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Die Geliehene Zeit

Titel: Die Geliehene Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Herrn von Broch Tuarach zu beleidigen - er stand im Dienste... eines englischen Adligen von einiger Bedeutung.«
    Sandringham. Mein Herz zog sich zusammen.
    »Dieser Adlige führt - nun sagen wir, gewisse Verhandlungen, durch die er Anspruch auf etwas Rücksichtnahme hat.« Das Lächeln auf seinen schmalen Lippen betonte den gebieterischen Schwung der Nase. »Und dieser Edelmann interessiert sich für das Duell zwischen Ihrem Gatten und dem englischen Hauptmann. Ich fürchte, er hat überaus nachdrücklich gefordert, daß Ihrem Gemahl die Höchststrafe für dieses Vergehen auferlegt wird, Madame.«
    Verdammter Mist, dachte ich, Natürlich - Jamie hatte es abgelehnt, sich durch eine Begnadigung bestechen zu lassen; gab es da einen besseren Weg, ihn an seinem »Kampf« für die Stuarts zu hindern, als ihn für einige Jahre in der Bastille verschwinden zu lassen? Sicher, unauffällig und kostengünstig, eine Methode, die dem Herzog gefallen mußte.
    Andererseits beugte sich Louis nach wie vor schweratmend über meine Hand, woraus ich schloß, daß noch nicht alles verloren war. Wenn er meinem Ersuchen nicht nachkam, konnte er wohl kaum erwarten, daß ich mit ihm ins Bett ging - und wenn er das doch tat, stand ihm eine böse Überraschung ins Haus.
    Ich wappnete mich für einen zweiten Anlauf.
    »Empfangen Eure Majestät Befehle von den Engländern?« fragte ich verwegen.
    Entsetzt riß Ludwig die Augen auf. Als er verstand, was ich damit bezweckte, lächelte er gequält. Offenbar hatte ich einen wunden Punkt berührt. Mit einem leichten Schulterzucken rückte er das Bewußtsein der Macht zurecht wie einen unsichtbaren Mantel.
    »Nein, Madame, das ist nicht der Fall«, entgegnete er trocken. »Allerdings ziehe ich... verschiedene Faktoren in Betracht.« Die
schweren Lider senkten sich für einen Moment, aber er hielt meine Hand weiter fest.
    »Ich habe gehört, daß sich Ihr Gemahl für die Angelegenheiten meines Cousins interessiert«, sagte er.
    »Eure Majestät sind wohlinformiert«, erwiderte ich höflich. »Und daher werdet Ihr auch wissen, daß mein Gemahl die Wiedereinsetzung der Stuarts auf den Thron von Schottland nicht unterstützt.« Ich hoffte inständig, daß er eben dies hören wollte.
    Offenbar hatte ich richtig getippt. Er lächelte, hob meine Hand an die Lippen und küßte sie.
    »Aha? Ich hatte... widersprüchliche Berichte über Ihren Gatten gehört.«
    Ich atmete tief durch und widerstand dem Impuls, ihm meine Hand zu entziehen.
    »Nun ja, es ist eine geschäftliche Angelegenheit.« Ich versuchte, so sachlich wie möglich zu sprechen. »Der Cousin meines Gatten, Jared Fraser, ist überzeugter Jakobit. Jamie - mein Gemahl - kann seine wahren Ansichten natürlich nicht öffentlich aussprechen, solange er Jareds Partner ist.« Da ich sah, wie sich seine Zweifel zerstreuten, beeilte ich mich weiterzusprechen. »Fragt Monsieur Duverney«, schlug ich vor. »Er weiß, auf welcher Seite mein Gatte wirklich steht.«
    »Das habe ich bereits getan.« Louis schwieg eine lange Weile, während er seine plumpen Finger betrachtete, die feine Kreise über meinen Handrücken zogen.
    »So blaß«, murmelte er. »So zart. Ich meine, das Blut unter Ihrer Haut fließen zu sehen.«
    Dann ließ er meine Hand los und sah mich an. Ich verstand mich darauf, im Gesicht eines Menschen zu lesen, aber Louis wirkte völlig undurchschaubar. Plötzlich wurde mir klar, daß er seit seinem fünften Lebensjahr König war. Die Fähigkeit, seine Gedanken zu verbergen, gehörte ebenso zu ihm wie seine Bourbonennase und seine schläfrigen, braunen Augen.
    Dieser Gedanke zog andere nach sich, die mich frösteln ließen. Louis war König. Die Bürger von Paris würden sich erst in gut vierzig Jahren gegen Louis’ Nachfolger erheben. Bis zu diesem Tage übte der Monarch die absolute Herrschaft über Frankreich aus. Ein Wort von Louis konnte Jamie auf freien Fuß setzen - oder töten. Mit mir konnte er machen, was er wollte, ich hatte keinerlei Handhabe.
Er brauchte nur zu nicken, und die Schatzkammern Frankreichs würden das Gold ausspucken, mit dessen Hilfe Charles Stuart wie ein tödlicher Blitz ins Herz von Schottland vorstoßen konnte.
    Er war König. Er würde tun, was ihm beliebte. Und ich beobachtete seine braunen, nachdenklichen Augen und wartete zitternd, welche Entscheidung der König zu treffen geruhte.
    »Sagen Sie mir, ma chère Madame«, sagte er schließlich, »wenn ich Ihre Bitte erfülle und ihren Gatten freilasse...« Er

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