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Die Geliehene Zeit

Titel: Die Geliehene Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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hielt inne und dachte nach.
    »Ja?«
    »Er würde Frankreich verlassen müssen«, sagte Louis und zog wie zur Warnung seine buschigen Brauen hoch. »Das wäre eine Bedingung für seine Freilassung.«
    »Ich verstehe.« Ich hatte das Gefühl, daß mein wild hämmerndes Herz seine Worte übertönte. Daß Jamie Frankreich verlassen sollte, war schließlich der Punkt, um den es ging. »Aber er wurde aus Schottland verbannt...«
    »Ich denke, das läßt sich regeln.«
    Ich zögerte, aber mir blieb keine andere Wahl, als um Jamies willen zuzustimmen. »Einverstanden.«
    »Gut.« Der König nickte erfreut. Dann sah er mich wieder an, seine Augen ruhten auf meinem Gesicht, glitten über meinen Hals, meine Brüste, meinen Körper. »Als Gegenleistung möchte ich einen kleinen Dienst von Ihnen erbitten, Madame«, sagte er leise.
    Ich sah ihm einen Augenblick lang direkt in die Augen. Dann senkte ich den Kopf. »Ich stehe Eurer Majestät zur Verfügung.«
    »Ah.« Er erhob sich und warf den Morgenmantel ab, der achtlos auf der Lehne des Sessels liegenblieb. Er lächelte und streckte mir die Hand entgegen. »Très bien, ma chère. Dann kommen Sie mit mir.«
    Ich schloß kurz die Augen und hoffte, meine Knie würden mir nicht den Dienst versagen. Du meine Güte, dachte ich, du hast zwei Ehemänner gehabt. Mach bloß nicht so ein Theater darum.
    Schließlich stand ich auf und nahm seine Hand. Zu meiner Überraschung führte er mich nicht zu der Chaiselongue, sondern zur Tür am anderen Ende des Raumes.
    In dem Augenblick, als er meine Hand losließ, um die Tür zu öffnen, sah ich mit eiskalter Klarheit, was ich im Begriff war zu tun.

    Verdammt sollst du sein, Jamie Fraser, dachte ich. Fahr zur Hölle!
     
    Reglos stand ich auf der Schwelle und blinzelte. Meine Überlegungen zur königlichen Entkleidungszeremonie wichen blankem Erstaunen.
    Es war ziemlich dunkel; der Raum wurde nur von Öllämpchen erleuchtet, die in Grüppchen zu je fünf in Wandnischen standen. Der Raum war rund, ebenso wie der riesige Tisch in der Mitte. Dort saßen Menschen, die im Dunkel des Zimmers nur schemenhaft zu erkennen waren.
    Bei meinem Eintreten erhob sich ein Raunen, das jedoch sofort erstarb, als der König erschien. Als sich meine Augen an die Düsternis gewöhnt hatten, bemerkte ich zu meinem Entsetzen, daß die Leute am Tisch Kapuzen trugen. Der mir am nächsten Sitzende wandte sich zu mir um, und ich sah durch die Schlitze im Samt seine Augen glitzern. Es sah aus wie eine Versammlung von Henkern.
    Offensichtlich war ich der Ehrengast. Nervös fragte ich mich, was man wohl von mir erwartete. Nach dem, was Raymond und Marguerite angedeutet hatten, hatte ich grausige Visionen von okkulten Riten, die die Opferung von Säuglingen, zeremonielle Vergewaltigung und allgemeine Satansmessen umfaßten. Allerdings werden übernatürliche Phänomene nur selten den Ankündigungen gerecht, und ich hoffte, daß dies auch jetzt zutraf.
    »Wir haben von Ihren außerordentlichen Fähigkeiten gehört, Madame, und von Ihrem... Ruf.« Louis lächelte, schien aber auf der Hut zu sein, als wäre er nicht ganz sicher, wie ich reagieren würde. »Wir wären Ihnen zu allergrößtem Dank verpflichtet, meine Liebe, wenn Sie uns heute abend in den Genuß Ihrer Fähigkeiten kommen ließen.«
    Ich nickte. Zu allergrößtem Dank verpflichtet, ja? Das klang vielversprechend, schließlich wollte ich, daß er mir verpflichtet war. Doch was erwartete er von mir? Ein Lakai stellte eine große Wachskerze auf den Tisch und zündete sie an, so daß sie ihr mildes Licht über das glänzende Holz verströmte. Die Kerze war mit Symbolen dekoriert, wie ich sie am Schrank in Maître Raymonds Geheimkabinett gesehen hatte.
    »Regardez, Madame.« Die Hand des Königs lag unter meinem Ellbogen, und er lenkte meine Aufmerksamkeit auf zwei Gestalten,
die hinter dem Tisch still inmitten der zuckenden Schatten standen. Bei ihrem Anblick fuhr ich zusammen, und der Griff des Königs wurde fester.
    Da standen der Comte de St. Germain und Maître Raymond nebeneinander, zwischen ihnen etwa zwei Meter Abstand. Raymond ließ sich nicht anmerken, ob er mich gesehen hatte, sondern stand ruhig da und starrte vor sich hin.
    Als mich der Comte erblickte, weiteten sich seine Augen ungläubig, dann starrte er mich finster an. Er war sehr elegant gekleidet, wie immer ganz in Weiß: ein gestreifter Satinrock über einer Weste und einer Kniehose aus cremefarbener Seide. Die kunstvoll verflochtenen Staubperlen an

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