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Die Geliehene Zeit

Titel: Die Geliehene Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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mich mit unverhohlener Neugier.
    »Ah, Sie meinen wohl, Erpressung käme auch in umgekehrter Richtung in Betracht?« Er schüttelte den Kopf, wobei ein paar Brösel Schnupftabak auf seine Seidenweste fielen.
    »Nein, meine Liebe. Zum einen besteht ein gewisser Rangunterschied zwischen uns. Gerüchte dieser Art könnten meinem Ruf zwar in bestimmten gesellschaftlichen Kreisen schaden, doch bereitet mir dies keine große Sorge. Während der gute Hauptmann...
Nun ja, die Armee hat deutliche Vorbehalte gegen derartige widernatürliche Vorlieben. Häufig werden sie sogar mit dem Tode bestraft. Nein, das ist nicht miteinander zu vergleichen.« Er neigte den Kopf, soweit das sein Mehrfachkinn erlaubte.
    »Aber es ist weder die Hoffnung auf Reichtum noch die drohende Bloßstellung, die Jonathan Randall an mich bindet«, sagte er. Die kleinen, wäßrigblauen Augen leuchteten. »Er dient mir, weil ich ihm gebe, was er braucht.«
    Ich betrachtete seine korpulente Gestalt mit unverhohlenem Abscheu, was Seine Gnaden veranlaßte, sich vor Lachen auszuschütten.
    »Nein, nicht, was Sie meinen«, sagte er. »Der Geschmack des Hauptmanns ist etwas feiner. Im Gegensatz zu meinem.«
    »Was dann?«
    »Bestrafung«, sagte er sanft. »Aber das wissen Sie ja, nicht wahr? Zumindest Ihr Gatte weiß es.«
    Allein durch seine Gegenwart fühlte ich mich beschmutzt, und ich stand auf, um mich ein Stück zu entfernen. Die Scherben der Alabasterdose lagen noch auf dem Boden verstreut. Versehentlich stieß ich mit dem Fuß gegen eine, so daß sie gegen die Wand prallte und unter dem Sofa landete. Sie ließ mich wieder an Danton denken.
    Ich war mir nicht sicher, ob ich den mißlungenen Mordanschlag mit dem Herzog erörtern wollte, aber im Augenblick schien mir dieses Thema noch das angenehmste.
    »Warum wolltet Ihr mich ermorden lassen?« fragte ich unvermittelt und drehte mich zu ihm um. Gleichzeitig sah ich mich nach einer geeigneten Waffe um, falls er seinen Plan noch nicht aufgegeben haben sollte.
    Doch der Herzog machte einen friedlichen Eindruck. Er bückte sich mühsam, um die Teekanne aufzuheben, die wie durch ein Wunder unversehrt geblieben war, und stellte sie auf den Teetisch.
    »Damals erschien es mir ratsam«, erwiderte er ruhig. »Ich hatte erfahren, daß Sie und Ihr Gemahl versuchten, eine bestimmte Angelegenheit zu vereiteln, die für mich von Interesse war. Ich zog in Betracht, Ihren Gatten zu beseitigen, aber das erschien mir zu gefährlich, da er zwei der mächtigsten Familien Schottlands angehört.«
    »Ihr habt in Betracht gezogen, ihn zu beseitigen?« Mir ging ein
Licht auf, eins von vielen, die wie ein Feuerwerk in meinem Kopf aufblitzten. »Haben die beiden Seeleute, die Jamie in Paris angegriffen haben, in Eurem Auftrag gehandelt?«
    Der Herzog nickte gelassen.
    »Das schien mir die einfachste Methode, wenn auch ein wenig rüde. Aber dann tauchte Dougal MacKenzie in Paris auf, und ich fragte mich, ob Ihr Gatte nicht in Wahrheit für die Stuarts arbeitete. Es war nicht mehr klar, welche Ziele er wirklich verfolgte.«
    Ich hingegen fragte mich, welche Ziele der Herzog verfolgte. Seine merkwürdigen Äußerungen erweckten den Eindruck, er sei ein heimlicher Jakobit - wenn das zutraf, hatte er es meisterhaft verstanden, sein Geheimnis zu wahren.
    »Und dann«, fuhr er fort, während er behutsam den Deckel auf die Kanne setzte, »war Ihre aufkeimende Freundschaft mit Louis von Frankreich zu bedenken. Selbst wenn Ihr Gatte bei den Bankiers erfolglos geblieben wäre, hätte Louis Charles Stuart mit den nötigen Mitteln versorgen können - vorausgesetzt, daß Sie Ihre reizende Nase nicht in die Angelegenheit steckten.«
    Stirnrunzelnd betrachtete er das Hörnchen, das er in der Hand hielt, und schnippte ein paar Staubflocken davon ab. Dann aber widerstand er der Versuchung, es zu essen, und warf es auf den Tisch.
    »Sobald sich herausgestellt hatte, was wirklich vor sich ging, versuchte ich, Ihren Gatten zurück nach Schottland zu locken, indem ich ihm die Begnadigung in Aussicht stellte. Das war nicht billig«, meinte er nachdenklich. »Und alles für die Katz!
    Aber dann entsann ich mich der rührenden Zuneigung, die Ihr Gemahl Ihnen entgegenbringt«, sagte er mit einem wohlwollenden Lächeln, das besonders widerwärtig wirkte. »Ich nahm an, daß Ihr tragisches Ableben ihn von seinem Vorhaben ablenken würde, aber nicht soviel Aufsehen erregen würde wie seine eigene Ermordung.«
    Plötzlich fiel mir etwas ein, und ich

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