebenso wie die anderen Gebäude war er aus Stein, es gab jedoch keine durch Trennwände abgeteilten Boxen, sondern einen kleinen eingezäunten Laufstall, der seitlich von geschlossenen Boxen gesäumt wurde. An der Rückseite befand sich eine Art
Laufsteg, von dem aus Tore geöffnet werden konnten, um jeweils ein Pferd herauszulassen.
Dank der riesigen unverglasten Fenster an den Schmalseiten war das Gebäude sehr hell und luftig. Ich sah mehrere imposante Percheron-Stuten draußen grasen. Ein paar von ihnen wirkten unruhig, fielen kurz in einen wiegenden Galopp, dann wieder in Trab oder Schritt, schüttelten Kopf und Mähne und gaben ein hohes Wiehern von sich. Daraufhin drang ein aufgeregter, nasaler Schrei aus einer der Boxen am Ende des Stalls, und die hölzerne Trennwand erzitterte unter einem heftigen Tritt des eingeschlossenen Tieres.
» Er ist soweit«, murmelte eine Stimme hinter mir. »Ich frage mich nur, welches Fräulein er beglücken wird?«
»Die Stute neben dem Tor«, meinte die Duchesse, wie immer zum Wetten aufgelegt. »Fünf Livres auf sie.«
»Aber nein, Sie irren, meine Liebe, sie ist zu ruhig. Es wird die Kleine sein, dort unter dem Apfelbaum, die so kokett die Augen verdreht. Sehen Sie, wie sie den Kopf herumwirft? Auf die setze ich.«
Die Stuten hatten beim Schrei des Hengstes innegehalten, witternd die Nasen gehoben und nervös mit den Ohren gezuckt. Die unruhigeren unter ihnen schüttelten den Kopf und wieherten. Eine reckte den Hals und ließ einen langgezogenen, hohen Ruf ertönen.
»Diese«, sagte Jamie ruhig und nickte in ihre Richtung. »Hören Sie, wie sie ihn ruft?«
»Und was sagt sie, mein Herr?« fragte der Bischof mit funkelnden Augen.
Jamie schüttelte feierlich den Kopf.
»Es ist ein Lied, Bischof, aber eines, für das Angehörige des geistlichen Standes taub sind - oder sein sollten«, erklärte er unter stürmischem Gelächter.
Die Stute, die gerufen hatte, war tatsächlich die Auserwählte. Sobald sie im Stall war, blieb sie stehen, hob den Kopf und schnupperte mit geblähten Nüstern. Der Hengst konnte ihre Witterung aufnehmen. Seine Schreie hallten gespenstisch vom Dach wider, so daß jedes weitere Gespräch unmöglich war.
Jäh stürmte der Hengst aus seiner Box heraus und auf die angebundene Stute zu, so daß alle Zuschauer zurückwichen. Staubwolken wirbelten auf, als die gewaltigen Hufe auf den festgetretenen
Schmutz des Laufstalls trommelten, und Speichel tropfte ihm aus dem offenen Maul. Der Stallbursche, der die Box geöffnet hatte, sprang beiseite, ein Nichts gegen die wilde Pracht, die er losgelassen hatte.
Die Stute bäumte sich auf und wieherte aufgeregt, aber dann war er auf ihr, und seine Zähne verbissen sich in der kräftigen Rundung ihres Halses, bis sie unterwürfig den Kopf neigte. Ihr üppiger Schwanz stellte sich auf, so daß sie nackt seiner Lust preisgegeben war.
»Jesus« , wisperte Monsieur Prudhomme.
Es war schnell vorbei, wenngleich es von
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