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Die Geliehene Zeit

Titel: Die Geliehene Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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rückte dem Hals des Jungen etwas näher.
    »Das - das sage ich nicht!« stammelte der Junge und preßte die Lippen noch fester zusammen. Ein Zittern überlief ihn.
    »Und in welcher Entfernung lagern deine Kameraden? Wie viele sind es? Und welche Marschrichtung schlagen sie ein?« Jamie stellte seine Fragen leichthin; seine ganze Konzentration schien auf die Klinge gerichtet, die nahe am Kinn des Jungen entlangstrich. Dessen Augen waren vor Angst geweitet, doch er schüttelte heftig den Kopf. Ross und Kincaid packten ihn fester am Arm.
    Eine winzige Bewegung des Dolches, ein dünner, erstickter Schrei, dann der Geruch verbrannter Haut.
    »Jamie!« rief ich außer mir. Er wandte sich nicht um, sondern hielt die Augen auf seinen Gefangenen gerichtet. Der war auf die Knie gesunken und preßte die Hand an seinen Hals.
    »Halten Sie sich raus, Madam«, stieß Jamie zwischen den Zähnen hervor. Er packte den Jungen an der Hemdbrust und zog ihn ruckartig in die Höhe. Dann hielt er den Dolch unter das linke Auge des Jungen. In einer stummen Frage neigte er den Kopf und erhielt als Antwort ein kaum merkliches, jedoch entscheidendes Kopfschütteln.
    Die Stimme des Jungen war jetzt nur noch ein bebendes Flüstern; er mußte sich räuspern, um sich verständlich zu machen. »N-nein«, stotterte er. »Nein. Egal, was Sie mir antun, Sie werden mich nicht dazu bringen, etwas zu verraten.«
    Jamie hielt ihn noch einen Augenblick fest, dann ließ er sein Hemd los und trat einen Schritt zurück. »Nein«, erwiderte er
langsam, »das habe ich auch nicht erwartet. Aber was ist mit der Lady?«
    Daß er mich meinte, wurde mir erst klar, als er mich am Handgelenk packte und herumriß. Er drehte mir die Hand auf den Rücken.
    »Dein eigenes Schicksal mag dir gleichgültig sein, doch vielleicht ist dir die Ehre der Dame wichtig, da du dir schon so große Mühe gegeben hast, sie zu befreien.« Er packte mich an den Haaren, riß meinen Kopf nach hinten und küßte mich mit einer solchen Brutalität, daß ich unwillkürlich zurückzuckte.
    Dann ließ er meine Haare los und zog mich an sich, so daß ich dem Jungen direkt gegenüberstand. Der stand mit weit aufgerissenen Augen da.
    »Lassen Sie sie sofort los!« forderte er mit heiserer Stimme. »Was haben Sie mit ihr vor?««
    Jamie packte mich am Ausschnitt meines Kleids. Mit einer ruckartigen Bewegung riß er daran und entblößte beinahe meine ganze Brust. Instinktiv versetzte ich ihm einen Tritt gegen das Schienbein. Der Junge gab einen unartikulierten Laut von sich und tat einen Schritt nach vorne, wurde aber von Ross und Kincaid zurückgehalten.
    »Wenn du es genau wissen willst«, ertönte Jamies Stimme hinter mir, »habe ich vor, die Lady vor deinen Augen zu vergewaltigen. Dann gebe ich sie an meine Männer weiter, die mit ihr machen können, was sie wollen. Vielleicht möchtest du auch mal, bevor ich dich töte? Ein Mann sollte nicht unberührt sterben, meinst du nicht auch?«
    Jetzt setzte ich mich mit aller Kraft zur Wehr. Jamie hielt meinen Arm mit eisernem Griff hinter meinem Rücken fest und hatte seine große, warme Hand auf meinen Mund gelegt, so daß ich nicht schreien konnte. Ich biß ihn, so fest ich konnte, in die Hand, und spürte den Geschmack von Blut im Mund. Mit einem verhaltenen Ausruf zog er seine Hand fort, knüllte dann aber ein Stück Tuch zusammen und steckte es mir in den Mund. Ich stieß einen erstickten Schrei aus, doch da riß Jamie mir das Kleid noch weiter vom Leibe. Ein Ratsch, und ich stand bis zu den Hüften entblößt da. Ross starrte mich einen Augenblick lang an, dann sah er schnell weg und richtete seinen Blick starr auf den Gefangenen. Auf seinen Wangen bildeten sich rote Flecken. Kincaid, nicht älter als neunzehn
Jahre, schaute entsetzt drein. Sein Mund stand offen wie ein Scheunentor.
    »Schluß damit!« Die Stimme des Jungen zitterte, jetzt mehr aus Empörung als aus Furcht. »Sie - Sie abscheuliche Memme! Wie können Sie es wagen, eine Dame zu entehren, Sie schottischer Schakal!« Seine Brust lebte unter dem inneren Aufruhr. Dann kam er zu einem Entschluß. Trotzig hob er das Kinn.
    »Also gut. Ich sehe, daß ich als Ehrenmann keine andere Wahl habe. Lassen Sie die Lady los, und ich sage Ihnen, was Sie wissen wollen.«
    Jamie ließ meine Schulter los und gab Ross ein Zeichen. Daraufhin gab dieser den verletzten Arm des Jungen frei und bückte sich schnell, um meinen Umhang aufzuheben, der in der Aufregung zu Boden gefallen war. Jamie zog meine

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