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Die Geliehene Zeit

Titel: Die Geliehene Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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jemand, der nicht an Gott glaubt, dem Satan Macht zugestehen?«
    Ich zögerte immer noch, aber er war ein Mann, der andere ebenso klug beurteilte wie sich selbst. Er hatte mich um Verzeihung gebeten und erst danach um einen Gefallen, und er hatte sich vergewissert, daß ich Sinn für Gerechtigkeit besaß. Und es war, wie er sagte, angemessen. Ich öffnete den Kasten und holte das kleine Fläschchen Zyankali heraus, das ich als Rattengift benutzte.
    »Ich danke dir, Mistress Claire«, sagte er sehr formell und höflich, aber mit einem Lächeln in den Augenwinkeln. »Auch wenn mein Neffe in Cranesmuir deine Unschuld nicht mit solcher Leidenschaft beteuert hätte, würde ich niemals glauben, du seist eine Hexe. Ich weiß heute ebensowenig wie damals, wer du bist oder weshalb du hier bist, aber Hexerei habe ich nie in Erwägung gezogen.
« Er hielt inne und zog eine Augenbraue hoch. »Ich nehme an, daß du mir auch jetzt nicht sagen willst, wer - oder was - du bist?«
    Ich zögerte einen Augenblick. Doch ein Mensch, der weder an Gott noch an den Teufel glaubte, würde wohl auch meiner Geschichte keinen Glauben schenken. Ich drückte ihm kurz die Hand.
    »Nenn mich ruhig eine Hexe«, sagte ich. »Recht viel näher wirst du der Sache nicht kommen.«
     
    Als ich am nächsten Morgen auf den Hof hinausging, traf ich Lord Balmerino auf der Treppe.
    »Oh, Mistress Fraser!« begrüßte er mich vergnügt. »Sie suche ich gerade.«
    Ich lächelte ihn an; er war von dicklicher Statur, immer gut aufgelegt und einer der Lichtblicke in Holyrood.
    »Wenn es nicht Fieber, Ruhr oder Pocken sind«, sagte ich, »kann es einen Moment warten? Mein Mann und sein Onkel führen Don Francisco de la Quintana eben den Schwertkampf vor, wie er im Hochland praktiziert wird.«
    »Ach, wirklich? Das muß ich mir auch ansehen.« Balmerino ging neben mir her, sein Kopf wippte in Höhe meiner Schulter auf und ab. »Hübsche Männer mit einem Schwert in der Hand sind stets ein angenehmer Anblick«, sagte er. »Und alles, was auf die Spanier Eindruck macht, findet meine herzlichste Zustimmung.«
    »Meine auch.« Jamie hielt es für zu gefährlich, Fergus die Korrespondenz Seiner Hoheit in Holyrood abfangen zu lassen, daher mußte er sich auf das verlassen, was Charles ihm persönlich mitteilte. Das war jedoch nicht wenig. Charles betrachtete Jamie als einen seiner Vertrauten. Als einziger der Hochlandclanführer zählte er zum engsten Kreis - und das, obwohl Jamie einen eher bescheidenen Beitrag an Männern und Geld leistete.
    Was das Geld anbetraf, so hatte ihm Charles anvertraut, daß er große Hoffnungen auf eine Unterstützung durch Philipp von Spanien setzte. Dessen letzter Brief an König James in Rom hatte äußerst ermutigend geklungen. Don Francisco war zwar kein Gesandter im eigentlichen Sinn, doch er war Mitglied des spanischen Hofes und erstattete gewiß genauestens Bericht über den Stand der Dinge. Nun konnte Charles prüfen, ob sein Vertrauen in das eigene Schicksal ausreichte, um die Oberhäupter der Hochlandclans und fremde Könige zu überzeugen, sich ihm anzuschließen.

    »Weshalb wollten Sie mich eigentlich sprechen?« fragte ich, als wir in den Gang einbogen, der direkt zum Innenhof von Holyrood führte. Eine kleine Menschenmenge hatte sich versammelt, aber weder Don Francisco noch die beiden Kombattanten waren zu sehen.
    »Ach ja!« Lord Balmerino begann in seiner Rocktasche zu kramen. »Nichts Wichtiges, meine Liebe. Dies hier habe ich von einem meiner Boten erhalten, der es wiederum von einem Verwandten aus dem Süden hat. Ich dachte, es könnte Sie amüsieren.«
    Er reichte mir einen kleinen Stapel Flugblätter, wie sie überall in den Schenken herumgereicht wurden oder an Türpfosten und an Hecken in Städten und Dörfern flatterten.
    »CHARLES EDWARD STUART, allgemein bekannt als >Der junge Prätenaent‹« hieß es auf einem. »Hiermit sei kundgetan, daß diese infame und gefährliche Person, die entgegen Recht und Gesetz an der Küste Schottlands gelandet ist, das Volk dieses Landes zur Rebellion aufgerufen und über die unschuldigen Bürger die Geißel eines ungerechten Krieges gebracht hat.« So ging es dann immer weiter, und das Flugblatt schloß mit der Ermahnung an die unschuldigen Bürger, »alles nur mögliche zu tun, damit diese Person der Gerichtsbarkeit übergeben werde, deren Urteilsspruch sie mit Fug und Recht verdient«. Oben war das Flugblatt mit einem Bild geschmückt, das wohl Charles darstellen sollte. Es

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