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Die Geliehene Zeit

Titel: Die Geliehene Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Cameron. »Haben Sie ein Tuch, Fraser?«
    »Wenn ich eins hätte, würde ich Sie damit erdrosseln«, meinte Jamie unwirsch, auch wenn die Auskunft, Charles Stuart halte sich nicht mehr hier auf, seinen Zorn ein wenig dämpfte. »Warum haben Sie zugelassen, daß meine Männer in Tolbooth inhaftiert sind? Ich habe sie gerade besucht. Sie sitzen in einem Loch, in das ich nicht einmal Schweine stecken würde! Dagegen hätten Sie doch ganz bestimmt etwas unternehmen können.«
    Cameron errötete, aber seine hellbraunen Augen hielten Jamies Blick stand.
    »Das habe ich versucht«, erklärte er. »Ich habe Seiner Hoheit gesagt, daß ich es für ein Versehen hielte - aye, die dreißig Mann waren zehn Meilen von der Armee entfernt, als sie aufgegriffen wurden, schönes Versehen! - und daß er, selbst wenn sie Deserteure wären, schließlich nicht über genügend Streitkräfte verfügt, um auf sie verzichten zu können. Das hat ihn davon abgehalten, sie auf der Stelle hängen zu lassen.« Nachdem der Schreck über Jamies Auftritt abgeklungen war, wurde er allmählich ungehalten. »Mein
Gott, Mann, Fahnenflucht in Kriegszeiten ist schlicht und einfach Verrat!«
    »Ach ja?« meinte Jamie skeptisch. Er nickte dem jungen Simon zu und schob mir einen Stuhl hin, bevor er sich selbst setzte. »Dann haben Sie wohl auch Befehl erteilt, die zwanzig von Ihren Männern aufzuknüpfen, die heimgekehrt sind, Cameron? Oder sind es vierzig?«
    Cameron errötete noch tiefer, senkte den Blick und konzentrierte sich darauf, die Tinte mit dem Taschentuch aufzuwischen, das ihm Simon Fraser gereicht hatte.
    »Die hat man ja nicht gefangen«, murmelte er schließlich. Mit ernster Miene blickte er Jamie an. »Gehen Sie zu Seiner Hoheit nach Stirling«, riet er. »Er war zornentbrannt über die Deserteure, aber schließlich hat er selbst angeordnet, daß Sie nach Beauly gehen und Ihre Männer ohne Befehlshaber zurücklassen, aye? Er hat immer große Stücke auf Sie gehalten, Fraser, Sie sind sein Freund. Vielleicht begnadigt er Ihre Männer, wenn Sie um Ihr Leben bitten.«
    Unschlüssig betrachtete er das tintengetränkte Tuch und erhob sich schließlich, eine Entschuldigung murmelnd, um es nach draußen zu bringen. Offenbar hatte er es eilig, Jamies Gesellschaft zu entkommen.
    Jamie saß breitbeinig auf seinem Stuhl, atmete durch zusammengebissene Zähne und betrachtete erbittert den Gobelin, auf dem das Wappentier der Stuarts prangte. Er war düsterer Stimmung, seit Murtagh mit der Nachricht in Lallybroch eingetroffen war, die dreißig Männer, die Jamie befehligte, seien als Fahnenflüchtige gefaßt worden und warteten in dem berüchtigten Edinburgher Tolbooth-Gefängnis auf ihre Hinrichtung.
    Ich nahm nicht an, daß Charles vorhatte, das Urteil vollstrecken zu lassen. Wie Ewan Cameron richtig festgestellt hatte, konnte die Hochlandarmee auf keinen waffenfähigen Mann verzichten. Der Vorstoß nach England, zu dem Charles entschlossen war, war eine kostspielige Angelegenheit, und die Unterstützung, die er sich von der englischen Landbevölkerung erhofft hatte, war bisher ausgeblieben. Und außerdem - Jamies Männer in seiner Abwesenheit hinrichten zu lassen, wäre ein persönlicher Verrat und politisch so hirnverbrannt gewesen, daß dergleichen nicht einmal einem Charles Stuart zuzutrauen war.
    Nein, ich teilte Camerons Ansicht - früher oder später würde
Charles die Männer begnadigen. Für Jamie war diese Erkenntnis jedoch ein schwacher Trost, hatte er seine Männer doch vor den Gefahren eines aussichtslosen Feldzugs bewahren wollen und statt dessen dafür gesorgt, daß sie, als Feiglinge gebrandmarkt, in einem der schlimmsten Gefängnisse von ganz Schottland gelandet waren und einem schmählichen Tod durch den Strang entgegensahen.
    Dies, gepaart mit der Aussicht, seine Männer in dem dunklen, verdreckten Kerker zu lassen, während er nach Stirling ging, um sich mit seinem Gesuch vor Charles Stuart zu demütigen, dies reichte hinlänglich aus, um Jamies verdrießliche Miene zu erklären.
    Der junge Simon runzelte die Stirn und schwieg. Er schien nachzudenken.
    »Ich begleite dich zu Seiner Hoheit«, sagte er plötzlich.
    »Wirklich?« Jamie blickte seinen Onkel aus schmalen Augen an, dann fragte er mißtrauisch: »Und warum?«
    Simon verzog den Mund zu einem Grinsen. »Blut ist dicker als Wasser. Oder glaubst du, ich will deine Männer für mich beanspruchen, so wie Vater es getan hat?«
    »Und würdest du das tun?«
    »Ja«, entgegnete Simon

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