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Die gelöschte Welt

Die gelöschte Welt

Titel: Die gelöschte Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Harkaway
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trägt, als wir feierlich aus der Stadt zum Meer wandern. An einer hohen Stelle verstreuen wir Meister Wu im Wind, und er schwebt als Wolke davon, bis ihn eine Bö zu neuen Abenteuern weht. Elisabeth umarmt mich und wendet sich ab. Wir trauern getrennt.
    Gonzo und Aline, die nicht recht warm miteinander werden, wechseln sich bei mir ab, als ich nach Jarndice zurückgekehrt bin. Sie machen mich betrunken und sorgen dafür, dass ich es vergesse oder wenigstens aushalte. Zwei Wochen später komme ich zu mir und sehe, dass der Himmel grau und die Welt dunkel ist. Eine Dunkelheit, die mein Herz eher hebt als bedrückt. Es ist Abend, und ich habe keinen Kater. Ich kann wieder klar denken und fühle mich sogar voller Energie. Die Begegnung mit dem Tod hat mich auf irgendeiner tiefen Ebene aufgeweckt, und jetzt will ich das Leben mit beiden Händen packen. Aline und ich vögeln wie die Kaninchen, ich springe aus dem Bett, als sei der Schlaf ein Problem, das nur andere Leute haben, und verschlinge Bücher, Konzerte, Getränke und riesige Mengen Lebensmittel. Ich nehme ein paar Pfund zu. Mein Hemd trage ich ganz ohne Selbstironie halb geöffnet, und niemand scheint sich darüber lustig zu machen. Ich bin Tarzan, ich bin Long John Silver, ich bin alles, was ich sein will. Und siehe! Gonzo findet es beunruhigend.
    Ich rase von einer Vorlesung ins Cork, zu einer Party und dann zu einer Demonstration, die Gesichter verschwimmen vor meinen Augen, bis ich die Polizisten besser kenne als die Demonstranten, weil wir immer in vorderster Reihe stehen und die Schutzschilde der Polizei deshalb öfter sehen als die Gesichter unserer Freunde. Wir stecken uns Blumen ins Haar und verschränken mit den anderen, die aus dem gleichen Biotop kommen wie wir, die Arme. Bei einem Aufmarsch verletzt mich ein fliegender Stein, der wahrscheinlich irgendwo von hinten geworfen wurde, aber ich werde als Held gefeiert, und die Lokalzeitung berichtet auf der Titelseite über mich. Der Superintendent der Polizei schickt mir einen mitfühlenden Brief und verleiht seiner Hoffnung Ausdruck, ich möge keinen bleibenden Schaden davontragen. Zu Alines Empörung antworte ich freundlich, dass es mir gut geht und ich das Gleiche für ihn hoffe. Sie verzeiht mir erst, als ich sie darauf hinweise, dass er stillschweigend die Verantwortung für etwas übernommen hat, das er mit großer Sicherheit nicht zu verantworten hat. Das wird man ihm zugutehalten, wenn die Rechnungen beglichen werden. Ich rufe in Schweden an und frage, ob sie einen Sprecher ins Cork schicken könnten. Als sie einwilligen (ein ermüdender kleiner Mann aus der Botschaft kommt zu uns und erzählt uns etwas über Schürfrechte in der Nordsee, bis wir ihn betrunken machen und mit einer Straußenfeder am Gesäß seiner Anzughose wieder nach Hause schicken), mache ich weiter, rufe auch in Moskau, Sydney, Rom (und im Vatikan), in Polen und sogar in Addeh Katir an und hoffe auf weitere Coups.
    In Addeh Katir anzurufen, ist aufregend und schwierig, weil die Vorwahl nicht im Telefonbuch steht. Schließlich muss ich den Hausmeister im Cork fragen, der einmal mit einer Frau vom Roten Kreuz zusammen war, die einen Typen bei den Vereinten Nationen kennt, der die Nummer des Büros der katirischen Interimsregierung in New York weiß. Die Dame, die sich dort meldet, erklärt mir allerdings, sie habe seit November kein Gehalt mehr bekommen, und der Teufel solle sie holen, wenn sie meine Nachricht entgegennimmt. Ich sage ihr, sie könne viel zur Verbesserung der internationalen Beziehungen beitragen, aber sie hat schon aufgelegt. Auch ich lege auf und probiere etwas noch Gewagteres.
    Ich rufe einen Mann an, der einen Mann kennt, der einmal mit einem Mädchen zusammen war, dessen Adressbuch einen Hinweis auf eine Person unbekannten Geschlechts enthielt, die offenbar Kontakt zu einem gewissen Gelehrten hat. Dieser Gelehrte wiederum steht dem großen Koloss nahe, dem Zerstörer vernünftiger wirtschaftlicher Gepflogenheiten und dem Vernichter von Handelsabkommen, dem Konsumenten verschämter williger Jungfern und Matronen, dem meisterlichen Schwertkämpfer und dem gargantuesken, furchtlosen, unzerstörbaren Ausnahmegeschöpf der Natur, dem titanischen Fred Astaire von Addeh Katir höchstpersönlich: Zaher Bey.
    Diese Kette flüchtiger Bekanntschaften führt zu einer Handynummer mit einer schweizerischen Vorwahl. Ein griesgrämiger Mensch undefinierbaren Geschlechts meldet sich.
    »Konditorei Lauener, hallo?«
    »Hallo?

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