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Die Geometrie der Wolken

Die Geometrie der Wolken

Titel: Die Geometrie der Wolken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Foden
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Menschheit, als Gefährte der Zivilisation eindeutig.
    »Das hier ist Holzschliff«, sagte Pyke, der kaum Interesse an meinem Gespräch mit Brecher gezeigt hatte. »Den mischen wir unter das Eis, um die mechanische Festigkeit zu erhöhen. Je nach hinzugefügter Menge an Holzschliff oder Sägemehl lässt sich ein anderer Kompromiss zwischen Formbarkeit und Festigkeit schaffen.«
    »Das müsste reichen«, sagte Brecher. Er nahm die Rührstange aus der Wanne, strich sie an der Seite ab und ließ sie dann über beide Ränder balanciert liegen, so dass der Rest der Mixtur hineintropfen konnte. »Ich muss mich jetzt wieder auf den Weg nach Cambridge machen, Geoffrey. War schön, Sie wiederzusehen, Meadows.« Er grinste mich verschwörerisch an.
    »Kommen Sie und sehen Sie sich das hier mal an.« Pyke führte mich in einen anderen Teil des Raumes, wo einer der Soldaten einen Eisblock auf einer Drehscheibe rotieren ließ. »Eine vierprozentige Suspension des Materials, an der wir arbeiten. Recht widerstandsfähig. Führen Sie ihm mal den Hammertest vor, Nummer fünf.«
    Der Soldat stellte den fußballgroßen Eisblock auf den Boden und nahm einen Vorschlaghammer in die Hand. Er versetzte ihm einen mächtigen Schlag - doch beim Auftreffen prallte der Hammer ab wie von Stahl. Der Soldat legte den Hammer beiseite und rieb sich das Handgelenk.
    »Mit dem Zeug ist nicht zu spaßen«, grinste Pyke, wobei seine tabakgelben Zähne in der weißen Umgebung schimmerten wie Zitrin. »Ich muss Ihnen noch was zeigen.«
    Er führte mich zu einer großen Eisplatte - gut zwei Meter hoch und einen dick -, neben der bewaffnete Soldaten standen. »Zeigen Sie mal, Nummer drei.« Der Kommandosoldat mit der Pistole legte an und schoss auf die Platte. Statt komplett hindurchzugehen, drang die Kugel nur ein paar Zentimeter tief ein.
    Die mysteriösen Eigenschaften von Pykerete beeindruckten mich. »Wie haben Sie das geschafft?«
    »Normales Eis hat eine Druckfestigkeit von circa fünfunddreißig Kilogramm pro Quadratzentimeter - bei Pykerete dagegen ist der Wert gut sechsmal so hoch.«
    Das Experiment wurde mit einer Maschinenpistole wiederholt, die Pyke selbst abfeuerte, und noch einmal mit einem 7,7-mm-Gewehr. Die Schüsse waren in dem geschlossenen Raum ohrenbetäubend laut, aber beide Male blieben die Kugeln im Pykerete stecken.
    »Je nach Durchschlagskraft der Waffe dringt das Projektil nur acht bis sechzehn Zentimeter tief ein«, erklärte Pyke. Er befreite eine Kugel mit einem Taschenmesser. »Sehen Sie? Wenn Sie das Gleiche mit reinem Eis versuchen, dringt die Kugel sechsunddreißig Zentimeter tief ein. Und wie lauten die anderen Werte, Nummer fünf?«
    »Vierundsechzig Zentimeter in Weichholz, fünfzehn Zentimeter in Mauerwerk, fünf Zentimeter in Beton, Sir!«
    »Sehr gut, Fünf. Und jetzt zeige ich Ihnen, wie gut ich die Materie im Griff habe, haha.«
    Er nahm mich mit zu dem Industrieschraubstock, den ich vorher gesehen hatte. Er presste einen würfelförmigen Eisblock mit knapp dreißig Zentimeter Kantenlänge zusammen. Zwischen den Eisenbacken konnte ich ihn kaum sehen, aber er schien der Kraft gut standzuhalten: Der Druckmesser stand bei tausend Kilogramm.
    »So ein kleiner Block hält dem Gewicht eines Autos stand«, sagte Pyke. »Und das nur wegen der Mikroverstärkung durch die Holzpartikel. Man kann mit Gewehren und Torpedos darauf schießen und daran sägen, so viel man will - Pykerete hält stand. Wir haben es Churchill vorgeführt, und er hat sich fast die Hand verstaucht, als er es mit der Axt zerschlagen wollte. Dann hat er es Roosevelt gezeigt. Es war ziemlich lustig. Er ließ sich einen Krug kochendes Wasser und zwei Schüsseln bringen. In die eine legte er ein Stück Eis und in die andere Pykerete. Das reine Eis schmolz natürlich sofort, aber das Pykerete trieb einfach nur im Wasser wie ein Stück Kork.«
    »Und was haben Sie damit vor?«
    »Das wollte ich gerade erzählen. Die Eiskriegführung wird nicht in vollem Umfang ausgenutzt. Sie dürfen nicht vergessen, dass eine in Lappland verschossene Kugel fünfzig Mal so viel kostet wie eine, die in Mitteleuropa abgefeuert wird.«
    »Das müssen Sie mir erklären.«
    »Wegen der Transportkosten. Der Plan ist, dass wir aus Pykerete Flugzeugträger und andere Schiffe zu lachhaften Preisen bauen können. Eisbergschiffe, die in der tiefsten Arktis vom Stapel gelassen werden. Flugzeugbetankungsstationen. Oder eine Basis zur U-Boot-Bekämpfung mitten im Atlantik. Oder Eisbrecher,

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