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Die Geometrie der Wolken

Die Geometrie der Wolken

Titel: Die Geometrie der Wolken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Foden
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Vorbereitung dieser Reise anging. Damals war ich überwältigt vom Ehrgeiz der Unternehmung. Ein Schiff von sechshundert Metern Länge, dreißig Metern Breite und mit einem zehn Meter dicken Rumpf. Unsere Konstruktion in der Antarktis war viel kleiner, doch viele der anderen Eigenschaften waren gleich geblieben. Seitlich befestigte Motorgondeln; 1000-PS-Elektromotoren mit Schiffsschraube; Generatorturbinen im Rumpf, von Kastenträgern geschützt; ein ausgeklügeltes Kühlsystem mit Rohren, die durch das Eis verlaufen; Tanks für das Öl, das die Turbinen antrieb, die den Strom für die Motoren und die restliche Maschinerie herstellten ...
    Ich schrieb mir alle Fragen auf einen Merkzettel, den ich mir gefaltet in die Jackentasche steckte, und machte mich am nächsten Morgen auf den Weg zu Pykes Werkstatt.
    Es war ein Vergnügen, nach dieser Zurückgezogenheit hinaus in die grüne Frische der Amwell Street zu treten. Ich kaufte mir im örtlichen Laden einen halben Liter Milch und trank direkt aus der Flasche. Ich genoss die Kälte in meinem Hals.
    Dann dachte ich an Rymans Milchflasche und alles, was danach geschehen war, und mir wurde übel. Ich hatte wieder seine dürre Hand vor Augen, die die Milch in den Bach goss.
    Als ich von der Roseberry Avenue in den Exmouth Market ging, veränderte sich die Atmosphäre der Stadt. Das süße Licht der Amwell Street wurde rauchiger und beißender, als wäre die giftige Druckerschwärze aller Druckereien der Fleet Street und Bouverie Street mit dem Wind nach Norden gezogen, um hier die Luft zu verpesten.
    Ich setzte meinen Weg zu dem Kühlhaus in den Tiefen von Smithfield fort. An der Bowling Green Lane stieg ich eine Treppe hinab und ging dann wieder ein Stück bergauf an einem Pub namens Three Kings vorbei und hinab zum Clerkenwell Green. Als ich unter dem St John's Gate hindurchging - ein mittelalterliches Gebäude mit Steinfassade, das auf die Tempelritter oder Malteser oder Ähnliche zurückgeht -, hatte ich das Gefühl, mich gleichzeitig in völlig verschiedenen Zeiten zu befinden. Wie seltsam, dass hier einst die streitbaren Ritter des Christentums verweilten, das Flammenschwert immer griffbereit! Und hier war ich, 1944, auf meinem Weg zu einem Treffen für einen Plan, der den Verlauf des Krieges mit Eisschiffen verändern konnte.
    Nachdem ich wie zuvor die Halle der Schlachter durchquert hatte, klingelte ich bei Morgan's. Ich hatte die Hand kaum gesenkt, da erschien von drinnen auch schon ein ziemlich grimmig dreinblickender Soldat. Er trug eine normale Uniform der Army, kastanienbraune Stiefel und einen Offiziersgürtel. Er ließ mich nicht gleich herein, sondern blieb in der halboffenen Tür stehen und musterte mich misstrauisch.
    »Ja?«, fragte er. Er hatte einen sandfarbenen Schnurrbart und sehr kurz geschnittene Haare.
    Ich stellte mich vor und erklärte, dass Pyke mich für ein Projekt angeheuert habe, über das ich nicht reden dürfe.
    »Für welches?«, fragte er vorsichtig. »Kommen Sie lieber herein.«
    »Dieses hier«, antwortete ich, als ich drinnen war. Plötzlich fiel mir auf, dass das Kühlhaus gar nicht mehr so kühl war.
    »Verdammter Schwachkopf«, fluchte der Offizier. »Das hätte er nicht tun dürfen. Pyke wurde die Genehmigung für das Projekt entzogen. Es ist vorbei. Der macht uns sowieso viel zu viele Probleme. Der Standort wird geschlossen, und hier kommt keiner mehr rein, wenn ich es nicht will.«
    Ich konnte sehen, wie hinter ihm im Vorraum einer der Kommandosoldaten die Schutzanzüge in Kisten räumte.
    »Aber er hat gesagt, dass ich an seinem Projekt mitarbeiten soll«, beschwerte ich mich.
    »Und ich sagen Ihnen, dass daraus nichts wird.«
    »Wer hat das angeordnet?«
    »Lord Mountbatten. Nicht, dass Sie das etwas anginge, Meadows, aber ich bin Brigadegeneral Wildman-Lushington, und ich behalte Pykes Auswüchse für Lord Louis im Auge. Pyke hat auch so noch genug Projekte laufen. Habbakuk wurde abgebrochen, und er hat den Auftrag, sich auf ein anderes zu konzentrieren.«
    Er sah mich misstrauisch an. »Bei welcher Teilstreitkraft sind Sie eigentlich?«
    »Ich arbeite für das Met Office«, erklärte ich. »Ich bin Wetterbeobachter mit besonderen Kenntnissen der Turbulenz. Deshalb sollte ich für Pyke arbeiten.«
    Ich erkannte an seinem Blick, dass ein richtiger Mann zu Kriegszeiten seiner Meinung nach deutlich mehr zu leisten hätte.
    »Tatsächlich?«, sagte er schließlich. »Na, dann gehen Sie lieber mal wieder Wetter beobachten, was?

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