Die gelöschte Welt
irgendwie daran beteiligt zu sein, nein, nein, denn Rao ist bescheiden. Nein, Rao ist nur ein Mittler auf dem Weg zur Größe, ein Katalysator.) So brachte ich sie mit Schmeicheleien ins Schulhaus, wo ich sie das Sprechen und die Wissenschaften lehrte, dazu die Geschichte und die Kunst, so gut ich es vermochte, und ihr dabei zeigte, dass die Sache mit dem Igel nur Einbildung sei. Sie lernte, als sei sie dafür geboren, und ich jubelte und glaubte, ich hätte zur Schöpfung Gottes meinen Teil beigetragen. O ja, ich habe mich sehr gefreut. Aber welch ein Pech für Rao! Ich ließ ein Ungeheuer von der Kette. Sie findet Gefallen an üblen und anzüglichen Tiraden, und mit ihrer Bildung haben sich auch ihre Selbsttäuschungen entwickelt. Jetzt gelüstet es sie nicht nur nach männlichen Igeln, die wenigstens fähig sind, sie zu verteidigen, sondern auch nach dem armen, ehrlichen Rao! Sie glaubt, sie sei meine Ehefrau. Schlimmer noch, sie hat sich durch unablässige Kopulationen mit Höhlenbewohnern und fliegenden Händlern eine Brut von Kindern zugelegt, die sogar noch abstoßender sind als sie selbst! Der arme Rao, nun ist er an einen heulenden Sukkubus und seine dämonischen Gören gefesselt, bis in alle Ewigkeit bestraft für seine Ahnungslosigkeit … und doch … in seltenen Augenblicken wird deutlich, dass sie ein Zipfelchen der Wahrheit entdeckt hat – wie ein Schwein, das in der Erde scharren mag, bis es, freilich ohne es zu verstehen, auf den Eckstein eines Tempels stößt.
Sie sind keine Geliebten! Ich habe Sie beleidigt! Ich habe vorschnell gesprochen (die geistigen Leiden dieser Frau sind stark ansteckend) und möchte den Fehler wiedergutmachen … vielleicht könnte ich den Preis ein wenig reduzieren, wenn Sie eine große Menge kaufen?«
Die Straße dehnt sich, nach einigen hügeligen Meilen erreichen wir einen Wald. Ich gerate ins Träumen, eingelullt vom weichen, angenehmen Druck von Leahs Rumpf an meinem Bauch. Sie lehnt sich an mich, ein wenig verdunsteter Schweiß steigt durch ihre Kleidung auf. Es ist ein schrecklich sinnlicher Marzipanduft, dazwischen ein scharfer Stich Krankenhaus. Sie muss bemerken, dass ich von ihr träume, von ihrem Mund und ihrem Hintern. Wir sind einander jetzt viel zu nahe, um in dieser Hinsicht noch Geheimnisse zu haben. Sie lehnt den Kopf gegen meinen, ihr Atem streicht über meine Haut. Ich nehme einen Hauch von ihrer Pfefferminzzahnpasta wahr, dann schmecke ich sogar ihre Lungen. Intime Atemübungen.
Wir fahren um eine Ecke, hinter der sich die Straße in einen Feldweg verwandelt. Es geht bergauf in Richtung eines absurd schönen bewaldeten Hügels – vielleicht ist es sogar ein Berg – und auf ein Gebäude mit Minaretten und einem langen, nach Westen vorspringenden Balkon zu, das an einen Tempel erinnert. Schließlich wird mir klar, dass wir geradewegs zu diesem Gebäude fahren. Meine Verabredung findet in Shangri-La statt. Leah keucht und schnauft, und Gonzo grinst mich an wie ein treuer Hund: »Habe ich das nicht fein gemacht?« Ich nicke, lache laut über diese erstaunliche Wendung und klopfe ihm fest auf den Rücken. Dann fahren wir den gewundenen Weg hinauf.
Wir parken auf einem Vorplatz, der tatsächlich mit Kies bestreut ist. Als Leah und ich mit Ausladen beginnen wollen, weist uns Gonzo streng darauf hin, dass wir uns schick machen müssen, und wenn die Helfer nach unserer Rückkehr immer noch dabei sind, den Raum einzurichten, dann sollten wir etwas spazieren gehen. Er sagt sogar »herumschlendern wie ein verliebtes Pärchen«, worauf Leah und ich eilig in die andere Richtung sehen, falls der andere dies nicht wünscht oder falls wir es beide wünschen, aber denken, es sei zu früh und zu schnell und unschön, das Werbungsritual einfach zu übergehen. Leah nickt mir zu und eilt atemlos davon, um »sich umzuziehen«. Die Spezialagentenkellner entführen meinen Kommandotisch, und Sally »Eagle« Culpepper baut auf einem Minarett ihr langläufiges Gewehr auf. Vor dem Stein ist sie fast unsichtbar. Gonzo zieht mich zur Seite und fördert zwischen all der Tarnkleidung einen Kleidersack hervor, aus dem ein dunkler Anzug auftaucht, der ungefähr meiner Größe entspricht. Und dazu noch ein Hemd, das keine Blut- oder Staubflecken hat. Er führt mich in einen leeren, trockenen kleinen Raum mit rissigem Spiegel. Eine Orchidee wächst von draußen durchs Fenster herein.
Als ich auf den langen Balkon zurückkehre, steht Leah schon im Overall ganz am Ende. Mit meinem
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