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Die Geliehene Zeit

Titel: Die Geliehene Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Vermutlich wollte er sich Geld leihen. In letzter Zeit hatte Fergus von seinen Beutezügen eine Menge ungeduldiger Briefe von Schneidern, Schuhmachern und anderen Gläubigern mitgebracht.
    Charles lächelte - ein überraschend charmantes Lächeln.
    »Ich weiß. Ich kann nicht mit Worten ausdrücken, wie hoch ich die treuen Dienste Ihres Gemahls schätze. In der desolaten Lage, in der ich mich befinde, wärmt mir der Anblick meines ergebenen Untertanen das Herz.«
    »Oh?«
    »Was ich erbitten will, ist nicht schwer zu erfüllen«, versicherte er mir. »Es geht nur darum, daß ich eine kleine Investition gemacht habe - eine Schiffsladung Portwein.«
    »Wirklich?« sagte ich. »Wie interessant.« Murtagh war am Morgen nach Lissabon aufgebrochen, die Fläschchen mit Nesselsaft und Färberwurzel in der Tasche.
    »Es ist eine unbedeutende Angelegenheit.« Mit einer großartigen Handbewegung tat Charles die Unternehmung ab, in die er jeden Pfennig, den er hatte borgen können, investiert hatte. »Aber ich habe den Wunsch, daß mein Freund James es auf sich nimmt, sich um die Fracht zu kümmern, sobald sie eintrifft. Es ziemt sich nicht«, bei diesen Worten straffte er die Schultern und hob unbewußt ein wenig die Nase, »wenn eine Person meines Standes als Kaufmann auftritt.«
    »Ja, ich verstehe, Hoheit«, entgegnete ich und biß mir auf die Lippen. Ich fragte mich, ob er seinem Geschäftspartner St. Germain diesen Standpunkt ebenfalls klargemacht hatte - denn dieser betrachtete den jungen Thronprätendenten zweifellos als Person von geringerem Ansehen als den gesamten französischen Adel, und der stürzte sich ohne Skrupel ins Geschäftsleben, sobald sich eine Gewinnchance bot.
    »Habt Ihr diese Investition ganz allein getätigt, Hoheit?« fragte ich unschuldig.
    Er runzelte leicht die Stirn. »Nein, ich habe einen Partner. Aber er ist Franzose. Viel lieber würde ich die weitere Abwicklung des Geschäfts in die Hände eines Landsmanns legen. Außerdem«, fügte er nachdenklich hinzu, »habe ich gehört, daß mein lieber James ein überaus gerissener, fähiger Kaufmann ist. Vielleicht ist er in der Lage, den Wert meiner Investition durch einen umsichtigen Verkauf zu steigern.«

    Ich wußte nicht, wer Charles von Jamies Fähigkeiten erzählt hatte, aber der Betreffende hatte es offenbar versäumt, ihm mitzuteilen, daß es wohl in ganz Paris keinen Weinhändler gab, den St. Germain weniger schätzte. Doch wenn alles wie geplant funktionierte, spielte das kaum eine Rolle. Und wenn nicht, dann löste St. Germain wahrscheinlich alle unsere Probleme, indem er Charles Stuart strangulierte, sobald er herausfand, daß dieser seinen verhaßtesten Rivalen mit dem Verkauf der einen Hälfte seines exklusiven Portweins beauftragt hatte.
    »Ich bin sicher, mein Gatte wird sein Bestes tun, die Waren Eurer Hoheit zum größtmöglichen Nutzen aller Beteiligten zu veräußern«, antwortete ich wahrheitsgemäß.
    Seine Hoheit dankte mir huldvoll, wie es sich für einen Prinzen ziemte, der die Dienste eines treuen Untertanen in Anspruch nahm. Er verbeugte sich, küßte mir höflich die Hand und verabschiedete sich unter zahlreichen Dankesbezeugungen. Magnus schloß, noch immer verstimmt und gänzlich unbeeindruckt, die Tür hinter ihm.
    Jamie kam erst nach Hause, als ich schon schlief, aber beim Frühstück erzählte ich ihm von Charles’ Besuch und seinem Anliegen.
    »Ob Seine Hoheit es wohl dem Comte erzählen wird?« bemerkte Jamie. Nachdem er seinen verdauungsfördernden Haferbrei gelöffelt hatte, widmete er sich einem französischen Frühstück, bestehend aus dampfender Schokolade und Brötchen mit Butter. Beim Gedanken an die Reaktion des Comte verzog er den Mund zu einem breiten Grinsen.
    »Ich frage mich, ob es Majestätsbeleidigung ist, wenn man einen Prinzen im Exil mit den Fäusten bearbeitet? Wenn nicht, hoffe ich, daß Seine Hoheit Sheridan oder Balhaldy bei sich hat, wenn St. Germain davon erfährt.«
    Weitere Mutmaßungen in diese Richtung wurden abgeschnitten, da in der Halle plötzlich Stimmen laut wurden. Dann erschien Magnus in der Tür. Auf seinem Silbertablett lag ein Brief.
    »Verzeihung, Monsieur«, sagte er mit einer Verbeugung. »Der Bote, der das gebracht hat, verlangt mit höchster Dringlichkeit, daß Ihnen die Nachricht sofort übergeben wird.«
    Stirnrunzelnd nahm Jamie den Brief vom Tablett, riß ihn auf und las.
    »Der Teufel soll ihn holen!« rief er ärgerlich.

    »Was ist los? Es kann doch noch nicht von

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