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Die Geliehene Zeit

Titel: Die Geliehene Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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ist zwei Jahre älter und zwanzig Pfund schwerer als du«, hatte er Fergus klarzumachen versucht und ihn dabei sanft geschüttelt. »Glaubst du wirklich, du würdest mir dadurch helfen, indem du dir den Schädel einschlagen läßt? Es gibt Situationen, in denen man ohne Rücksicht auf Verluste kämpfen muß, aber es gibt auch Momente, in denen man sich lieber auf die Zunge beißen und den richtigen Zeitpunkt abwarten muß. Ne pétez plus haut que votre cul, was?«
    Fergus hatte genickt und sich mit seinem Hemdzipfel die Tränen abgewischt. Aber ich hatte meine Zweifel, ob Jamies Worte ihn nachhaltig beeindruckt hatten. Fergus’ kecker Blick gefiel mir ganz und gar nicht. Und wenn Johnny etwas klüger gewesen wäre, hätte er zwischen seinem Vater und mir Schutz gesucht.
    Jamie ging leicht in die Knie, während er sein Schwert mit einem mörderischen Schlag an Dougals Ohr vorbeisausen ließ. Dougal MacKenzie zuckte erschrocken zurück, dann zeigte er grinsend
seine weißen Zähne und hieb sein Schwert mit einem Dröhnen flach auf Jamies Kopf.
    Von der gegenüberliegenden Seite des Hofes hörte ich zustimmendes Händeklatschen. Der Kampf artete allmählich aus; aus dem eleganten französischen Duell wurde ein handfester Hochlandkampf, und die Zuschauer genossen es sichtlich.
    Lord Kilmarnock verzog verdrießlich das Gesicht.
    »Die Berater Seiner Hoheit werden herbeizitiert, um den Spanier zu treffen«, bemerkte er sarkastisch. »O’Sullivan und dieser alte Geck Tullibardine. Nimmt er den Rat von Lord Elcho an? Von Balmerino, Lochiel oder von meiner Wenigkeit?«
    Das war natürlich eine rhetorische Frage, und ich begnügte mich mit einem mitfühlenden Murmeln, wandte meine Augen aber nicht von den Fechtern ab. Das Waffengeklirr übertönte beinahe Kilmarnocks Worte. Einmal in Fahrt gekommen, schien er seiner Erbitterung nicht mehr Herr werden zu können.
    »Nein, wirklich!« fuhr er fort. »O’Sullivan und O’Brien und die anderen Iren, die riskieren doch gar nichts! Wenn es zum Schlimmsten kommen sollte, können sie aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit verlangen, nicht vor Gericht gestellt zu werden. Aber wir - wir, die wir unseren Besitz, unsere Ehre, ja unser Leben aufs Spiel setzen, wir werden mißachtet und wie gemeine Dragoner behandelt. Gestern habe ich Seiner Hoheit einen guten Morgen gewünscht, doch er stürmte an mir vorbei, die Nase in der Luft, als hätte ich gegen die Etikette verstoßen, indem ich das Wort an ihn richtete!«
    Kilmarnock war richtig wütend, und das mit gutem Grund. Charles hatte die Lords zunächst hofiert und umschmeichelt, damit sie ihm Männer und Geld für sein Abenteuer zur Verfügung stellten. Später hatte er sie einfach links liegenlassen und sich wieder seinen alten Vertrauten vom europäischen Festland zugewandt - die Schottland als tiefste Wildnis und seine Bewohner kaum höher als Barbaren einschätzten.
    Da kam von Dougal ein Aufschrei der Überraschung, und Jamie ließ ein wildes Gelächter hören. Dougals linker Ärmel hing lose herab, sein Arm jedoch war unversehrt.
    »Das werde ich dir heimzahlen, mein Kleiner«, meinte Dougal grinsend. Schweiß rann ihm über das Gesicht.
    »Ach ja, Onkel?« keuchte Jamie. »Wie denn?« Seine Klinge
blitzte, und Dougals Felltasche flog, vom Gürtel abgetrennt, aufs Pflaster.
    Da nahm ich aus den Augenwinkeln eine Bewegung wahr und drehte mich rasch um.
    »Fergus!« rief ich.
    Kilmarnock wandte den Kopf in dieselbe Richtung. Fergus hielt einen langen Stock in der Hand, mit einer Unschuldsmiene, die lächerlich gewirkt hätte, wenn der Stock nicht so bedrohlich gewesen wäre.
    »Sie können ganz beruhigt sein, meine liebe Mrs. Fräser«, meinte Lord Kilmarnock. »Sie können sicher sein, daß mein Sohn sich ehrenhaft verteidigen wird.« Nachsichtig lächelte er seinen Sohn an, dann wandte er seine Aufmerksamkeit wieder den Fechtkämpfern zu. Auch ich drehte mich um, schielte aber mit einem Auge immer wieder in Johnnys Richtung. Nicht, daß ich Fergus ein Ehrgefühl abgesprochen hätte; ich hatte lediglich das Gefühl, daß sein Begriff von Ehre ziemlich stark von Lord Kilmarnocks Vorstellungen abwich.
    »Gu leoir! « Mit diesem Ausruf Dougals war der Kampf zu Ende. Die schweißgebadeten Fechtkämpfer verneigten sich vor der applaudierenden Menge, dann schritten sie auf Don Francisco zu, um ihm vorgestellt zu werden und die Glückwünsche entgegenzuneilmen.
    »Milord?« ertönte eine hohe Stimme hinter den Säulen. »Bitte - le parabola

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