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Die Geliehene Zeit

Titel: Die Geliehene Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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wir schon Charles nicht hatten aufhalten konnten, dann waren wir vielleicht in der Lage, jene Ecke Schottlands zu retten, die uns am meisten bedeutete - Lallybroch.
    Ich betrachtete die Clansmänner vor uns.
    »Zweihundert Mann sind eine stattliche Zahl.«
    »Hundertsiebzig«, verbesserte Jamie zerstreut und griff nach den Zügeln seines Pferdes.
    »Bist du sicher?« fragte ich neugierig. »Lord Lovat hat aber gesagt, er schicke zweihundert. Er hat es in seinem Brief diktiert.«
    »Das stimmt aber nicht.« Jamie schwang sich in den Sattel, stellte sich in den Steigbügeln auf und deutete den Hang hinab, auf den fernen Punkt an der Spitze der Marschkolonne, wo das Banner der Frasers im Wind flatterte.
    »Ich habe sie gezählt, als ich auf dich gewartet habe«, erklärte er. »Dreißig Reiter einschließlich Simon, fünfzig mit Breitschwertern und Tartschen - das werden die Männer von der Patrouille sein -, dann noch mal neunzig Kätner, bewaffnet mit allem möglichen, von der Sichel bis zum Hammer.«
    »Ich nehme an, dein Großvater rechnet damit, daß Prinz Charles sie nicht persönlich nachzählt«, bemerkte ich zynisch. »Er versucht eben, mit weniger davonzukommen.«
    »Aye, aber die Namen werden in die Musterungsliste eingetragen, wenn sie in Edinburgh ankommen«, sagte Jamie stirnrunzelnd. »Das muß ich nachprüfen.«
    Ich folgte ihm langsamer. Mein Pferd war schätzungsweise zwanzig Jahre alt und konnte sich nur noch im Paßgang vorwärtsbewegen. Jamies Pferd war etwas munterer, hielt aber dem Vergleich mit Donas nicht stand. Den großen Hengst hatten wir in Edinburgh gelassen, da ihn Prinz Charles zu offiziellen Anlässen reiten wollte. Jamie hatte diesem Wunsch nachgegeben, zumal er meinte, es sei dem raffgierigen alten Simon durchaus zuzutrauen,
daß er sich das prächtige Pferd aneignete, falls er es zu Gesicht bekam.
    Nach allem, was ich erlebt hatte, mußte ich zugeben, daß Jamie seinen Großvater völlig richtig eingeschätzt hatte. Jamie ritt eine Weile neben dem Schreiber des jungen Simon her und war mit ihm offenbar in eine hitzige Debatte geraten. Das Ganze endete damit, daß Jamie die Zügel des Pferdes seines Nebenmannes packte, das Pferd an den Rand des schlammigen Weges dirigierte und dort zum Stehen brachte.
    Die beiden Männer stiegen ab; offenbar waren sie sich mächtig in die Haare geraten. Der junge Simon, der dies beobachtet hatte, zügelte sein Pferd, hieß die Kolonne aber weitermarschieren. Ich war nahe genug, um zu sehen, daß Simon vor Zorn rot angelaufen war, der Schreiber besorgt dreinschaute und Jamie heftig gestikulierte.
    Dann zuckte der Schreiber resigniert mit den Schultern, kramte in seinen Satteltaschen und holte schließlich mehrere Pergamentbögen heraus. Jamie riß sie ihm aus der Hand und sah sie rasch durch. Er ließ die Bögen zu Boden fallen, außer einem, den er Simon Fraser vor die Nase hielt. Der sah verblüfft drein. Er nahm den Bogen und las ihn mit einem Ausdruck der Bestürzung. Dann nahm Jamie ihm das Pergament wieder ab, zerriß es und stopfte die Teile in seine Felltasche.
    Ich hatte inzwischen mein Pony zum Stehen gebracht, das die Gelegenheit nutzte und im spärlichen Gras nach Futter suchte. Der Nacken des jungen Simon war zornrot, als er sich auf sein Pferd schwang. Jamie bestieg ebenfalls sein Pferd und ritt auf mich zu; sein rotes Haar flatterte im Wind, seine Augen sprühten vor Zorn, und seine Lippen waren fest zusammengepreßt.
    »Der schmutzige alte Dreckskerl!« schimpfte er.
    »Was hat er getan?« erkundigte ich mich.
    »Er hat die Namen meiner Männer auf seine Liste gesetzt«, sagte Jamie. »Tat so, als gehörten sie zum Fraser-Regiment. Der verdammte alte Knochensack!« Rachsüchtig blickte er zurück. »Schade, daß wir schon so weit sind, zu weit, als daß ich umkehren und dem alten Tattergreis die Leviten lesen könnte.«
    Ich widerstand der Verlockung, Jamie anzustacheln, sich weitere Kosenamen für seinen Großvater auszudenken, und fragte statt dessen: »Weshalb denn das Ganze? Nur damit es so aussieht, als
würde er noch mehr Männer für die Stuarts in den Kampf schikken?«
    Jamie nickte. Allmählich beruhigte er sich wieder.
    »Aye, genau deshalb. Damit es nach mehr aussieht. Aber nicht nur das. Das niederträchtige alte Scheusal will mein Land zurück - das hatte er schon immer vor, seit er es hat hergeben müssen, damals, als meine Eltern heirateten. Jetzt denkt er, wenn alles nach Plan verläuft und er Herzog von Inverness wird,

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