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Die Geliehene Zeit

Titel: Die Geliehene Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Ernte von Noval, und erst wieder in einem Jahr erhältlich.«
    »Und die andere Hälfte wird vermutlich gerade in dein Lagerhaus gebracht.« Allmählich verstand ich Jareds Freude.
    »Richtig, mein Mädchen, du hast den Nagel auf den Kopf getroffen!« gluckste Jared. »Kannst du dir vorstellen, welchen Erlös ich
damit in Paris erziele?« fragte er, lehnte sich vor und stellte seinen Becher mit einem Knall auf dem Tisch ab. »Eine begrenzte Menge, und ich habe das Monopol. Himmel, der Gewinn ist für dieses Jahr gesichert!«
    Ich stand auf und blickte aus dem Fenster. Noch immer wurden von der Arianna riesige Frachtnetze von der Spiere auf dem Achterdeck herabgelassen. Dann packten die Männer Flasche für Flasche auf Handkarren und brachten sie in das Lagerhaus.
    »Nicht, daß ich dir die Freude verderben will«, sagte ich vorsichtig, »aber hattest du nicht gesagt, der Portwein käme aus demselben Ort wie die Lieferung des Comte?«
    »Aye, so ist es.« Jared trat neben mich und betrachtete die Hafenarbeiter. »Noval produziert den besten Portwein von ganz Spanien und Portugal. Am liebsten hätte ich die gesamte Menge erworben, aber es fehlte mir an Kapital. Weshalb fragst du?«
    »Wenn die Schiffe aus demselben Hafen kommen, ist es durchaus möglich, daß auch ein paar deiner Seeleute an Pocken erkrankt sind«, erklärte ich.
    Bei dieser Vorstellung erbleichten seine vom Wein geröteten Wangen, und rasch erlaubte er sich einen weiteren Schluck zur Wiederherstellung des alten Zustands.
    »Mein Gott, welche Vorstellung!« stöhnte er nach Luft ringend, als er den Becher abgesetzt hatte. »Der Portwein ist schon fast zur Hälfte ausgeladen. Aber ich spreche trotzdem mit dem Kapitän«, fügte er stirnrunzelnd hinzu. »Er soll die Männer auszahlen, sobald die Arbeit beendet ist. Falls einer krank aussieht, soll er auf der Stelle mit seinem Geld verschwinden.« Entschlossen drehte er sich um und schoß aus dem Zimmer. An der Tür blieb er jedoch kurz stehen und rief uns über die Schulter zu: »Bestellt etwas zum Essen!« Laut polternd stürmte er die Treppe hinunter.
    Ich wandte mich zu Jamie um, der geistesabwesend in seinen mit Wein gefüllten Becher starrte.
    »Er soll das lieber bleiben lassen!« rief ich. »Wenn er die Pocken an Bord hat, können die Männer die ganze Stadt anstecken!«
    Jamie nickte bedächtig.
    »Dann können wir nur hoffen, daß dem nicht so ist«, bemerkte er gelassen.
    Unschlüssig wandte ich mich zur Tür. »Aber... sollten wir denn nicht etwas unternehmen? Ich könnte mir die Männer zumindest
ansehen. Und ihnen sagen, was man mit den Leichen von dem anderen Schiff machen muß...«
    »Sassenach!« Die tiefe Stimme klang immer noch sanft, doch der warnende Unterton war nicht zu überhören.
    »Was?« Ich sah ihn an. Er hatte sich vorgebeugt und blickte mich über den Becherrand hinweg nachdenklich an.
    »Wie wichtig ist dir das, wozu wir uns entschlossen haben, Sassenach?«
    Ich ließ den Türknauf los.
    »Die Stuarts von einem Aufstand in Schottland abhalten? Sehr wichtig. Weshalb fragst du?«
    Er nickte geduldig wie ein Lehrer, der einen begriffsstutzigen Schüler vor sich hat.
    »Aye, gut. Wenn dem so ist, dann komm her, setz dich und trink mit mir, bis Jared zurückkehrt. Wenn dem nicht so ist...« Er hielt inne und atmete so tief aus, daß seine Haare über der Stirn hochgeblasen wurden.
    »Also, wenn dir nichts daran liegt, dann geh hinunter zu all den Matrosen und Händlern, für die es nichts Unheilverkündenderes gibt als eine Frau in der Nähe eines Schiffes. Sicher haben sie bereits herumerzählt, daß du St. Germains Schiff mit einem Fluch belegt hast. Und nun willst du ihnen erzählen, was sie zu tun haben. Wenn du Glück hast, fürchten sie sich zu sehr vor dir, um dich zu vergewaltigen, bevor sie dir die Kehle durchschneiden und dich in den Hafen werfen - und mich gleich hinterher. Falls St. Germain dich nicht schon vorher erdrosselt hat. Hast du seinen Gesichtsausdruck nicht gesehen?«
    Ich ging zurück zum Tisch und ließ mich auf den Stuhl fallen. Mir zitterten die Knie.
    »Doch«, erwiderte ich, »aber könnte er denn... Er würde doch nicht...«
    Jamie zog die Stirn kraus und schob mir einen Becher Wein hin.
    »Er könnte, und er würde, wenn er es im verborgenen tun kann. Himmel, Sassenach, du hast den Mann um das Einkommen eines ganzen Jahres gebracht! Und er sieht nicht so aus, als würde er das gelassen hinnehmen. Hättest du dem Hafenmeister nicht vor Zeugen

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