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Die Geliehene Zeit

Titel: Die Geliehene Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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und Mary in Paris überfallen hatte. Und offensichtlich stand er im Dienst des Herzogs.
    »Du verdammter Bastard! « rief ich. Ich sprang so hastig auf, daß ich den Teetisch umwarf, und packte den nächstbesten Gegenstand, der mir in die Finger kam - eine mit Schnitzereien verzierte Tabaksdose aus Alabaster. Ich warf sie nach dem Mann, der überstürzt die Flucht ergriff. Die schwere Dose, die ihn nur um ein Haar verfehlte, schlug gegen den Türrahmen.

    Als ich ihm nachsetzte, fiel die Tür ins Schloß, und ich blieb schweratmend stehen. Die Hände in die Hüften gestemmt, starrte ich Sandringham an.
    »Wer ist das?« fragte ich wütend.
    »Mein Kammerdiener«, erwiderte der Herzog gelassen. »Albert Danton. Mit Krägen und Strümpfen kennt er sich aus, aber wie die meisten Franzosen ist er ein wenig erregbar. Und überdies unglaublich abergläubisch.« Er warf einen mißbilligenden Blick auf die geschlossene Tür. »Diese verdammten Papisten mit ihren Heiligen, ihrem Weihrauch und so weiter. Man kann ihnen jeden Bären aufbinden.«
    Mein Atem beruhigte sich allmählich, obwohl mein Herz immer noch wild hämmerte. Tief Luft zu holen fiel mir schwer.
    »Sie dreckiger, ekelerregender, abscheulicher... Perverser! «
    Dieser Ausbruch schien den Herzog zu langweilen, denn er nickte gleichgültig.
    »Ja, ja, meine Liebe. All das, gewiß, und noch mehr. Und manchmal habe ich auch Pech, zumindest bei jener Sache.«
    »Pech? Würdet Ihr es so bezeichnen?« Ich wankte zu dem Sofa und setzte mich. Meine zitternden Hände verbarg ich in den Falten meines Rocks.
    »In mehrfacher Hinsicht, meine verehrte Dame. Sehen Sie nur.« Verständnisheischend streckte er beide Hände aus. »Ich entsende Danton, um Sie zu beseitigen. Er und seine Kameraden beschließen, sich erst ein wenig mit Ihnen zu vergnügen. Das ist gut und schön, aber nachdem sie einen genaueren Blick auf Sie geworfen haben, kommen sie unerklärlicherweise zu dem Schluß, Sie seien eine Art Hexe, verlieren den Kopf und laufen davon. Aber zuvor schänden sie noch meine Patentochter, die zufällig anwesend ist, so daß an die hervorragende Partie, die ich so mühsam für sie eingefädelt habe, nicht mehr zu denken ist. Bedenken Sie nur die Ironie des Schicksals!«
    Wie gelähmt lauschte ich seinen Enthüllungen. Ich wußte kaum, worauf ich zuerst reagieren sollte. Eine Aussage überraschte mich allerdings besonders.
    »Was meint Ihr mit ›beseitigen‹?« fragte ich. »Wollt Ihr damit sagen, daß Ihr mich tatsächlich umbringen lassen wolltet?« Der Raum schien zu schwanken, und ich versuchte, mich mit einem Schluck Tee zu stärken, jedoch ohne großen Erfolg.

    »Nun ja«, erwiderte Sandringham freundlich. »Darauf wollte ich hinaus. Sagen Sie, meine Liebe, was halten Sie von einem Glas Sherry?«
    Ich musterte ihn mißtrauisch. Nachdem er gerade erklärt hatte, daß er mir nach dem Leben trachtete, erwartete er doch wohl nicht, daß ich ein Glas Sherry von ihm entgegennahm?
    »Weinbrand«, sagte ich. »Ein ganzes Glas voll.«
    Erneut ließ er ein hohes Kichern hören, begab sich zu der Anrichte und sagte über die Schulter: »Hauptmann Randall meinte, Sie seien eine überaus unterhaltsame Frau. Höchstes Lob aus seinem Munde, müssen Sie wissen. Er macht sich normalerweise nicht viel aus Frauen, obwohl sie für ihn schwärmen. Muß an seinem Aussehen liegen, denn seine Manieren können es nicht sein.«
    »Also arbeitet Jack Randall tatsächlich für Euch.« Ich nahm das Glas, das er mir reichte, denn ich hatte beobachtet, wie er die zwei Gläser einschenkte. Und da ich sicher war, daß beide nichts außer Weinbrand enthielten, nahm ich einen herzhaften Schluck.
    Der Herzog tat es mir gleich und blinzelte, als das scharfe Getränk seine Wirkung entfaltete.
    »Selbstverständlich«, erwiderte er. »Oft ist das beste Werkzeug auch das gefährlichste. Man zögert nicht, es zu gebrauchen, aber man trifft die notwendigen Vorsichtsmaßnahmen.«
    »Gefährlich, so, so? Was wißt Ihr eigentlich über Jonathan Randall?« fragte ich neugierig.
    Der Herzog kicherte. »Oh, buchstäblich alles, würde ich sagen. Wahrscheinlich sogar weit mehr als Sie, meine Liebe. Einen Mann wie ihn sollte man nicht in seine Dienste nehmen, wenn man ihn nicht zügeln kann. Und Geld ist zwar ein guter Anreiz, taugt aber nicht, um ihn an der Kandare zu halten.«
    »Im Gegensatz zu Erpressung?« bemerkte ich trocken.
    Die Hände über dem runden Bauch gefaltet, lehnte er sich zurück und betrachtete

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